Im Wortlaut: Ansprache von Papst Franziskus beim Angelus

Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus diesen Sonntag beim Angelus auf dem Petersplatz gehalten hat, in unserer deutschen Übersetzung.

Auslassungen sind durch (...) gekennzeichnet. Sämtliche Wortmeldungen des Papstes im offiziellen deutschen Text finden Sie hier.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Das Evangelium dieses Sonntags (Mk 6,1-6) erzählt uns von der Ungläubigkeit der Landsleute Jesu. Nachdem er in anderen Dörfern in Galiläa gepredigt hatte, kam Jesus wieder in Nazareth vorbei, wo er mit Maria und Josef aufgewachsen war, und am Sabbat beginnt er in der Synagoge zu lehren. Viele, die ihn hörten, fragten sich: „Woher hat er all diese Weisheit? Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns und der Maria, also unserer Nachbarn, die wir gut kennen?“ (vgl. Vv. 1-3). Angesichts dieser Reaktion bestätigt Jesus eine Wahrheit, die auch Teil der Volksweisheit geworden ist: „Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie." (V. 4).

Bleiben wir einen Moment bei der Haltung der Landsleute Jesu. Wir könnten sagen, dass sie Jesus kennen, aber ihn nicht erkennen. Tatsächlich gibt es einen Unterschied zwischen Kennen und Erkennen: Wir können verschiedene Dinge von einer Person kennen, uns eine Vorstellung machen, uns auf das verlassen, was andere über sie sagen, sie vielleicht sogar von Zeit zu Zeit in der Nachbarschaft treffen, aber all das reicht nicht aus. Es ist ein oberflächliches Kennen, das die Einzigartigkeit dieser Person nicht erkennt. Das ist ein Risiko, das wir alle eingehen: Wir glauben, eine Menge von einer Person zu wissen, und das Schlimmste ist, wir etikettieren sie und schließen sie in unseren Vorurteilen ein. Auf die gleiche Weise kennen Jesu Landsleute ihn seit dreißig Jahren und denken, alles zu wissen; in Wirklichkeit haben sie nie bemerkt, wer er wirklich ist. Sie bleiben beim Äußeren stehen und lehnen die Neuheit Jesu ab. Und hier kommen wir zum kern des Problems:

Wenn wir die Bequemlichkeit der Gewohnheit und die Diktatur der Vorurteile sich durchsetzen lassen, ist es schwierig, sich für die Neuheit zu öffnen und sich überraschen zu lassen. Es endet damit, dass wir oft im Leben, in unseren Erfahrungen und sogar in den Menschen nur noch die Bestätigung für unsere Ideen und Konzepte suchen, um uns nie die Mühe machen zu müssen, uns zu ändern. Das kann uns auch mit Gott so gehen, gerade uns Gläubigen, die wir meinen, Jesus zu kennen, so viel über ihn zu wissen, so dass es uns reicht, das immer Gleiche zu wiederholen. es reciht aber nicht. Aber ohne Offenheit für die Neuheit und die Überraschungen Gottes, ohne Staunen, wird der Glaube zu einer müden Litanei, die langsam verstirbt und zur Gewohnheit wird.

Wie kommt es, dass die Landsleute Jesu Ihn letztendlich nicht erkennen und nicht an Ihn glauben? Was ist der Grund dafür? Wir können mit wenigen Worten sagen, dass sie den Skandal der Inkarnation [Menschwerdung] nicht akzeptieren. Es ist skandalös, dass die Unermesslichkeit Gottes sich in der Kleinheit unseres Fleisches offenbart, dass der Sohn Gottes der Sohn des Zimmermanns ist, dass sich die Göttlichkeit in der Menschlichkeit verbirgt, dass Gott dem Gesicht, den Worten, den Gesten eines einfachen Menschen innewohnt. Das ist der Skandal: die Inkarnation Gottes, seine Konkretheit, seine "Alltäglichkeit".

 

(...)

In Wirklichkeit ist ein abstrakter und ferner Gott viel bequemer, der sich nicht in die Situationen einmischt und der einen Glauben akzeptiert, der vom Leben, von den Problemen und von der Gesellschaft weit entfernt ist. Oder es gefällt uns, an einen Gott „der Spezialeffekte“ zu glauben, der nur außergewöhnliche Dinge tut und immer große Emotionen schenkt. Stattdessen hat Gott Fleisch angenommen: demütig, zärtlich, verborgen, er kommt uns nahe, indem er der Normalität unseres täglichen Lebens innewohnt. Und deshalb riskieren wir, wie die Landsleute Jesu, dass wir ihn nicht erkennen, wenn er vorbeikommt, mehr noch, dass wir Anstoß an ihm nehmen.

(...)

Bitten wir nun im Gebet die Gottesmutter, die das Geheimnis Gottes in der Alltäglichkeit von Nazareth aufgenommen hat, um Augen und Herzen, die frei sind von Vorurteilen und offen für das Staunen, für die Überraschungen Gottes, dass wir Gott begegnen und Staunen wenn wir ihm im Alltag begegnen, dass wir offene Augen für die Überraschungen Gottes haben und für Seine demütige und verborgene Gegenwart im Leben eines jeden Tages.

(vatican news)

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04. Juli 2021, 12:25

Das Angelus ist ein Gebet, dass in Erinnerung an das ewige Geheimnis der Menschwerdung drei Mal am Tag gebetet wird: 6 Uhr morgens, am Mittag und am Abend gegen 18 Uhr, jeweils wenn die Glocken zum Angelusgebet rufen.
Der Name ‚Angelus‘ stammt aus dem ersten Vers der lateinischen Version des Gebets - Angelus Domini nuntiavit Mariae. Es besteht aus der Lesung von drei schlichten Texten, bei denen es um die Menschwerdung Jesu Christi geht, gefolgt jeweils von einem Ave Maria.
Dieses Gebet wird vom Papst auf dem Petersplatz sonntags mittags und an Hochfesten gebetet. Direkt vor dem Gebet legt der Papst kurz die Lesungen des Tages aus. Nach dem Gebet folgen Grüße an die Pilger.
Von Ostern bis Pfingsten wird an Stelle des Angelusgebets das Regina Coeli gebetet, das an die Auferstehung Jesu Christi erinnert. Zum Abschluss dieses Gebets wird das „Ehre sei dem Vater“ drei Mal gesprochen.

Gebet des Angelus / Regina Coeli mit Papst

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