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Papst begrüßt internationale Gäste auf dem Petersplatz Papst begrüßt internationale Gäste auf dem Petersplatz 

Generalaudienz: Bete ich Gott oder dogmatische Formeln an?

Wie leben wir den Glauben: in Begegnung mit oder in Gegnerschaft zu denen, die eine andere Überzeugung haben? Die Katechese des Papstes bei seiner ersten Generalaudienz parallel zur Amazonien-Synode war eine Absage an ideologische Abschottung und ein Nachdenken über den christlichen Umgang mit dem Anderen.

Anne Preckel - Vatikanstadt

Um 9 Uhr früh saß der Papst noch in einer der Generalkongregationen der Amazonien-Synode in der vatikanischen Synodenaula, wenig später schon predigte er bei seiner wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz an diesem Mittwoch über den Umgang mit dem Anderen und erteilte ideologischer Verblendung im Glauben einmal mehr eine Absage.

In seiner Katechese ging er auf die Bekehrung des Paulus ein, von der in der Apostelgeschichte die Rede ist. Als Christenjäger Saulus verfolgte der junge Mann unerbittlich die Kirche und war überzeugt davon, so dem Gesetz Gottes zu dienen.

Zum Nachhören

Ein Hauch des Terrors und Todes

Saulus war „unnachgiebig“ und bedrohlich, ihn habe ein Hauch des Terrors und des Todes umgeben, umschrieb Franziskus den Apostel vor dessen Bekehrung. Und er wandte sich dabei an diejenigen internationalen Gäste auf dem Petersplatz, darunter Indigene, die selbst Verfolgung und Diktatur erlebt hätten.

„Mit Erlaubnis des Hohepriesters jagt Saulus die Christen und sperrt sie ein. Ihr, die ihr aus einigen Völkern kommt, die unter Diktaturen verfolgt wurden, versteht gut, was es heißt, wenn Menschen gejagt und eingekerkert werden. Das war es, was Saulus tat. Und er tat dies und dachte, er diene damit dem Gesetz des Herrn.“  

Andere sind Feinde

Tatsächlich aber war Saulus verblendet, er verabsolutierte die eigene politische und religiöse Identität und tolerierte keine abweichende Sichtweise. Die anderen waren ihm „potentielle Feinde, die es zu bekämpfen gilt“.  Franziskus:

„Er war ein Ideologe. In Saulus hatte sich Religion in Ideologie verkehrt: religiöse Ideologie, soziale Ideologie, politische Ideologie. Erst als er durch Christus verwandelt wurde, lehrte er, dass der wahre Kampf ,nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut‘, sondern ,gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister‘ (Eph 6,12) zu führen sei. Er lehrt, dass man nicht gegen Menschen, sondern das Böse kämpfen muss, das ihre Taten motiviert.“

Gott als Begleiter, der Fragen stellt

Saulus, der zu Paulus wurde – die Wandlung des „Terroristen“ passierte auf jene Art und Weise, die für den  Herrn typisch ist: er begegnet ihm auf dem Weg nach Damaskus, als Weggefährte, unaufdringlich in „Licht“ und „Stimme“, „um sein Herz zu berühren und ihn zu sich zu bekehren“, führte der Papst aus: „Das ist die Methode des Herrn: das Herz berühren“. Gleich drei Mal sei von dieser Bekehrung in der Apostelgeschichte die Rede.

Die Frage „Saul, Saul, warum verfolgst du mich“ verweise auf die Einheit in Christus, betonte hier der Papst, denn „ein Glied der Kirche zu treffen bedeutet, Christus selbst zu treffen“: „Auch diejenigen, die Ideologen sind, weil sie die angebliche ,Reinheit‘ der Kirche wollen, treffen Christus.“

Bete ich Gott oder dogmatische Formeln an?

Wut und Ideologie – die Verblendungen des Saulus sollten jeden Gläubigen dazu bringen, sich einmal folgende Fragen zu stellen, redete Franziskus den Gläubigen ins Gewissen:

„Wie lebe ich meinen Glauben? Gehe ich den anderen entgegen oder bin ich gegen sie? Gehöre ich zur Weltkirche (die Guten, die Bösen, alle) oder verfolge ich eine selektive Ideologie? Bete ich Gott oder dogmatische Formeln an? Wie sieht mein religiöses Leben eigentlich aus? Macht mich der Glaube an Gott freundschaftlich oder feindlich gegenüber denjenigen, die anders sind als ich?“

Fragen, die bleiben, Fragen, die begleiten - auch die Amazonien-Synode, die am Nachmittag zusammen mit Papst Franziskus zur neuerlichen Arbeitssitzung ab 16.30 Uhr im Vatikan zusammenkommt. 

(vatican news)

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09. Oktober 2019, 11:30