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Der Papst bei der Audienz für französische Geschäftsleute Der Papst bei der Audienz für französische Geschäftsleute 

Papst: „Ich bewundere Unternehmer, die nicht nur an Gewinne denken“

Franziskus findet es „sehr schön und mutig“, dass in der heutigen Welt einige Unternehmer nicht nur private Interessen oder Gewinnmaximierung im Sinn haben. Das sagte der Papst an diesem Freitag zu einer Gruppe französischer Geschäftsleute, die er im Vatikan in Audienz empfing.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Die heutige Zeit sei gerade in der Finanz- und Wirtschaftswelt „oft von Individualismus, Gleichgültigkeit und sogar Ausgrenzung der Schwächsten geprägt“, erinnerte der Papst in seiner Rede an die Unternehmer aus Frankreich. „Ich bezweifle nicht, dass dies eine Herausforderung für Sie darstellt“, fügte er an. Deshalb bewundere er jene Unternehmen, die nicht nur an Zinsen und Gewinnmaximierung dächten.

Zum Nachhören - was der Papst bei der Audienz im Vatikan sagte

„Das Streben nach dem Gemeinwohl ist für euch ein Anliegen, ein Ideal im Rahmen eurer beruflichen Verantwortung“, erklärte der Papst weiter. Das Gemeinwohl sei daher „sicherlich ein bestimmendes Element bei eurer Unterscheidung und euren Entscheidungen als Führungspersönlichkeiten“, aber es müsse mit den Verpflichtungen in Einklang gebracht werden, fügte Franziskus an.

Diese Verpflichtungen müssten durch das derzeitige Wirtschafts- und Finanzsystem in besonderer Weise auferlegt und befolgt werden. Dabei gehe es darum, die biblischen Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit und der Nächstenliebe zu beachten, die „oft verhöhnt“ würden, prangerte der Papst an.

„Und ich stelle mir vor, dass Ihre Aufgabe Sie manchmal belastet, dass Ihr Gewissen in Konflikt gerät, wenn das Ideal der Gerechtigkeit und des Gemeinwohls, das Sie zu erreichen gedenken, nicht verwirklicht wurde, und dass sich Ihnen die harte Realität als Mangel, als Rückschlag, als Gewissensbisse, als Schock darstellt“, wandte er ein.

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

Mit diesen Worten wandte sich Papst Franziskus an die Delegation katholischer Unternehmer aus Frankreich, die gemeinsam mit dem Bischof von Fréjus-Tolone, Dominique Rey, zum Thema Gemeinwohl nach Rom gepilgert sind. Die Privataudienz an diesem Freitag fand im vatikanischen Clementina-Saal statt.

Was uns das Evangelium lehrt

Der Papst wollte mit den Anwesenden „einige Lehren aus dem Evangelium teilen, die den Unternehmer helfen können“, ihre Rolle als Führungskräfte „nach dem Herzen Gottes zu erfüllen“. Das Streben nach dem Gemeinwohl, betonte er, sei für ein Unternehmer „ein Anliegen, ein Ideal, im Rahmen“ seiner beruflichen Verantwortung. Das Gemeinwohl sei daher „sicherlich ein entscheidendes Element“ bei ihren Überlegungen und Entscheidungen als Führungspersönlichkeiten. Doch der Papst präzisierte dann seine Gedanken etwas genauer:

„Es ist wichtig, dass ein Unternehmer die Hürden des Geschäftsalltags überwinden und gleichzeitig im Glauben leben kann, damit man durchält und nicht entmutigt wird“, so Franziskus. Für den Papst ähnelt „die Aufgabe des christlichen Wirtschaftsführers in vielerlei Hinsicht der des Bischofs, dessen Vorbild Jesus ist und der es versteht, vor der Herde herzugehen, um den Weg zu zeigen“.

Ein guter Bischof sei jener, der es verstehe, „in der Mitte zu sein, um zu sehen, was dort geschieht, und der es versteht, auch hinter der Herde zu sein, um dafür zu sorgen, dass niemand den Kontakt verliert“. „Ich habe Priester und Bischöfe oft aufgefordert“, erläuterte er weiter, „den ,Geruch der Schafe' anzunehmen, in die Wirklichkeit der ihnen Anvertrauten einzutauchen, sie kennen zu lernen, sich ihnen anzunähern“. „Ich glaube, dass dieser Rat auch für Sie gilt“, und fügte hinzu: „Deshalb ermutige ich Sie, denen, die mit Ihnen auf allen Ebenen zusammenarbeiten, nahe zu sein: sich für ihr Leben zu interessieren, ihre Schwierigkeiten, Leiden, Ängste, aber auch ihre Freuden, Projekte und Hoffnungen wahrzunehmen.“

Ausübung der Autorität

Außerdem, so Franziskus, setze die Ausübung der Autorität als Dienst eines voraus: „dass sie geteilt wird“, und Unternehmer seien eingeladen, „die Subsidiarität zu verwirklichen, die ,die Autonomie und die Initiativfähigkeit aller, insbesondere der Geringsten' wertschätzt“.

So sei „der christliche Manager aufgerufen, den Platz, den er allen Menschen in seinem Unternehmen zuweist, sorgfältig zu bedenken, auch jener, deren Aufgaben vielleicht weniger wichtig erscheinen, denn in Gottes Augen ist jeder wichtig“. Auch wenn die Ausübung der Autorität von jedem verlange, mutige Entscheidungen zu treffen, „manchmal als Chef in erster Person“, schloss der Papst, erlaube die Subsidiarität jedem, „das Beste von sich zu geben, sich beteiligt zu fühlen, seinen Teil der Verantwortung zu übernehmen und so zum Wohl der Welt beizutragen“.

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

Unter Subsidiarität versteht man das gesellschaftspolitische Prinzip, das aus der katholischen Soziallehre stammt und besagt, dass dort „und nur dort“, wo die Möglichkeiten Einzelner oder kleiner Gruppen wie einer Familie oder Gemeinde nicht ausreichen, um sich selbst zu helfen, übergeordnete, also etwa staatliche Institutionen subsidiär eingreifen sollten. Dieses Prinzip respektiere die Autonomie und die Fähigkeit zur Eigeninitiative besonders der schwächeren Glieder einer Gesellschaft, bekräftigte Papst Franziskus bei der Generalaudienz vom 23. September 2020, als er das Stichwort „Subsidiarität“ genauer erläutert hatte. Schwierig werde es für das Subsidiaritätsprinzip dort, wo wirtschaftliche oder geopolitische Interessen ins Spiel kämen, fügte er damals an.

„Ich weiß, wie anspruchsvoll das Evangelium sein kann und wie schwierig es ist, es in einer wettbewerbsorientierten Berufswelt umzusetzen“, so Papst Franziskus an diesem Freitagmittag abschließend in seiner Rede an die französischen Unternehmer.

(vatican news)

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07. Januar 2022, 14:00