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Generalaudienz mit Papst Franziskus Generalaudienz mit Papst Franziskus

Papst Franziskus: „Weise Askese“ statt starre Religiosität

Vor religiöser Regelversessenheit hat der Papst an diesem Mittwoch bei seiner Generalaudienz gewarnt. Heiligkeit in starren Vorschriften und nicht im lebendigen Glauben zu suchen, sei töricht, machte Franziskus deutlich.

Anne Preckel – Vatikanstadt

„Wie leben wir unseren Glauben?“, fragte der Papst in seiner Katechese. „Bleibt die Liebe des gekreuzigten und auferstandenen Christus als Quelle des Heils im Mittelpunkt unseres täglichen Lebens, oder begnügen wir uns mit ein paar religiösen Förmlichkeiten zur Beruhigung unseres Gewissens?“

Zum Nachdenken darüber lade der Apostel Paulus ein, knüpfte Franziskus in der vatikanischen Audienzhalle an seine Generalaudienz der Vorwoche an. Dabei hatte er über den Galaterbrief des Apostels gesprochen. An diesem Mittwoch nahm er den zweiten Abschnitt des Schreibens unter die Lupe.

Die Gefahr, die empfangene Gnade zu verlieren

Paulus stellte den Galatern direkte Fragen, um „ihr Gewissen aufzurütteln“, wie der Papst unterstrich. Sie waren versucht, den Weisungen „neuer Prediger“ in Galatien zu folgen und zu vorchristlichen Geboten zurückkehren und liefen Gefahr, vom empfangenen Glauben an Christus abzulassen.

Paulus reagiert darauf mit Entrüstung und Enttäuschung. Papst Franziskus ging in seiner Katechese auf den dringlichen und erbitterten Ton des Apostels in seinem Schreiben ein. Seine Formulierungen seien „keinesfalls höflich“ gewesen, Paulus sei geradezu „wütend“ gewesen und habe die Galater als töricht und närrisch kritisiert:

„Er tut dies nicht, weil sie nicht intelligent sind, sondern weil sie, fast ohne es zu merken, Gefahr laufen, den Glauben an Christus zu verlieren, den sie so begeistert angenommen haben. Sie sind unvernünftig, weil sie nicht erkennen, dass die Gefahr darin besteht, den kostbaren Schatz, die Schönheit der Neuheit Christi, zu verlieren.“

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Das lebendige Wirken des Geistes

Paulus haben den Galatern verdeutlichen wollen, „was auf dem Spiel stand“, so der Papst. Wollten sie tatsächlich die erfahrene Gnade des lebendigen Glaubens an den auferstandenen Christus leugnen? Das Wirken des Heiligen Geistes in den Gemeinschaften, den Charismen, der konkreten Nächstenliebe? Und sich stattdessen von einer „Religiosität“ vereinnahmen lassen, „die allein auf der peinlich genauen Einhaltung der Gebote beruht“? 

So in die Enge getrieben, mussten die Galater zugeben, dass das, was sie erlebt hatten, „die Frucht der Neuheit des Geistes“ war: „Am Anfang ihrer Hinwendung zum Glauben stand (…) die Initiative Gottes, nicht die der Menschen. Der Heilige Geist war der Protagonist ihrer Erfahrung; ihn jetzt in den Hintergrund zu stellen, um ihren eigenen Werken den Vorrang zu geben, also der Erfüllung der Gebote des Gesetzes, wäre töricht gewesen.“


Weise Askese statt religiöser Starrsinn

Dieses Töricht-Sein begegne uns auch heute, so der Papst weiter. Und er warnte davor, unsere Gewissen mit religiösen Formeln zu beruhigen oder uns im geistlichen Leben von „fundamentalistischen Vorschlägen“ oder „künstlicher Askese“ zurückwerfen zu lassen. Entbehrungen seien zwar notwendig, so der Papst, aber eine „weise Askese“, präzisierte er.
„Auch heute noch gibt es Leute, die uns mit den Worten ,Nein, die Heiligkeit liegt in diesen Vorschriften, in diesen Dingen, ihr müsst dies und das tun‘ in den Ohren liegen und die eine starre Religiosität vorschlagen, eine Starrheit, die uns die Freiheit im Geiste, die uns die Erlösung durch Christus schenkt, nimmt. Seid vorsichtig angesichts der Starrheit, die sie euch vorschlagen. Denn hinter jeder Starrheit steckt etwas Schlechtes, da ist kein Geist Gottes.“

Trotz aller Verfehlungen und Sünden unsererseits lasse uns Gott nicht im Stich, sondern bleibe in seiner barmherzigen Liebe bei uns, erinnerte Franziskus.

(vatican news)
 

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01. September 2021, 11:57