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Papst Franziskus bei einer Generalaudienz im Februar 2021 Papst Franziskus bei einer Generalaudienz im Februar 2021 

Wortlaut: Papst Franziskus bei der Generalaudienz

Wir dokumentieren hier die Katechese des Papstes bei der Generalaudienz vom 10. Februar 2021 in einer Arbeitsübersetzung.

Die offizielle Fassung finden Sie in Kürze auf der Homepage des Vatikan.

 

Liebe Brüder und Schwestern, guten Morgen!

In der vorherigen Katechese haben wir gesehen, wie das christliche Gebet in der Liturgie "verankert" ist. Heute wollen wir beleuchten, wie es von der Liturgie immer wieder in den Alltag zurückkehrt: auf die Straßen, in die Büros, in die Verkehrsmittel.... Und dort geht der Dialog mit Gott weiter: Wer betet, ist wie der Liebende, der den geliebten Menschen immer in seinem Herzen trägt, wo immer er auch sein mag.

In der Tat wird alles in diesem Dialog mit Gott gefasst: Jede Freude wird zum Anlass für einen Lobpreis, jede Prüfung ist Anlass für eine Bitte um Hilfe. Das Gebet ist immer lebendig im Leben, wie die Glut des Feuers, auch wenn der Mund nicht spricht, aber das Herz spricht. Jeder Gedanke, auch wenn er scheinbar "profan" ist, kann mit Gebet durchdrungen werden. Auch in der menschlichen Intelligenz gibt es einen betenden Aspekt; sie ist in der Tat ein Fenster, das auf das Mysterium schaut: Sie beleuchtet die wenigen Schritte, die vor uns liegen, und öffnet sich dann für die ganze Wirklichkeit, die ihr vorausgeht und die sie übertrifft. Dieses Geheimnis hat kein beunruhigendes oder beängstigendes Gesicht, nein: Die Kenntnis Christi macht uns zuversichtlich, dass dort, wo unsere Augen und die Augen unseres Verstandes nicht sehen können, nicht das Nichts ist, sondern dass es jemanden gibt, der uns erwartet, es gibt eine unendliche Gnade. Das christliche Gebet erfüllt so das menschliche Herz mit einer unbesiegbaren Hoffnung: Welche Erfahrung auch immer unseren Weg berührt, Gottes Liebe kann sie zum Guten wenden.

Dazu sagt der Katechismus: „Wenn wir das Wort des Herrn hören und an seinem Pascha-Mysterium teilnehmen, lernen wir zu bestimmten Zeiten beten. Doch sein Geist wird uns zu jeder Zeit, in den Ereignissen eines jeden Tages, als Quelle des Gebetes geschenkt. ... Die Zeit liegt in den Händen des Vaters; wir begegnen ihm in der Gegenwart, nicht gestern oder morgen, sondern heute“ (Nr. 2659). Heute begegne ich Gott, immer gibt es dieses Heute der Begegnung.

Es gibt keinen anderen wunderbaren Tag als den heutigen, den wir erleben. Leute, die immer in Gedanken an die Zukunft leben - ,aber, in der Zukunft wird es besser...' und das Heute nicht nehmen, wie es kommt: das sind Leute, die in der Fantasie leben, sie nicht das Konkrete der Realität zu nehmen wissen. Das Heute ist real, das Heute ist konkret. Und das Gebet ereignet sich im Heute. Jesus kommt uns heute entgegen, im Heute, das wir erleben. Und es ist das Gebet, das dieses Heute in Gnade verwandelt, oder besser gesagt, das uns verwandelt: es besänftigt den Zorn, stützt die Liebe, vervielfältigt die Freude, schenkt die Kraft zu vergeben. Manchmal wird es uns scheinen, dass nicht mehr wir selbst leben, sondern dass die Gnade durch das Gebet in uns lebt und wirkt. Und wenn uns ein wütender, unzufriedener Gedanke kommt, der uns in Bitterkeit stürzt - halten wir dann an und sagen wir dem Herrn: ,Wo bist du? Und wo gehe ich hin?' Und der Herr ist da, der Herr gibt uns das rechte Wort, den Rat, weiterzugehen ohne diesen bitteren Saft des Negativen. Denn das Gebet ist immer positiv, um es profan zu sagen. Immer, es bringt dich voran. Jeder neue Tag wird, wenn er im Gebet begrüßt wird, von Mut begleitet, so dass die zu bewältigenden Probleme nicht mehr Hindernisse für unser Glück sind, sondern Anrufe von Gott, Anlässe für unsere Begegnung mit ihm. Und wenn jemand vom Herrn begleitet wird, fühlt er sich mutiger, freier, und auch glücklicher.

Beten wir also immer für alles und für alle, auch für unsere Feinde. Jesus hat uns das geraten: ,Betet für eure Feinde'. Beten wir für unsere Lieben, aber auch für die, die wir nicht kennen; beten wir wie gesagt für unsere Feinde, wie es uns die Heilige Schrift oft sagt. Das Gebet veranlasst uns zu einer überschwänglichen Liebe. Wir beten besonders für unglückliche Menschen, für die, die in ihrer Einsamkeit weinen und die sich verzweifeln fragen, ob es Liebe für sie geben mag. Das Gebet wirkt Wunder; und die Armen erkennen dann durch Gottes Gnade, dass das Gebet des Christen auch in ihrer prekären Situation das Mitleid Jesu gegenwärtig gemacht hat: denn er schaute mit großer Zärtlichkeit auf die müden und verlorenen Scharen wie Schafe ohne Hirten (vgl. Mk 6,34). Der Herr, vergessen wir das nicht, ist der Herr des Mitleids, der Nähe, der Zärtlichkeit: drei Worte, die wir nie vergessen dürfen. Denn das ist der Stil des Herrn: Mitleid, Nähe, Zärtlichkeit.

Das Gebet hilft uns, andere zu lieben, trotz ihrer Fehler und Sünden. Der Mensch ist immer wichtiger als seine Taten, und Jesus hat die Welt nicht gerichtet, sondern gerettet. Das Leben von Menschen, die immer andere beurteilen, ist ein hässliches Leben: das ist ein hässliches Leben, unglücklich. Jesus ist gekommen, um uns zu retten: öffne dein Herz, vergebe, rechtfertige die anderen, verstehe, sei auch du den anderen nahe, habe Mitleid, sei zärtlich wie Jesus. Es ist notwendig, jeden einzelnen Menschen zu lieben und sich im Gebet daran zu erinnern, dass wir alle Sünder sind und dass zugleich ein jeder von uns von Gott geliebt wird. Wenn wir diese Welt auf diese Weise lieben, sie mit Zärtlichkeit lieben, werden wir entdecken, dass jeder Tag und jede Sache ein Fragment des Geheimnisses Gottes in sich trägt.

Der Katechismus schreibt weiter: „Eines der Geheimnisse des Reiches Gottes, die den ,Kleinen’, den Dienern Christi, den Armen der Seligpreisungen geoffenbart worden sind, ist es, in den Ereignissen jeden Tages und jeden Augenblickes zu beten. Es ist gut und richtig, dafür zu beten, dass das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens sich auf den Gang der Geschichte auswirkt; es ist ebenso wichtig, die schlichten und alltäglichen Situationen mit Hilfe des Gebetes zu durchdringen. Alle Gebetsformen können der Sauerteig sein, mit dem der Herr das Gottesreich vergleicht“ (Nr. 2660).

Der Mensch - die menschliche Person, Mann und Frau -gleicht einem Hauch, einem Grashalm (vgl. Ps 144,4; 103,15). Der Philosoph Pascal schrieb (sinngemäß, Anm.): „Es ist nicht nötig, dass das ganze Universum die Waffen ergreift, um ihn zu vernichten; ein Dampf, ein Wassertropfen genügt, um ihn zu töten“. Wir sind zerbrechliche Wesen, aber wir wissen, wie wir beten können: das ist unsere größte Würde, auch unsere Stärke. Mut. In jedem Moment beten, in jeder Situation, denn der Herr ist uns nahe. Und wenn ein Gebet dem Herzen Jesu entspricht, bewirkt es Wunder.

 

(vatican news)
 

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10. Februar 2021, 11:30