Papst in der Osternacht: Glauben muss sich ständig neu aufmachen

Papst Franziskus hat in der Osternacht für einen Glauben geworben, der sich ständig neu aufmacht, den Auferstandenen zu suchen. Der Glaube müsse vertrauen: „Er darf nicht meinen, er wüsste schon alles, sondern muss sich demütig von Gottes Wegen überraschen lassen“, sagte der Papst in seiner Predigt.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt

Das Osterevangelium von Markus berichtet von den Frauen, die das Grab zu ihrer Überraschung leer fanden und vom Engel eingeladen wurden, nach Galiläa zu gehen, wo sie den Auferstandenen treffen würden. Was das bedeutet, „nach Galiläa gehen“, darauf fand Franziskus in seiner Predigt drei Deutungen: neu anfangen, neue Wege beschreiten und an die Grenzen gehen.

„Nach Galiläa gehen bedeutet vor allem, neu anzufangen“, so der Papst. „Für die Jünger bedeutet es, an den Ort zurückzukehren, an dem der Herr sie zum ersten Mal aufgesucht und sie berufen hat, ihm nachzufolgen.“ Die Jünger standen Jesus nahe, dennoch hätten sie ihn oft missverstanden und seien vor dem Kreuz davongelaufen. „Galiläa“ sei also eine liebevolle Einladung zum Neubeginn, sagte Franziskus. „Das ist die erste Botschaft von Ostern, die ich euch überbringen möchte: Es ist immer möglich, neu anzufangen, weil es ein neues Leben gibt, das Gott in uns neu beginnen lassen kann, jenseits von all unserem Scheitern.“

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Nach Galiläa gehen bedeute dann aber auch, „neue Wege zu beschreiten“, fuhr der Papst fort. Denn wer nach Galiläa geht, geht weg vom Grab, geht voran, nicht zurück. Die Frauen glaubten Jesus tot, sie gingen zum Grab, „um ihrer Traurigkeit neue Nahrung zu geben“, um sich an „etwas Schönes, aber Vergangenes“ zu erinnern. So einen „Erinnerungs-Glauben“ leben viele Christen auch heute, vermerkte Franziskus. „Nach Galiläa gehen bedeutet jedoch zu lernen, dass der Glaube, soll er lebendig sein, sich wieder neu auf den Weg machen muss. Der Glaube muss jeden Tag den Beginn des Weges, das Staunen bei der ersten Begegnung neu erleben. Und dann muss er vertrauen, er darf nicht meinen, er wüsste schon alles, sondern muss sich demütig von Gottes Wegen überraschen lassen.“ Gott gehöre „nicht in die Kategorie der Kindheitserinnerungen“, und der Glaube an ihn „ist keine Antiquitätensammlung“, sagte der Papst. „Jesus ist nicht eine Gestalt, die längst überholt ist. Er lebt, hier und jetzt. Er begleitet dich jeden Tag.“

Der See Genezareth in Galiläa
Der See Genezareth in Galiläa

Nach Galiläa gehen bedeute drittens auch, „an die Grenzen zu gehen“. Galiläa nämlich sei weit weg von Jerusalem: „In dieser bunt zusammengesetzten Region leben diejenigen, die am weitesten von der rituellen Reinheit Jerusalems entfernt sind“, so Franziskus. Genau dort habe Jesus seine Sendung begonnen und alle angesprochen, „die sich im Alltag nur mühsam durchschlagen: Ausgegrenzte, Schwache, Arme. „Er will für sie Antlitz und Gegenwart Gottes sein, der unermüdlich die Verzagten und die Verlorenen sucht, der bis an die Grenzen der Existenz geht, weil in seinen Augen niemand ein Letzter, niemand ausgeschlossen ist.“

„jenseits aller Niederlagen, des Bösen und der Gewalt, jenseits allen Leids und jenseits des Todes lebt der Auferstandene und lenkt die Geschichte“

Jesus, der Auferstandene, liebe jeden Menschen uneingeschränkt. Er lade auch die Glaubenden dazu ein, „Barrieren zu überwinden, Vorurteile abzubauen, auf die Menschen um uns herum zuzugehen und die Gnade des Alltäglichen neu zu entdecken. Lasst uns erkennen, dass er in unserem Galiläa, in unserem Alltag gegenwärtig ist. Mit ihm wird sich das Leben verändern. Denn jenseits aller Niederlagen, des Bösen und der Gewalt, jenseits allen Leids und jenseits des Todes lebt der Auferstandene und lenkt die Geschichte.“

Osternacht, die festlichste aller katholischen Feiern

Franziskus feierte die Osternacht mit rund 200 Anwesenden im Petersdom. Wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie konnten wie bereits im Vorjahr keine Taufen stattfinden, wohl aber die Erneuerung des Taufversprechens. Die Zeremonie der Feuersegnung fand nicht wie sonst im Atrium der Basilika statt, sondern am Confessio-Altar. Die Vorbereitung der Osterkerze erfolgte bereits vor der Feier.

Die übrigen Elemente der Osternachtliturgie, der reichhaltigsten des Kirchenjahres, fanden den ihnen gebührenden Platz. Wie üblich begann die Heilige Messe in einer abgedunkelten Kirche, wobei die Abenddämmerung - der Beginn war auf 19:30 Uhr vorgezogen worden - noch durch die Fenster strahlte. Bei der dritten Station der Osterkerze wurden einige der Lichter im Petersdom entzündet, beim Gloria alle, zugleich setzte die Orgel ein und alle Glocken läuteten: Christus ist auferstanden.

(vatican news - gs)

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03. April 2021, 20:25