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Ein Papstbrief, den man sogar lesen kann

Papstbriefe sind, ehrlich gesagt, oft ziemlich harte Kost. Wer nicht im theologischen Vokabular drin ist, versteht manchmal nur Bahnhof. Doch bei „Admirabile Signum“ ist das – trotz des lateinischen Titels –anders. Den Brief, den Papst Franziskus an diesem Sonntagabend zum Thema Weihnachtskrippen veröffentlicht hat, kann jeder lesen und verstehen.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Franziskus hat den Brief bei einem Kurzbesuch im umbrischen Bergstädtchen Greccio veröffentlicht. Dort hat der hl. Franz von Assisi 1223 eine „lebende Krippe“ mit den Bauern des Dorfs organisiert – aus der Sicht vieler ist das eine Geburtsstunde unserer heutigen Krippen.

„Ich glaube, das Papstschreiben ist ein starker Appell an unsere menschliche Phantasie“, erklärt der verantwortliche Ortsbischof Domenico Pompili in unserem Interview. „Das Gegenteil von Glauben ist ja nicht Vernunft, sondern Mangel an Vorstellungskraft! Wir müssen uns das Leben Jesu ganz plastisch vor Augen stellen können, sonst wird unser Glaube zu etwas Abstraktem. Die Krippe macht es möglich, dass wir das Geheimnis von Weihnachten, also die Inkarnation des Sohnes Gottes, fast mit Händen greifen können.“

Zum Nachhören

Was Papst Franziskus versucht, ist eine Rehabilitierung der Krippe. Sie soll nicht ins Süßliche oder rein Folkloristische absinken, sie ist auch nicht nur etwas für Kinder. Es geht, so wiederholt der Bischof, um Phantasie.

„Warum schaffen wir es nicht, an die Herzen zu rühren?“

„Ich glaube, diese Vorstellungskraft ist das Wesentliche für eine Glaubenserfahrung heute. Wenn der Glaube nicht bis in die Vorstellungskraft vordringt, bleibt er äußerlich. In dieser Hinsicht war der hl. Franz von Assisi ein Pionier der Moderne; noch vor dem hl. Ignatius von Loyola hat er, zumindest was die Weihnachtsszene betrifft, herausgefunden, dass es darum geht, sich möglichst tief selbst in die Geschichte Jesu hineinzuversetzen. Bei der Evangelisierung heute ist es doch die große Frage, warum wir es nicht schaffen, an die Herzen zu rühren. Der Glaube kommt gar nicht an den neuralgischen Punkt heran.“

Der erwähnte Ignatius von Loyola war im 16. Jahrhundert der Gründer des Jesuitenordens. Die Teilnehmer an seinen „Geistlichen Übungen“ lernen, sich selbst in ihrer Phantasie in die biblischen Geschichten mit einzutragen: Wie hätte ich jetzt auf diese oder jene Worte Jesu reagiert, was wundert, was ärgert mich?

Die Krippe aus dem Kitschfach herausholen

Wenn Papst Franziskus jetzt die Krippe aus dem Kitschfach herausholen möchte, dann geht es ihm um dasselbe, was einen österreichischen Bischof vor einigen Jahren zu einer großen Plakataktion brachte: „Zu Weihnachten ist Jesus Christus geboren“, stand auf den Plakaten. Den eigentlichen Sinn von Weihnachten gilt es also wiederzuentdecken.

„Es gibt seit einigen Jahrzehnten den Versuch, Weihnachten umzuinterpretieren. Da wird aus dem Jesuskind auf einmal der Weihnachtsmann! Von einem neugeborenen Kind sind wir also zu einem alten Mann übergegangen, der durch die Gegend humpelt: Ich glaube, diese Deformation des Sinns von Weihnachten kann nicht hingenommen werden. Der Papstbrief will genau das: das Geheimnis von Weihnachten neu vor Augen führen. Damit wir auch Weihnachten nicht ein Fest machen, bei dem der eigentlich Gefeierte gar nicht mehr vorkommt.“

(vatican news)
 

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02. Dezember 2019, 11:15