Bei der Pfingstmesse Bei der Pfingstmesse

Papst Franziskus: „Lasst uns in der Gegenwart leben!“

Papst Franziskus ermuntert die Kirche dazu, „in der Gegenwart zu leben, nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft“. Das sagte er an diesem Sonntag bei seiner Pfingstmesse im Petersdom.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Bei der Feier, in der die liturgische Farbe Rot dominierte, war schon wieder ein Hauch alter (oder neuer) Normalität zu spüren: Der Papst zelebrierte nicht, wie bislang in Corona-Zeiten, ganz hinten in der Apsis von Sankt Peter, sondern am Hauptaltar unter der Kuppel des Michelangelo.

Im ganzen Kirchenschiff nahmen Gläubige – unter Einhaltung der Abstandsregeln, und mit Masken über den Nasen – an der Messe teil. „Komm, Schöpfer Geist“, intonierte der Chor die Pfingst-Sequenz; Schweizergardisten mit Hellebarden wachten im Mittelgang von Sankt Peter.

Von der Gnade der Gegenwart

Der Heilige Geist erinnere uns an den „Primat des Heute“, sagte der Papst in seiner Predigt. Erst vor zwei Tagen hat Franziskus beschlossen, diverse Reformprozesse in der Kirche zu einem synodalen Weg in der ganzen Weltkirche zu bündeln – eine Ankündigung, die viele überrascht hat.

„Der Geist erinnert uns an die Gnade der Gegenwart. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt für uns: Jetzt, da, wo wir sind, ist der einzigartige und unwiederholbare Zeitpunkt, um Gutes zu tun, um das Leben zu einer Gabe zu machen. Lasst uns in der Gegenwart leben!“

Franziskus rief dazu auf, den Trost Gottes anzunehmen, den er uns mit der Gabe des Heiligen Geistes schickt.

„Schwester, Bruder, wenn du die Dunkelheit der Einsamkeit spürst, wenn du einen Felsbrocken in dir trägst, der die Hoffnung erstickt, wenn du eine brennende Wunde in deinem Herzen hast, wenn du keinen Ausweg siehst, dann öffne dich dem Heiligen Geist.“

 Hinter dem Papst: Das Pfingstfenster von Bernini
Hinter dem Papst: Das Pfingstfenster von Bernini
Zum Nachhören: Pfingstmesse mit Papst Franziskus im Petersdom

„Nicht Floskeln, sondern Gebet und Nähe“

Um selbst den Trost Gottes anderen zu bringen, sollten wir nicht „große Reden“ schwingen, sondern anderen Menschen „zum Nächsten werden“, riet der Papst. „Nicht mit Floskeln, sondern durch Gebet und Nähe.“ Die ganze Kirche solle neuen Schwung bekommen, einen neuen Aufbruch erleben. „Es ist die Zeit, die Freude des Auferstandenen weiterzugeben, und nicht die Zeit, das Drama der Säkularisierung zu beklagen... In dieser Zeit gilt es vor allem, die Barmherzigkeit bezeugen, und nicht so sehr, Regeln und Normen einzuimpfen.“

„Nicht konservativ oder progessiv…“

Dabei brauche die Kirche Geschlossenheit, trotz aller Vielfalt und Fliehkräfte, mahnte der Papst. „Wenn wir heute auf den Geist hören, werden wir uns nicht auf Konservative und Progressive, Traditionalisten und Erneuerer, rechts und links konzentrieren: Wenn dies die Kriterien sind, bedeutet das, dass der Geist in der Kirche in Vergessenheit gerät.“

Stattdessen komme es auf „Harmonie in der Verschiedenheit“ an. „Lasst uns das Ganze suchen!“

Nicht in Funktionalismus verfallen

Wichtig sei außerdem, dass jeder Gläubige Gott über sein eigenes Ich stelle. „Nur wenn wir leer werden von uns selbst, machen wir Platz für den Herrn; nur wenn wir uns ihm anvertrauen, finden wir wieder zu uns selbst; nur wenn wir arm werden im Geist, werden wir reich an Heiligem Geist.“

Das gelte auch für die Kirche: „Wenn wir unseren Projekten, unseren Strukturen und unseren Reformplänen den Vorrang geben, verfallen wir in einen Funktionalismus, in ein Leistungsdenken, in eine reine Horizontalität, und so werden wir keine Früchte bringen.“

„Kirche reformiert sich mit der Freude der Mission“

Die Kirche sei „keine menschliche Organisation“, sondern „der Tempel des Heiligen Geistes“, so der Papst. „Jesus hat das Feuer des Geistes auf die Erde gebracht, und die Kirche reformiert sich mit der Salbung der Gnade, mit der Kraft des Gebets, mit der Freude der Mission, mit der entwaffnenden Schönheit der Armut. Setzen wir Gott an die erste Stelle!“

(vatican news)

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23. Mai 2021, 10:44