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Den Blick immer auf die gesamte Kirche gerichtet: Papst Franziskus bei der Generaudienz auf dem Petersplatz Den Blick immer auf die gesamte Kirche gerichtet: Papst Franziskus bei der Generaudienz auf dem Petersplatz 

Papstbrief: Ermutigung und Mahnung zum synodalen Weg

Eine Würdigung der Kirche in Deutschland, Warnungen vor Alleingängen und die Zentralität des Heiligen Geistes für die Erneuerung der Kirche: Papst Franziskus bietet seine Unterstützung für den synodalen Weg der Kirche in Deutschland an und schreibt einen Brief.

Pater Bernd Hagenkord - Vatikanstadt

Der Vatikan und die Deutsche Bischofskonferenz veröffentlichten den im Original spanisch verfassten Papstbrief an diesem Samstag, am Wochenbeginn war er bei der Vorbereitungssitzung für den synodalen Weg in Berlin den Bischöfen übergeben worden.

„Wir sind uns alle bewusst, dass wir nicht nur in einer Zeit der Veränderungen leben, sondern vielmehr in einer Zeitenwende, die neue und alte Fragen aufwirft, angesichts derer eine Auseinandersetzung berechtigt und notwendig ist“: Gleich zu Beginn seines Briefes macht Papst Franziskus klar, dass ihm die Dramatik der Situation klar ist. Zu den anstehenden Überlegungen bietet der Papst seine Unterstützung an.

Zum Nachhören

Seine Perspektive auf die Frage ist die der Einheit der Kirche: „Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten,“ das ist Mahnung und Ermutigung zugleich.

Großherzig und ökumenisch

Der Papst beginnt seinen Brief damit, dass er zwei der großen Stärken und Charakteristiken der Kirche in Deutschland aufzeigt, „die katholischen Gemeinden in Deutschland in ihrer Diversität und Pluralität sind weltweit anerkannt für ihr Mitverantwortungsbewusstsein und ihre Großzügigkeit“, so der Papst. Es sei eine Kirche der ausgestreckten Hand. Zweitens weist er auf den „eingeschlagenen ökumenischen Weg“ besonders hin.

Zu diesen positiven Eigenschaften gesellt sich an dritter Stelle der Grund der Zeitenwende: „Heute indes stelle ich gemeinsam mit euch schmerzlich die zunehmende Erosion und den Verfall des Glaubens fest mit all dem, was dies nicht nur auf geistlicher, sondern auch auf sozialer und kultureller Ebene einschließt,“ ein facettenreicher und „weder bald noch leicht zu lösender Rückgang“, wie der Papst schreibt.

Der synodale Weg

Die Kirche in Deutschland wolle deswegen einen synodalen Weg gehen - ein Anliegen, das Papst Franziskus mit Verweis auf den von ihm neu geprägten Begriff der Synodalität aufgreift. Ausdrücklich betont er die „doppelte Perspektive“ einer Synodalität erst „von unten nach oben“, dann erst komme die „Synodalität von oben nach unten“. Der Alltag und das Leben vor Ort hätten also Vorrang.

Hier klingt im Brief das Thema an, das im weiteren Verlauf aus verschiedenen Perspektiven immer wieder betont wird: die Zentralität des Glaubens, der Verkündigung und vor allem des Heiligen Geistes in diesem Prozess. Übersetzt in den Alltag: „Dies regt das Entstehen und Fortführen von Prozessen an, die uns als Volk Gottes aufbauen, statt nach unmittelbaren Ergebnissen mit voreiligen und medialen Folgen zu suchen, die flüchtig sind wegen mangelnder Vertiefung und Reifung oder weil sie nicht der Berufung entsprechen, die uns gegeben ist.“ Überhaupt schwingt in seinen Überlegungen immer wieder die seit Evangelii Gaudium 2013 geäußerte Warnung vor falscher Reform mit.

Mut

Um den synodalen Weg in diesem Sinn zu gehen, brauche es vor allem Mut, fährt der Papst fort. Gleichzeitig brauche es aber auch Aufmerksamkeit, um nicht in eine der Fallen zu tappen, die sich auf dem Weg stellten. Franziskus nennt sie wie immer „Versuchungen“.

„Die Grundlage dieser Versuchung ist der Gedanke, die beste Antwort angesichts der vielen Probleme und Mängel bestehe in einem Reorganisieren der Dinge, in Veränderungen und in einem ‚Zurechtflicken‘, um so das kirchliche Leben zu ordnen und glätten, indem man es der derzeitigen Logik oder jener einer bestimmten Gruppe anpasst.“ Ein organisierter kirchlicher Organismus löse nichts, es brauche auch den „Biss des Evangeliums“, dessen Frische.

Einheit der einen Kirche

Zur Versuchung der reinen Organisation tritt im Brief diejenige, es alleine zu probieren. Papst Franziskus warnt davor und betont immer wieder die Einheit der Kirche und der Glaubenden. Ohne diese Einheit könne es einen solchen Weg nicht geben.

Klug müsse man vorgehen, der vernunftgemäße Blick auf die Probleme habe seine Bedeutung. Darin erschöpfe sich aber nicht „unser Gläubig-Sein“, kehrt der Papst zu seiner Zentralbotschaft zurück: der „pastoralen Bekehrung“.

Bekehrung

Verkündigung, Evangelisierung müsse das „Leitkriterium schlechthin“ sein, auch und gerade im Umgang mit den Problemen. „Ein wahrer Wandlungsprozess beantwortet, stellt aber zugleich auch Anforderungen, die unserem Christ-Sein und der ureigenen Dynamik der Evangelisierung der Kirche entspringen“. Vieles aus diesem Teil des Briefes liest sich wie eine Anwendung der Gedanken von Evangelii Gaudium auf eine konkrete Situation, hier erkennt man das Zentralanliegen des Pontifikats.

„Die so gelebte Evangelisierung ist keine Taktik kirchlicher Neupositionierung in der Welt von heute“, so Papst Franziskus weiter. „Sie ist keine „Retusche“, die die Kirche an den Zeitgeist anpasst, sie aber ihre Originalität und ihre prophetische Sendung verlieren lässt. Auch bedeutet Evangelisierung nicht den Versuch, Gewohnheiten und Praktiken zurückzugewinnen, die in anderen kulturellen Zusammenhängen einen Sinn ergaben“: Eine doppelte Absage an diejenigen, die das Heil in Anpassung oder Traditionalismen suchen wollen.

Konkret

Um nicht nur abstrakt zu bleiben, nennt der Papst die Ziele einer echten Reform. Herausgehen, um den Schwestern und Brüdern zu begegnen, vor allem denen am Rande, den Schwachen. Und das in einer Kultur, „da wir immer neu ausländerfeindlichen Reden gegenüberstehen“, der Kultur des Wegwerfens.

Das gelte auch für den Modus der Debatten. „Die synodale Sichtweise hebt weder Gegensätze oder Verwirrungen auf“, noch ordne sie Konflikte falschen Kompromissen unter.

Nicht verschleiern, nicht ignorieren

„Die anstehenden Herausforderungen, die verschiedenen Themen und Fragestellungen können nicht ignoriert oder verschleiert werden; man muss sich ihnen stellen, wobei darauf zu achten ist, dass wir uns nicht in ihnen verstricken und den Weitblick verlieren, der Horizont sich dabei begrenzt und die Wirklichkeit zerbröckelt.“ So fasst der Papst sein Verständnis eines synodalen Weges zusammen. Alle, besonders die „Einfachen und Kleinen“ müssten Gehör finden.

„In den Seligpreisungen zeigt der Herr uns den Weg“, schließt der Papst seine Unterstützung für den synodalen Weg.

(vatican news)

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29. Juni 2019, 11:30