Die Generalaudienz mit Papst Franziskus Die Generalaudienz mit Papst Franziskus 

Papst: Mit offenem Herz wird Bibel zu lebendigem Wort Gottes

Die Heilige Schrift stellt einen unerschöpflichen Schatz dar, auf den wir stets im Gebet zurückgreifen können. Doch es gelte, sich dem Wort Gottes „ohne Hintergedanken“ zu nähern, ohne es zu instrumentalisieren. Das sagte Papst Franziskus an diesem Mittwoch bei seiner Generalaudienz, bei der er seine Katechesereihe über das Gebet fortführte.

Mittlerweile die 22. Katechese hielt der Papst an diesem Mittwoch über das Gebet, sie stand unter dem Thema: „Das Gebet mit der Heiligen Schrift“. Zur Einstimmung auf die Worte des Papstes wurde in verschiedenen Sprachen aus Psalm 119 vorgelesen.

Die Worte in der Bibel, so der Papst in seiner anschließenden Katechese, seien nicht niedergeschrieben worden, „um auf Papyrus, Pergament oder Papier gefangen zu bleiben“. Vielmehr seien sie dazu bestimmt, von einem betenden Menschen empfangen zu werden, um damit fruchtbar zu werden und ihre Reise um die Welt anzutreten: „Diese Erfahrung machen alle Gläubigen: Eine Schriftstelle, die ich schon oft gehört habe, spricht eines Tages plötzlich zu mir und erhellt eine Situation, die ich gerade erlebe“, so der Papst in der Bibliothek des Apostolischen Palastes.

„Es kommt auf uns an, auf unser Gebet“

Aber es sei auch notwendig, dass man an diesem bestimmten Tag anwesend sei, „zur Verabredung mit diesem Wort, um es zu hören“: „Jeden Tag kommt Gott vorbei und sät einen Samen in den Boden unseres Lebens. Wir wissen nicht, ob er heute dürren Boden, Dornbüsche oder guten Boden vorfindet, der diesen Samen wachsen lässt (vgl. Mk 4,3-9). Es kommt auf uns an, auf unser Gebet, auf das offene Herz, mit dem wir uns der Heiligen Schrift nähern, damit sie für uns das lebendige Wort Gottes wird.“

Zum Nachhören - Papst: Mit offenem Herz wird Bibel zu lebendigem Wort Gottes

Durch das Gebet finde gewissermaßen „eine neue Inkarnation des Wortes“ statt, beschrieb der Papst seinen Gedankengang: „Und wir sind die ,Tabernakel’, in denen die Worte Gottes unterkommen und bewacht werden wollen, damit sie die Welt besuchen können. Aus diesem Grund müssen wir uns der Bibel ohne Hintergedanken nähern, ohne sie zu instrumentalisieren.“

„Wir lesen also die Heilige Schrift, damit sie ,uns liest’“

Es gehe nicht darum, in der Bibel eine Bestätigung oder Stütze für seine „eigene philosophische und moralische Vision“ zu finden, sondern um die Hoffnung auf eine „Begegnung“; dem Gläubigen sei es bewusst, dass die Bibel im Heiligen Geist geschrieben worden sei und sie deshalb „in diesem gleichen Geist aufgenommen und verstanden werden“ müsse, mahnte Franziskus, der dem papageienartigen Auswendiglernen von Bibelversen zum wiederholten Mal eine Absage erteilte.

„Wir lesen also die Heilige Schrift, damit sie ,uns liest’. Und es ist eine Gnade, sich in diesem oder jenem Charakter, in dieser oder jener Situation wiedererkennen zu können.“ Die Bibel sei nicht für irgendeine Menschheit geschrieben worden, sondern für jeden einzelnen von uns. „Und das Wort Gottes, das vom Heiligen Geist durchdrungen ist, lässt die Dinge nicht so, wie sie waren, wenn es mit offenem Herzen empfangen wird. Niemals. Es ändert immer etwas.“

„Und das Wort Gottes, das vom Heiligen Geist durchdrungen ist, lässt die Dinge nicht so, wie sie waren, wenn es mit offenem Herzen empfangen wird“

Die christliche Tradition sei „reich an Erfahrungen und Überlegungen zum Gebet mit der Heiligen Schrift“, erinnerte der Papst, der insbesondere auf die Methode der ,lectio divina’ hinwies, der geistlichen Schriftlesung aus der monastischen Tradition, die auch in immer mehr Gemeinden praktiziert werde:

„Es geht zunächst einmal darum, die Bibelstelle mit Aufmerksamkeit zu lesen. Das ist die lectio divina, vor allem erst einmal die Bibelstelle aufmerksam zu lesen, ich würde sagen mit ,Gehorsam’ gegenüber dem Text, um zu verstehen, was sie in sich selbst bedeutet.“ In einem nächsten Schritt trete man in „Dialog“ mit der Schrift, versuche so zu verstehen, was die Stelle „mir selbst sagt“.

„Wir dürfen nicht in subjektive Interpretationen abgleiten“

Doch es handele sich hierbei um einen „heiklen Schritt“, warnte Franziskus: „Wir dürfen nicht in subjektive Interpretationen abgleiten, sondern wir müssen uns in die lebendige Spur der Tradition einfügen, die jeden von uns mit der Heiligen Schrift verbindet.“ In einem letzten Schritt, der Kontemplation, trete man schließlich in einen liebenden Dialog mit dem Schöpfer ein, der auch ohne Worte ablaufen kann.

„Der biblische Text bleibt, aber wie ein Spiegel, wie eine Ikone, die es zu betrachten gilt. Durch das Gebet kommt das Wort Gottes dazu, in uns zu wohnen, und wir wohnen in ihm. Das Wort inspiriert gute Absichten und unterstützt das Handeln; es gibt uns Kraft und Gelassenheit, und selbst wenn es uns in eine Krise bringt, gibt es uns Frieden.“ Dies gelte auch für die „schlechten und verwirrten“ Tage, so der Papst. Die Heilige Schrift sei „ein unerschöpflicher Schatz“, betonte Franziskus zum Abschluss seiner Katechese: „Möge der Herr uns gewähren, durch das Gebet mehr und mehr daraus zu schöpfen.“

(vatican news - cs)

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27. Januar 2021, 09:47