Angelus: Die Katechese des Papstes im Wortlaut

Lesen Sie hier die Katechese des Papstes in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan. Die offizielle Übersetzung finden Sie wie immer in Kürze auf www.vatican.va.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag - frohes Fest!

Im heutigen Evangelium zum Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel erklingt das Magnifikat. Dieser Lobgesang ist wie eine „Fotografie“ der Mutter Gottes. Maria „jubelt über Gott, der auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut hat“ (vgl. Lk 1,47-48).

Das Geheimnis Marias ist die Demut. Diese Demut war es, die den Blick Gottes auf sie gelenkt hat. Das menschliche Auge sucht nach Größe und ist geblendet von dem, was auffällig ist. Gott aber sieht nicht den äußeren Schein, er sieht das Herz (vgl. 1Sam 16,7) und freut sich über die Demut; Gott freut sich über die Demut des Herzens. Wenn wir heute auf die Maria schauen, die in den Himmel aufgenommen wurde, können wir sagen, dass die Demut der Weg ist, der in den Himmel führt. Das Wort „Demut“ kommt vom lateinischen Wort humus, was soviel bedeutet wie „Erde“.

Es ist paradox: Um nach oben – in den Himmel – zu kommen, muss man sich kleinmachen, auf dem Boden bleiben. Und das ist es auch, was Jesus lehrt, wenn er sagt: „Denn wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ (Lk 14,11). Gott erhebt uns nicht wegen unserer Begabungen, unseres Reichtums und unserer Tüchtigkeit, sondern wegen unserer Demut. Gott ist verliebt in die Demut! Gott erhöht jene, die sich erniedrigen, die dienen. Und so gibt Maria sich selbst ja auch keinen anderen „Titel“ als den der Dienerin: Sie ist „die Magd des Herrn“ (Lk 1,38). Sie sagt nichts anderes von sich, sie sucht nichts anderes für sich - sie ist einfach Magd des Herrn.

„Wie ist es um meine Demut bestellt?“

Fragen wir uns heute also: Wie ist es um meine Demut bestellt? Strebe ich danach, von anderen anerkannt zu werden, mich zu behaupten und gelobt zu werden, oder will ich dienen? Kann ich zuhören, wie Maria, oder will ich immer nur reden und Aufmerksamkeit bekommen? Kann ich schweigen, wie Maria, oder plappere ich ständig vor mich hin? Weiß ich, wie man sich zurückhält, Streit und Diskussionen entschärft, oder will ich immer nur besser sein als alle anderen? Denken wir über diese Fragen nach - jeder von uns.

In ihrer Kleinheit ist Maria die erste, die den Himmel erlangt. Das Geheimnis ihres Erfolgs liegt gerade darin, dass sie ihre Kleinheit, ihre Bedürftigkeit erkennt. Nur wer weiß, dass er nichts ist, kann bei Gott alles empfangen. Nur wer sich selbst entleert, wird von Gott erfüllt. Und Maria ist gerade wegen ihrer Demut „voll der Gnade“ (V. 28). Auch für uns ist die Demut der Ausgangspunkt, der Beginn unseres Glaubens. Es ist wichtig, arm im Geist zu sein, das heißt, Gott zu brauchen. Wie oft sind wir eingenommen von uns selbst! Wer von sich selbst eingenommen ist, lässt keinen Raum für Gott; wer aber demütig bleibt, erlaubt dem Herrn, Großes an ihm zu tun (vgl. V. 49) 

Ein Dante-Zitat

Der italienische Dichterfürst Dante nennt die Jungfrau Maria „durch ihre vorzügliche Demut vorzüglich erhabene Seele“ Göttliche Komödie, Paradies XXXIII, 2). Es ist schön, sich vorzustellen, dass das bescheidenste und erhabenste Geschöpf der Geschichte, das erste, das mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde, die meiste Zeit seines Lebens in den eigenen vier Wänden, im Alltäglichen, in der Einfachheit zugebracht hat. Die Tage jener, die voll der Gnade war, hatten nichts Aufsehenerregendes. Ein Tag war oft wie der andere; sie verliefen in Stille: von außen betrachtet, war da nichts Außergewöhnliches. Gottes Blick aber ruhte immer auf Maria und bewunderte ihre Demut, ihre Bereitschaft, die Schönheit ihres Herzens, das nie von der Sünde befleckt wurde.

„Kein fabriziertes Happy-End“

Es ist eine große Botschaft der Hoffnung für uns, die wir genau solche Tage erleben. Tage, die anstrengend und oft schwierig sind. Maria erinnert uns heute daran, dass Gott auch uns zu dieser Herrlichkeit beruft. Und das sind nicht nur schöne Worte. Es ist kein fabriziertes Happy End, keine fromme Illusion und auch kein falscher Trost. Nein, es ist die reine Wahrheit, lebendig und wahr wie die Gottesmutter, die in den Himmel aufgenommen wurde. Lasst sie uns heute mit der Liebe von Kindern feiern, voller Freude, aber beseelt von der Hoffnung, dereinst mit ihr im Himmel zu sein!

Bitten wir sie nun, dass sie uns auf der Reise von der Erde zum Himmel begleiten möge. Sie möge uns daran erinnern, dass das Geheimnis dieser Reise in dem Wort „Demut“ liegt. Vergessen wir dieses Wort Demut nicht, an dass uns die Gottesmutter erinnert. Und dass Kleinheit und Dienst die Geheimnisse sind, die uns dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen.
 

(vaticannews - skr)

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15. August 2021, 12:09

Das Angelus ist ein Gebet, dass in Erinnerung an das ewige Geheimnis der Menschwerdung drei Mal am Tag gebetet wird: 6 Uhr morgens, am Mittag und am Abend gegen 18 Uhr, jeweils wenn die Glocken zum Angelusgebet rufen.
Der Name ‚Angelus‘ stammt aus dem ersten Vers der lateinischen Version des Gebets - Angelus Domini nuntiavit Mariae. Es besteht aus der Lesung von drei schlichten Texten, bei denen es um die Menschwerdung Jesu Christi geht, gefolgt jeweils von einem Ave Maria.
Dieses Gebet wird vom Papst auf dem Petersplatz sonntags mittags und an Hochfesten gebetet. Direkt vor dem Gebet legt der Papst kurz die Lesungen des Tages aus. Nach dem Gebet folgen Grüße an die Pilger.
Von Ostern bis Pfingsten wird an Stelle des Angelusgebets das Regina Coeli gebetet, das an die Auferstehung Jesu Christi erinnert. Zum Abschluss dieses Gebets wird das „Ehre sei dem Vater“ drei Mal gesprochen.

Gebet des Angelus / Regina Coeli mit Papst

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