Die Generalaudienz vom 19. Februar 2020 Die Generalaudienz vom 19. Februar 2020 

Die Freundschaft eines Vatikanjournalisten zu Papst Franziskus

Einblicke in das private Leben von Jorge Mario Bergoglio / Papst Franziskus bietet der italienische Journalist Lucio Brunelli. Er kennt den argentinischen Jesuiten seit seiner Zeit als Kardinal und hat über diese Begegnungen und Gespräche ein Buch vorgelegt. Im Gespräch mit Radio Vatikan spricht Brunelli über eine ungewöhnliche Freundschaft.
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Stefanie Stahlhofen und Benedetta Capelli – Vatikanstadt

Lucio Brunelli hat lange als Reporter beim staatlichen italienischen TV- und Radiosender RAI gearbeitet. An seine allererste Begegnung mit Kardinal Bergoglio erinnert er sich sehr gut. Er traf ihn 2005, also acht Jahre vor seiner Wahl zum Papst, in der Wohnung befreundeter Journalisten. Brunelli hatte einen Pater von der strengen, ernsten Sorte erwartet. Aber: 

„Ich muss sagen, ich stieß so auf einen Kirchenmann, den ich als außergewöhnlich und sehr bescheiden bezeichnen würde. Er kam nach Rom ohne Sekretäre, ein sehr sanftmütiger und heiterer Mensch. In seiner Gegenwart fühlte ich mich wohl, und er verstand es, die Dinge mit Humor zu nehmen. Das ist ein Wesenszug von ihm, der mich von Anfang an getroffen hat: Er selbst sagt ja auch, dass Humor der menschliche Wesenszug ist, der der Gnade Gottes am nächsten kommt. Und zwar in dem Sinn, dass es darum geht, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, weil klar ist, dass es nur einen wirklichen Sinn des Lebens gibt und wir daher über uns selbst und unsere Grenzen, lachen können.“

„Gefälle zwischen dem Menschen, den ich kenne und der heute überwiegenden medialen Darstellung Bergoglios und Papst Franziskus`“

Die Sympathie dieser ersten Begegnung des Journalisten Brunelli und Kardinal Bergoglios wurde zu einer Freundschaft. Mit Briefen und Telefonaten hielten sie Kontakt zwischen Argentinien und Italien. Bergoglio sei nie ein „Medienmensch“ gewesen, habe auch keine Interviews geben wollen, erinnert sich Brunelli. Nach seiner Wahl zum Papst rückte der Argentinier dann freilich, ob er wollte oder nicht, ins Zentrum der Medien. Das Bild, das diese von Franziskus zeichnen, deckt sich oft nicht mit seiner persönlichen Erfahrung, sagt Brunelli:

„Ich sehe ein Gefälle zwischen dem Menschen, den ich kenne, einerseits, und der heute überwiegenden medialen Darstellung Bergoglios und des Papstes andererseits. Das gilt besonders für einige soziale Netzwerke. Ich habe in Bergoglio zum Beispiel einen Mann kennen gelernt, für den das Gebet grundlegend ist. Und zwar ein Gebet, so wie ich es auch geschrieben habe, das ,auf skandalöse Weise traditionell` ist. Er ist ein Mann, der sich geradezu von Rosenkränzen nährt, von der eucharistischen Anbetung, und der täglich von Novenen der Heiligen Thérèse von Lisieux und dem Heiligen Josef lebt.“

„Schick sie zu mir, dann lasse ich meine Siesta ausfallen und höre Beichte“

Franziskus als „nahezu säkularisierten Papst“ zu bezeichnen, stimme einfach nicht, hält Brunelli fest. Nicht nur sei Bergoglio ein echter Mann des Gebets, sondern auch ein wahrer Seelsorger:

„Die Seele an erster Stelle – so könnte sein Motto lauten. Ich weiß noch, wie wir einmal telefonierten und ich von einer Kollegin berichtete, die nach 40 Jahren zum ersten Mal wieder zur Beichte gehen wollte. Ich hatte das nur nebenbei erzählt, aber er sagte, mit einem Tonfall, den ich nie vergessen werde, es sei wichtig, ihr unbedingt einen barmherzigen Beichtvater zu finden. Ich versprach, jemanden zu suchen. Und er sagte: ,Wenn Du keinen findest, dann schick sie zu mir, dann lasse ich meine Siesta ausfallen und höre Beichte.`“

Diese Anekdote sagt laut dem Vatikanjournalisten Brunelli sehr viel über Bergoglio als Seelsorger aus. Er sei einer, für den das Seelenheil der Menschen immer an erster Stelle stehe.

Zum Buch:

Lucio Brunelli: „Papa Francesco, come l’ho conosciuto io.“ (Papst Franziskus, wie ich ihn kennen gelernt habe). Der Titel erscheint diesen Freitag auf Italienisch. Das Buch hat 192 Seiten und kostet 16 Euro. Herausgeber ist die Verlagsgruppe San Paolo. Zu einer eventuellen Ausgabe auf Deutsch gab es zunächst keine Informationen.

(vatican news – sst)

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19. Februar 2020, 10:05