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Angelus mit dem Papst: Die Katechese im Wortlaut

Hier finden Sie die Ansprache, die Franziskus an diesem Sonntag beim Angelusgebet gehalten hat, in vollem Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Die amtliche deutsche Fassung dieser Ansprache finden Sie in Kürze auf der offiziellen Internetseite des Vatikan.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Im Evangelium der heutigen Liturgie richtet ein Mann folgende Bitte an Jesus: „Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen!“ (Lk 12,13). Es ist eine Situation, die leider oft vorkommt; ähnliche Probleme sind immer wieder an der Tagesordnung: wie viele Geschwister, wie viele Familienmitglieder streiten sich, ja sprechen vielleicht nicht mehr miteinander – und das alles nur wegen eines Erbes!

In seiner Antwort hält sich Jesus nicht mit Einzelheiten auf. Er geht direkt zur Wurzel der Spaltungen, die durch den Besitz von Dingen verursacht werden, und sagt: „Hütet euch vor jeder Art von Habgier!“ (V. 15). Was ist Habgier? Die ungezügelte Gier nach Besitz, das ständige Streben nach Reichtum. Es ist eine Krankheit, die den Menschen zerstört, weil der Hunger nach Besitz süchtig macht. Denn die, die viel haben, sind nie zufrieden: Sie wollen immer mehr, und alles nur für sich selbst. Aber dann ist man nicht mehr frei: man ist an Dinge gebunden; Sklave dessen, was einem paradoxerweise dazu dienen sollte, frei und unbeschwert zu leben. Statt das Geld in unseren Dienst zu stellen, werden wir Diener des Geldes. Aber die Habgier ist auch eine gefährliche Krankheit für die Gesellschaft. Die Habgier hat uns heute noch andere Paradoxe beschert: eine Ungerechtigkeit, wie es sie in der Geschichte noch nie gegeben hat, wo einige wenige viel und viele wenig haben. Denken wir auch an die Kriege und Konflikte: Es geht fast immer um die Gier nach Ressourcen und Reichtum. Wie viele Interessen stecken hinter einem Krieg! Eine davon ist sicherlich der Waffenhandel. Dieser Handel ist ein Skandal, und wir können und dürfen das nicht hinnehmen! 

Jesus lehrt uns heute, dass hinter all dem nicht nur einige wenige Mächtige oder bestimmte Wirtschaftssysteme stehen, sondern die Habgier, die im Herzen eines jeden Menschen wohnt. Fragen wir uns also: Wie steht es um meine Loslösung vom Besitz, vom Reichtum? Beschwere ich mich über das, was mir fehlt, oder bin ich zufrieden mit dem, was ich habe? Bin ich versucht, im Namen des Geldes und der Möglichkeiten Beziehungen und Zeit für andere zu opfern? Bin ich versucht, Rechtmäßigkeit und Ehrlichkeit auf dem Altar der Habgier zu opfern? Ich sage „Altar“, weil materielle Güter, Geld und Reichtum zu einem Kult, einem wahren Götzendienst werden können. Deshalb warnt uns Jesus mit deutlichen Worten. Er sagt, dass man nicht zwei Herren dienen kann. Und – aufgepasst –: er sagt nicht „Gott und dem Teufel“ , nein, oder „Gut und Böse“ - nein - er sagt: „Gott und dem Mammon“ (vgl. Lk 16,13). Man erwartet vielleicht „Gott und dem Teufel“, aber nein: „Gott und dem Mammon“, dem Reichtum. Der Reichtum soll uns dienen, aber wir dürfen nicht dem Reichtum dienen: das ist Götzendienst, eine Beleidigung Gottes.

Wir könnten uns also fragen: Soll man nicht danach streben, reich zu werden? Natürlich soll man das; es ist sogar richtig, reich sein zu wollen – aber reich nach den Maßstäben Gottes! Gott ist der Reichste von allen: Er ist reich an Mitgefühl, an Barmherzigkeit. Sein Reichtum lässt niemanden verarmen, führt nicht zu Streit und Spaltung. Es ist ein Reichtum, der geben, der teilen will. Brüder und Schwestern, die Anhäufung von materiellen Gütern reicht nicht aus, um gut zu leben, denn – wie Jesus sagt – das Leben hängt nicht von dem ab, was man besitzt (vgl. Lk 12,15). Vielmehr kommt es auf gute Beziehungen an: zu Gott, zu den anderen und auch zu denen, die weniger haben. Fragen wir uns also: wie will ich reich werden? Dem Maßstab Gottes oder meiner Habgier folgend? Und um auf das Thema Erbe zurückzukommen: Welches Erbe möchte ich hinterlassen? Geld auf der Bank, materielle Dinge – oder glückliche Menschen um mich herum, gute Werke, die nicht vergessen werden, Menschen, denen ich geholfen habe, zu wachsen und zu reifen?

Die Gottesmutter helfe uns verstehen, was die wahren Güter des Lebens sind: nämlich die, die für immer bleiben.

(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)

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31. Juli 2022, 12:16

Das Angelus ist ein Gebet, dass in Erinnerung an das ewige Geheimnis der Menschwerdung drei Mal am Tag gebetet wird: 6 Uhr morgens, am Mittag und am Abend gegen 18 Uhr, jeweils wenn die Glocken zum Angelusgebet rufen.
Der Name ‚Angelus‘ stammt aus dem ersten Vers der lateinischen Version des Gebets - Angelus Domini nuntiavit Mariae. Es besteht aus der Lesung von drei schlichten Texten, bei denen es um die Menschwerdung Jesu Christi geht, gefolgt jeweils von einem Ave Maria.
Dieses Gebet wird vom Papst auf dem Petersplatz sonntags mittags und an Hochfesten gebetet. Direkt vor dem Gebet legt der Papst kurz die Lesungen des Tages aus. Nach dem Gebet folgen Grüße an die Pilger.
Von Ostern bis Pfingsten wird an Stelle des Angelusgebets das Regina Coeli gebetet, das an die Auferstehung Jesu Christi erinnert. Zum Abschluss dieses Gebets wird das „Ehre sei dem Vater“ drei Mal gesprochen.

Gebet des Angelus / Regina Coeli mit Papst

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