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Papst Franziskus: Die Sehnsucht nach Gott neu entzünden

Es ist so etwas wie ein zweites Weihnachtsfest: „Erscheinung des Herrn“, im Volksmund gern auch Hochfest der Heiligen Drei Könige genannt. Papst Franziskus hat dazu an diesem Donnerstag eine große Messe im Petersdom zelebriert.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Der 6. Januar erinnert Katholiken gleich an drei große Momente im Leben Jesu: die Anbetung der Weisen, die Taufe Jesu und die Hochzeit zu Kana. Außerdem werden an diesem Tag die Daten der „beweglichen“ Festtage im Lauf des liturgischen Jahres angekündigt – ein feierlicher Gesang, der auf das vierte Jahrhundert zurückgeht.

Zum Nachhören - die Papst-Messe am Fest Erscheinung des Herrn

Doch es ist die Erzählung von der Anbetung Jesu durch Weise aus dem Morgenland, die dieses Hochfest spirituell am stärksten auflädt. „Adeste, fideles“, „Kommt lasset uns anbeten“, sangen die Teilnehmer der Messfeier beim Einzug des Papstes. 21 Kardinäle, dazu viele Bischöfe und Priester konzelebrierten unter der imposanten Kuppel des Michelangelo.

Papst zitiert van Gogh

In seiner Predigt, die er konzentriert und eindringlich vortrug, rief Franziskus die Zuhörenden dazu auf, sich von der Unruhe der Sterndeuter aus dem Osten, von denen das Matthäusevangelium berichtet, anstecken zu lassen. Männer der Sehnsucht seien die Sterndeuter gewesen.

„Betrachten wir dies. Sich sehnen bedeutet, das Feuer lebendig zu halten, das in uns brennt und uns dazu drängt, über das Unmittelbare, das Sichtbare hinauszugehen. Es bedeutet, das Leben als ein Geheimnis, das uns übersteigt, anzunehmen, wie einen immer offenen Spalt, der uns einlädt, weiter zu blicken... Es ist wie eine weiße Leinwand, die der Farbe bedarf. Ausgerechnet ein großer Maler, Van Gogh, schrieb, dass das Bedürfnis nach Gott ihn dazu antrieb, nachts hinauszugehen, um die Sterne zu malen (vgl. Brief an Theo, 9. Mai 1889).“

„Wir sind das, wonach wir uns sehnen“

Franziskus wagte sich in diesem Zusammenhang sogar an eine Definition des Menschen: „Wir sind das, wonach wir uns sehnen“. Ohne Sehnsucht fehle es der Reise unseres Lebens an innerem Schwung.

„Es tut uns gut, uns zu fragen: Wo stehen wir auf der Reise des Glaubens? Sind wir nicht schon viel zu lange stehen geblieben und haben uns in einer konventionellen, äußeren, formalen Religion zur Ruhe gesetzt, die das Herz nicht mehr erwärmt und das Leben nicht verändert? Lösen unsere Worte und Bräuche in den Herzen der Menschen den Wunsch aus, sich auf Gott zuzubewegen, oder sind sie eine ‚tote Sprache‘, die nur von und zu sich selbst spricht?“

Wenn das Verlangen verdunstet

Die Krise des Glaubens bei den Menschen wie in den Gesellschaften habe etwas mit dem „Schwund der Sehnsucht nach Gott“ zu tun, mit „Müdigkeit des Geistes“.

„Wir haben uns zu sehr über die Karten der Erde gebeugt und vergessen, unseren Blick zum Himmel zu erheben; wir sind von vielen Dingen gesättigt, aber wir entbehren der Sehnsucht nach dem, was uns fehlt. Wir sind auf unsere Bedürfnisse fixiert, auf das, was wir essen und was wir anziehen sollen (vgl. Mt 6,25), und lassen das Verlangen nach dem, was darüber hinausgeht, verdunsten.“

„Der Glaube ist keine Rüstung, die uns eingipst“

Nach dieser bedrückenden Diagnose – er sprach auch von einer „Bulimie“ vieler geistlicher Gemeinschaften – schlug Franziskus einen anderen Ton an und warb für einen Neuaufbruch im Glauben. Wer die Sehnsucht in sich wachhalte, der könne sich neu „auf das Abenteuer einer lebendigen und starken Beziehung zu Gott einlassen“. Der Glaube sei „keine Rüstung, die uns eingipst, sondern eine faszinierende Reise“. Bei dieser ständigen Bewegung auf Gott zu dürfe man unangenehmen Fragen nicht ausweichen und keine Angst vor „neuen Wegen“ und der Kreativität des Heiligen Geistes haben.

Warten auf den neuen Aufschwung zum Himmel

„Das ist auch eine der Aufgaben der Synode, die wir begonnen haben: im Hören gemeinsam zu gehen, damit der Geist uns neue Wege eingibt, Wege, um das Evangelium in die Herzen derer zu bringen, die gleichgültig sind, die fernstehend sind, die die Hoffnung verloren haben, aber nach dem suchen, was die Sterndeuter gefunden haben, ‚eine sehr große Freude‘ (Mt 2,10).“

Die Welt erwarte von den Gläubigen „einen neuen Aufschwung zum Himmel“. „Erheben wir unser Haupt wie die Sterndeuter, hören wir auf die Sehnsucht des Herzens, folgen wir dem Stern, den Gott über uns leuchten lässt. Bleiben wir als unruhig Suchende offen für die Überraschungen Gottes. Träumen wir, suchen wir, beten wir an!“

(vatican news – sk)
 

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06. Januar 2022, 11:07