Im Wortlaut: Die Katechese zum Fest Mariä Empfängnis

Lesen Sie hier die Ansprache von Papst Franziskus in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Den offiziellen Text finden Sie in Kürze auf der Homepage des Vatikans.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Am heutigen liturgischen Festtag feiern wir eines der Wunder der Heilsgeschichte: die Unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria. Auch sie wurde von Christus gerettet, aber auf eine außerordentliche Weise. Gott wollte, dass die Mutter seines Sohnes vom Augenblick der Empfängnis an von der Erbärmlichkeit der Sünde unberührt bleiben sollte. Und so war Maria in ihrem irdischen Leben frei von jedem Makel der Sünde,  sie war „voll der Gnade“ (Lk 1,28), wie der Engel sie nannte. Sie erfreute sich eines einzigartigen Wirkens des Heiligen Geistes, damit sie immer in einer vollkommenen Beziehung zu ihrem Sohn Jesus stehen konnte; oder besser, sie war die Jüngerin Jesu: die Mutter und die Jüngerin. Aber die Sünde war nicht in ihr.

In dem wunderbaren Lobpreis, mit dem der Brief an die Epheser beginnt (vgl. 1,3-6.11-12), gibt uns Paulus zu verstehen, dass jeder Mensch von Gott geschaffen ist für jene Fülle der Heiligkeit, für jene Schönheit, mit der die Gottesmutter von Anfang an bekleidet war. Das Ziel, zu dem wir berufen sind, ist auch für uns ein Geschenk Gottes, der uns – so der Apostel – „erwählt hat vor der Grundlegung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor ihm“ (V. 4), der uns im Voraus dazu bestimmt hat (vgl. V. 5), in Christus eines Tages vollkommen frei von Sünde zu sein. Und das ist die Gnade, sie ist unentgeltlich, sie ist ein Geschenk Gottes.

Was Maria am Anfang hatte, das werden wir am Ende haben, nachdem wir das reinigende „Bad“ der Gnade Christi durchlaufen haben. Das was uns die Tür zum Paradies öffnet ist die Gnade Gottes, die wir in Treue erhalten haben. Selbst die Unschuldigsten waren von der Erbsünde gezeichnet, haben mit aller Kraft gegen ihre Folgen gekämpft. Sie sind durch die „enge Tür“ gelangt, die zum Leben führt (vgl. Lk 13,24). Und wer war der erste, von dem wir sicher sind, dass er in den Himmel gekommen ist? Ein „Taugenichts“: einer der beiden, die mit Jesus gekreuzigt wurden. Er hatte zu ihm gesagt: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Und Jesus hatte geantwortet: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,42-43). Die Gnade Gottes wird allen angeboten; und viele, die auf dieser Erde die Letzten sind, werden im Himmel die Ersten sein (vgl. Mk 10,31).

Aber aufgepasst. Es lohnt sich nicht zu meinen, hier tricksen zu können: die ehrliche Auseinandersetzung mit unserem Leben immer wieder auf die lange Bank zu schieben und die Geduld des Herrn zu strapazieren. Er ist geduldig, er wartet auf uns, er ist immer dafür, uns die Gnade zu geben. Vielleicht können wir die Menschen täuschen, Gott aber bestimmt nicht. Er kennt unsere Herzen besser als wir selber. Nutzen wir den Augenblick! Denn genau das ist der christliche Sinn des „carpe diem“: Nicht das Leben in jedem flüchtigen Augenblick auskosten – nein, das ist der weltliche Sinn –, sondern das Heute nutzen, um „nein“ zu sagen zum Bösen und „ja“ zu Gott; sich seiner Gnade zu öffnen; damit aufzuhören, uns nur auf uns selbst zu konzentrieren und der Heuchelei zu erliegen. Es geht darum, unserer Realität ins Auge zu blicken und zu erkennen, dass wir Gott und unseren Nächsten nicht so geliebt haben, wie wir es hätten tun sollen. Und das auch zuzugeben und den Weg der Umkehr einzuschlagen, indem wir zuerst Gott im Sakrament der Versöhnung um Vergebung bitten und dann das Böse, das wir anderen getan haben, wiedergutmachen. Aber immer offen für die Gnade: Der Herr klopft an unsere Tür, er klopft an unser Herz um mit uns in Freundschaft, in Gemeinschaft zu treten; um uns das Heil zu geben.

Das ist für uns der Weg, „heilig und untadelig“ zu werden. Die unbefleckte Schönheit unserer Mutter ist unnachahmlich, und zugleich zieht sie uns an. Vertrauen wir uns ihr an und sagen wir ein für allemal „nein“ zur Sünde und „ja“ zur Gnade.

(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)
 

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08. Dezember 2020, 12:34