Papst Franziskus bei der Heiligen Messe zum Welttag der Armen Papst Franziskus bei der Heiligen Messe zum Welttag der Armen 

Papst zum Welttag der Armen: „Arme führen uns direkt zum Herrn“

„Helfe ich jemandem, von dem ich nichts erhalten werde? Habe ich als Christ zumindest einen Armen als Freund?“ – Diese Fragen legte Papst Franziskus an diesem Welttag der Armen den Gläubigen vor. Im Jahr 2017 hatte die Weltkirche erstmals den von Franziskus ausgerufenen Welttag der Armen begangen. Auch in diesem Jahr feierte der Papst aus diesem Anlass gemeinsam mit Bedürftigen und Pilgern aus aller Welt die Heilige Messe. Der Tag steht unter dem Motto: „Der Elenden Hoffnung ist nicht für immer verloren“ (Ps 9,19).

Ausgehend vom Tagesevangelium entwickelte Franziskus in seiner Predigt seinen Gedankengang. Jesus weist darauf hin, dass die Dinge, die wir oftmals für endgültig und unveränderlich halten, nicht Bestand haben werden. „Kein Stein wird auf dem anderen bleiben,“ sagt Jesus auf Antwort auf den Lobpreis des prächtigen Tempels in Jerusalem. Diese Aussage werfe Fragen und Unbehagen bei den Anwesenden auf, erläutert Franziskus. Doch Jesus gebe auch einen Hinweis darauf, wie seine Worte zu verstehen seien:

„Er sagt uns heute, dass gleichsam alles vergehen wird. Gleichsam alles, aber nicht alles. An diesem vorletzten Sonntag im Jahreskreis erklärt er, dass die vorletzten Dinge einstürzen, vergehen werden, nicht die letzten: der Tempel, nicht Gott; die Reiche und die Angelegenheiten der Menschheit, nicht der Mensch. Die vorletzten Dinge vergehen, die oft endgültig scheinen, es aber nicht sind.“

Zum Nachhören

Zwar ließen die Menschen sich leicht von der Größe und scheinbaren Unvergänglichkeit der irdischen Dinge blenden, doch für Gotte sei all das zweitrangig, nicht der Aufmerksamkeit wert, die wir diesen Dingen schenkten, fuhr Franziskus fort. Unverrückbar bleibe jedoch, was wirklich zähle: „Der lebendige Gott, der unendlich größer ist als jedes Gotteshaus, das wir bauen, und der Mensch, unser Nächster, der mehr zählt als alle Nachrichten der Welt.“ Um das zu erfassen, was im Leben wirklich zähle, warne der Herr uns also vor zwei Versuchungen, erläuterte Franziskus.

Nicht dem folgen, der Alarmmeldungen verbreitet

„Die erste besteht in der Versuchung der Eile, des Sofort. Für Jesus braucht man nicht dem nachlaufen, der sagt, das Ende kommt sofort, und »die Zeit ist da« (V. 8). Man braucht also nicht dem folgen, der Alarmmeldungen verbreitet und die Angst des anderen oder Zukunftsängste speist, weil die Angst Herz und Geist lähmt. Wie oft lassen wir uns jedoch von der Eile, alles und sofort wissen zu wollen, verführen, vom Kitzel der Neugier, von der neuesten aufsehenerregenden oder skandalträchtigen Nachricht, von anrüchigen Geschichten, vom Geschrei dessen, der am lautesten und wütendsten schreit, von dem, der sagt: „Jetzt oder nie“.“

Doch diese Hast komme nicht von Gott, lenke davon ab, was für immer bleibt und lasse Gott und den Mitmenschen in den Hintergrund treten: „Wie wahr ist das heute! Getrieben von der Begierde, zu laufen sowie alles und sofort zu erlangen, wird uns der lästig, der zurückbleibt. Und er wird für Abfall gehalten: die Alten, die Ungeborenen, die Menschen mit Behinderung, die für unnütz erachteten Armen. Man läuft in Eile, ohne sich darüber Sorgen zu machen, dass die Distanzen zunehmen, dass die Gier einiger weniger die Armut vieler vergrößert.“

Der Versuchung des Ich widerstehen

Als Gegenmittel für die Eile schlage Jesus heute jedem die Beharrlichkeit vor: »Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen« (V. 19), heißt es im Evangelium, was darauf ziele, die Augen „auf das gerichtet zu halten, was zählt“, so Franziskus, der anschließend eine zweite Täuschung aufzeigte, vor der Jesus warne, nämlich derjenigen der falschen Propheten, die unter dem Namen Jesu auftreten werden: „Es ist die Versuchung des Ich. Wie der Christ nicht auf der Suche nach dem Sofort, sondern nach dem Immer ist, so ist er auch nicht ein Jünger des Ich, sondern des Du.

Doch wie erkenne man die Stimme Jesu, wie vermeide man es, den falschen nachzulaufen? Denn es genüge nicht das Etikett „christlich“ oder „katholisch“, um zu Jesus zu gehören, vielmehr gehe es darum, eine „Sprache des Du“ ohne Konzentration auf das „Ich“ zu sprechen, wiederholte der Papst eine gern genutzte Mahnung: „Doch wie oft herrscht selbst dann, wenn wir das Gute tun, die Heuchelei des Ich: Ich tue das Gute, aber nur um für gut gehalten zu werden; ich gebe, aber nur um meinerseits zu empfangen; ich helfe, aber nur um die Freundschaft jener wichtigen Person zu gewinnen. So spricht die Sprache des Ich. Das Wort Gottes hingegen drängt zu einer »Liebe […] ohne Heuchelei« (Röm 12,9); es drängt, dem zu geben, der nichts hat, um es uns zu vergelten (vgl. Lk 14,14), zu dienen, ohne Lohn oder Gegenleistung zu suchen (vgl. Lk 6,35). Wir können uns also fragen: ,Helfe ich jemandem, von dem ich nichts erhalten werde? Habe ich als Christ zumindest einen Armen als Freund?‘“

Evangelium leben als Bettler, die sich nach Gott ausstrecken

Und es seien gerade die Armen, die nicht die Sprache des „Ich“ sprächen, und deshalb in den Augen Gottes kostbar sind, unterstrich Franziskus. Denn die Armen erhielten sich nicht aus eigenen Kräften, seien auf die selbstlose Hilfe des anderen angewiesen, ähnlich der Art und Weise, wie man das Evangelium lebe, „nämlich als Bettler, die sich nach Gott ausstrecken“: „Die Gegenwart der Bettler führt uns wieder in das Klima des Evangeliums, wo die Armen im Geiste selig sind (vgl. Mt 5,3). Nun, anstatt uns belästigt zu fühlen, wenn wir sie an unsere Türen klopfen hören, können wir ihren Hilfeschrei als einen Ruf annehmen, um aus unserem Ich herauszugehen, um sie mit dem gleichen Blick der Liebe aufzunehmen, mit dem Gott sie ansieht. Wie schön wäre es, wenn die Armen in unserem Herzen den Platz einnehmen würden, den sie in Gottes Herzen haben! Wenn wir bei den Armen sind, wenn wir ihnen dienen, dann lernen wir den Stil und die Weise Jesu, dann verstehen wir, was bleibt und was vergeht.“

Was bleibe, daran erinnere der Herr unermüdlich, sei „die Liebe“ – und es sei letztlich der Arme, der um unsere Liebe bitte, der uns direkt zum Herrn führe, den Zugang zu ihm erleichtere, fasste Franziskus nochmals zusammen: „Deswegen hat der Glaubenssinn des Gottesvolkes sie als die Pförtner des Himmels gesehen. Schon jetzt sind sie unser Schatz, der Schatz der Kirche. Sie schließen uns in der Tat den Reichtum auf, der nie alt wird, den Reichtum, der Erde und Himmel verbindet und für den es sich wirklich zu leben lohnt: die Liebe.“ 

(vatican news - cs)

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17. November 2019, 10:40