Papst Franziskus bei der Messe mit Migranten Papst Franziskus bei der Messe mit Migranten 

Papst: Alle sind aufgerufen, die Leiden der Ausgegrenzten zu lindern

Es geht nicht nur um Migranten: Denn Migranten sind vor allem anderen erst einmal Menschen, und heutzutage ein Symbol für alle, die „von der globalisierten Gesellschaft als Abfall behandelt“ werden. Doch vielmehr wären wir alle dazu aufgerufen, deren Leiden zu mindern. Das betonte Papst Franziskus bei der Heiligen Messe, die er am sechsten Jahrestag seiner Reise nach Lampedusa gemeinsam mit Migranten im Petersdom feierte.

Wir erinnern uns: Die Reise nach Lampedusa im Jahr 2013 war die erste Reise außerhalb der Diözese Roms, die Franziskus als Papst unternommen hatte. Damals gedachte er der zahlreichen Menschen, die auf ihrem gefährlichen Weg nach Europa zum Opfer der Fluten werden – eine Situation, die sich auch heute nicht wesentlich besser darstellt. Während der Messe mit rund 250 geladenen Gästen betete der Papst erneut für die Opfer von Schiffbrüchen im Mittelmeer und wies auf die dramatischen umstände in Auffanglagern hin. In seiner Predigt zu diesem Jahrestag ging der Papst von der Liturgie des Tages aus. In dieser spreche das Wort Gottes zu uns von „Heil und Befreiung“, so Franziskus.

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„Heil. Auf seiner Reise von Beerscheba nach Haran beschließt Jakob, an einem einsamen Ort anzuhalten und sich auszuruhen. Im Traum sieht er eine Treppe, die auf der Erde steht und deren Spitze bis zum Himmel reicht (vgl. Gen 28,10-22a). Die Treppe, auf der die Engel Gottes auf- und niedersteigen, stellt jene Verbindung zwischen dem göttlichen und dem menschlichen Bereich dar, die geschichtlich in der Menschwerdung Christi Wirklichkeit wird (vgl. Joh 1,51),“ erläutert Franziskus die Lesung aus dem Buch Genesis.

Eine Verbindung zum Himmel

 

Die Menschwerdung Christi, so fuhr der Papst fort, sei „das liebevolle Geschenk“, in dem der himmlische Vater sich und sein Heil offenbart, während die Treppe als „Allegorie“ dieser göttlichen Initiative diene, die dem menschlichen Handeln zuvorkomme.

„Angesichts dieser Offenbarung vollzieht Jakob einen Akt des Vertrauens in den Herrn, der in dem Versprechen, Gott die Ehre zu erweisen und ihn anzubeten, seinen Ausdruck findet und einen wesentlichen Moment in der Heilsgeschichte darstellt. Er bittet den Herrn, ihn auf dem schwierigen Weg zu behüten, den er zu gehen hat, und er sagt: ,Dann wird der Herr für mich Gott sein' (Gen 28,21).“

„Mein Gott, auf dich vertraue ich“

Auch im Psalm, so erinnerte Franziskus, habe die Gemeinde in Anlehnung an die Worte des Patriarchen Jakob wiederholt: „Mein Gott, auf dich vertraue ich“: „Er ist unsere Zuflucht und unsere Festung, er ist uns Schild und Schutz, ein Anker in den Momenten der Prüfung.“ Denn gerade in Situationen der Bedrängnis und angesichts der Erkenntnis, dass die weltlichen Sicherheiten von geringem Wert seien, so betonte Franziskus, werde unser Gebet reiner: „Nur Gott reißt die Himmel auf für die, die auf Erden leben. Nur Gott rettet.“

Im Evangelium des Tages spricht Matthäus von dem Synagogenvorsteher, der Jesus verzweifelt darum bittet, seine tote Tochter wieder auferstehen zu lassen, und von der kranken Frau, die heimlich Jesus berührt, um sich von ihm heilen zu lassen (vgl. Mt 9,18-26). Beide vertrauen voller Glauben darauf, dass Jesus ihnen helfen kann:

„Totales und extremes Vertrauen“

„Und dieses totale und extreme Vertrauen ist es, was den Synagogenvorsteher und die kranke Frau im Evangelium verbindet. Es sind Ereignisse der Befreiung. Beide kommen zu Jesus, um von ihm das zu erhalten, was niemand sonst ihnen geben kann: die Befreiung von Krankheit und Tod.“

Jesus macht keinen Unterschied dabei, von welcher Seite er um Hilfe angefleht wird: sowohl die Tochter einer hochgestellten Persönlichkeit als auch eine als unrein angesehene Frau werden durch ihn gerettet. „Ihre Not macht sowohl die Frau als auch das Mädchen zu ,Letzten‘, die zu lieben und aufzurichten sind,“ hebt Franziskus hervor. Und genau diese „Letzten“, die sich in vielerlei Arten von Armut ausrückten, sollten die Jünger nach dem Wunsch Jesu an erste Stelle setzen, erinnert der Papst:

„An diesem sechsten Jahrestag meines Besuchs in Lampedusa bin ich mit meinen Gedanken bei diesen ,Letzten'“

„An diesem sechsten Jahrestag meines Besuchs in Lampedusa bin ich mit meinen Gedanken bei diesen ,Letzten', die jeden Tag zum Herrn schreien und darum bitten, von den Übeln befreit zu werden, die sie quälen. Die Letzten, das sind die, die getäuscht und verlassen werden, um in der Wüste zu sterben; die Letzten sind die, die in Gefangenenlagern gefoltert, missbraucht und verletzt werden; die Letzten sind die, die den Wellen eines erbarmungslosen Meeres trotzen; die Letzten sind die, die zu lange in Auffanglagern gelassen werden, als dass man ihren Aufenthalt dort als temporär bezeichnen könnte. Dies sind nur einige von diesen Letzten, die zu lieben und aufzurichten Jesus uns aufgetragen hat.“

„Sie sind Menschen“

Doch die „bestehenden Peripherien“ unserer Städte seien leider nur allzu dicht besiedelt mit „ausgegrenzten, unterdrückten, diskriminierten, missbrauchten, ausgebeuteten, verlassenen, armen und leidenden Menschen“, gab Franziskus zu bedenken: „Im Geiste der Seligpreisungen sind wir berufen, ihre Leiden zu lindern und ihnen mit Barmherzigkeit zu begegnen; ihren Hunger und Durst nach Gerechtigkeit zu stillen; sie die fürsorgliche Väterlichkeit Gottes spüren zu lassen; ihnen den Weg zum Himmelreich zu zeigen. Sie sind Menschen, es geht hier nicht nur um Fragen des Sozialen oder der Migration! ,Es geht nicht nur um Migranten', in dem doppelten Sinne nämlich, dass Migranten in erster Linie Menschen sind und dass sie heute ein Symbol für alle sind, die von der globalisierten Gesellschaft als Abfall behandelt werden.“

Hilfe für die Schwächeren anbieten

Das Bild der Jakobsleiter mache deutlich, dass – durch Jesus Christus – der Zugang in den Himmel für alle gesichert sei, fuhr Franziskus fort. Doch das „Emporsteigen“ auf diesen Stufen erfordere „Engagement, Anstrengung und Gnade“ und Hilfe für die Schwächeren, denen es nicht allein gelänge, die Leiter zu erklimmen: „Mir gefällt der Gedanke, dass wir jene Engel sein könnten, die auf- und niedersteigen und die Kleinen, die Lahmen, die Kranken, die Ausgeschlossenen in ihre Obhut nehmen: die Letzten, die sonst zurückbleiben würden und nur das Elend dieser Welt zu sehen bekämen, ohne jetzt schon etwas vom himmlischen Licht mitzubekommen.“

Dank für die Solidarität untereinander

Dieser großen Verantwortung könne sich niemand entziehen, der den Auftrag der Erlösung und Befreiung erfüllen wolle, zu dem wir berufen seien, schloss Franziskus seine Predigt, nicht ohne würdigend darauf hinzuweisen, dass viele der Migranten, die bereits länger im Land seien, ihre neu angekommenen Brüdern und Schwestern unterstützten: „Ich möchte euch für dieses schöne Zeichen der Menschlichkeit, Erkenntlichkeit und Solidarität meinen Dank aussprechen.“

(vatican news - cs)

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Eindrücke von der Messe
08. Juli 2019, 11:59