Papst Franziskus bei seinem Pressegespräch im Flugzeug Papst Franziskus bei seinem Pressegespräch im Flugzeug 

Papst: Europa darf sich nicht vom Pessimismus besiegen lassen

Die Einheit Europas stand ganz oben auf der Tagesordnung des Pressegesprächs beim Rückflug aus Rumänien. Papst Franziskus wünscht sich, dass Politiker nicht Hass und Angst säen, sondern Hoffnung. Um 18.11 Uhr war der Flieger mit dem Papst aus Sibiu kommend in Rom gelandet.

„Danke dem Regen!“ Er habe wegen des Wetters viele Strecken im Auto zurück legen müssen und deswegen viel von Rumänien gesehen und das sei eine wunderbare Erfahrung gewesen – gut gelaunt präsentierte sich Papst Franziskus den Journalisten beim kurzen Rückflug. Die Fragen der Mitreisenden kreisten um Europa, aber auch um italienische Politik und die Frage, warum Orthodoxe und Katholiken wie auch in Rumänien wieder nicht gemeinsam beten könnten.

Europa

Was er tue um sich gegen die Tendenz in Europa zu wenden, die es vorziehen, alleine und nicht gemeinsam die Zukunft zu suchen? „Entschuldigen Sie, wenn ich mich selber zitiere, aber das mache ich doch schon“, wandte der Papst ein. „Ich habe in Straßburg darüber gesprochen und beim Karlspreis und vor den Staats- und Regierungs-Chefs der EU“. Wenn Europa angesichts der zukünftigen Herausforderungen nicht stark sei, werde es verkümmern, so Franziskus. Die Spaltung durch die Grenzen müsse überwunden werden und die Idee der Gründer der EU wieder aufgenommen werden, sonst könne das das Ende des „Abenteuers“ bedeuten, das vor 70 Jahren begann.

Zum Nachhören

Jedes Land habe seine eigene Identität und die müsse geschützt werden, das sei wahr, „aber Europa darf sich nicht vom Pessimismus und von den Ideologien besiegen lassen. … Denken wir an das geteilte Europa, lernen wir aus der Geschichte, gehen wir nicht zurück!“

Ein Treffen mit Salvini?

Ein ähnliches Thema griffen eine Journalistin auf, als sie nach der politischen Situation in Italien fragte. Seit einiger Zeit kommentieren die Medien die Tatsache, dass der Papst angeblich Innenminister Matteo Salvini nicht empfangen wollen. Der hatte im Wahlkampf seinerseits religiöse Symbolik benutzt und war von italienischen Kirchenvertretern kritisiert worden.

Er habe vom Vizepremier [Salvini] keine Anfrage um eine Audienz erhalten, antwortete Papst Franziskus. Was den Wahlkampf und die religiöse Symbolik anging, halte er sich da raus, er könne sich nicht zum Wahlkampf der einen oder der anderen Partei äußern. „Ich bete für alle, dass Italien vorangeht und dass sich die Italiener vereinen, dass sie in ihrem Engagement loyal sind.“

Aber eine Spitze hatte er dann doch für die Politik, weltweit und nicht auf Italien gerichtet: „Es gibt die Krankheit der Korruption in der Politik vieler Länder, überall, überall, überall“, so Franziskus. „Wir müssen den Politikern helfen, ehrlich zu sein und nicht mit unehrlichen Slogans, Verleumdungen, Skandalen und so oft mit Hass und Angst zu kämpfen. Das ist schrecklich. Der Politiker darf nicht Hass und Angst säen, sondern Hoffnung.“

Ökumene

Auch die Ökumene war ein Thema beim Pressegespräch. Am ersten Tag der Reise hatte der Papst in der Kathedrale der orthodoxen Kirche Rumäniens das Vaterunser gebetet, aber die beiden Kirchen hatten nicht gemeinsam, sondern nacheinander gebetet.

Es brauche Beziehungen „der ausgestreckten Hand“, ging der Papst auf die Ökumene-Frage ein. Wie auch schon bei der vergangenen Reise nach Nord-Mazedonien und Bulgarien lobte er ausdrücklich den orthodoxen Patriarchen, „einen großherzigen Mann und großen Gelehrten“.

Das Volk betet gemeinsam

Gemeinsam unterwegs zu sein bedeute aber nicht, dass das schon das Ende der Geschichte sei. Christen seien auch in Rumänien gemeinsam gestorben, niemand habe gefragt ob sie katholisch, evangelisch oder orthodox seien. Es gebe außerdem eine Ökumene des Helfens. „Gemeinsam gehen, aber nicht darauf warten, dass sich die Theologen auf eine gemeinsame Eucharistie einigen“, wiederholte er einen von ihm schon oft gemachten Aufruf. „Ökumene geschieht gemeinsam in Werken der Nächstenliebe“.

Was das nicht gemeinsam gesprochene Gebet anging habe er beobachtet, dass die meisten Leute die dabei waren beide Sprachen gebetet hätten [Latein mit dem Papst und Rumänisch mit dem Patriarchen]. „Die Menschen gehen oft weiter als wir Oberhäupter.“ Es brauche ein Gleichgewicht um sicher zu gehen, dass man auch wirklich gemeinsam gehe, „aber das Volk betet gemeinsam und auch wie beten, wenn wir unter uns sind, gemeinsam. Das ist eine Erfahrung, die ich mit vielen Pastören und Orthodoxen gemacht habe.“

Papst emeritus Benedikt XVI. und die Tradition

„Jedes Mal, wenn ich zu ihm gehe, lasse ich ihn sprechen. Er spricht wenig, er spricht langsam aber mit der gleichen Tiefe wie immer, er hat eine große Klarheit und ihn sprechen hörend werde ich stark“: so ging Papst Franziskus auf sein Verhältnis zu seinem Vorgänger ein. Auch in Rumänien hatte er immer wieder betont, wie wichtig die Alten seien, damit man seine Wurzeln nicht vergesse, in gewissem Sinn sei das auch bei ihm und dem Papst emeritus so.

Franziskus zitierte Gustav Mahler: „Tradition ist die Garantie für die Zukunft und nicht der Schutz der Asche". Tradition bewache nicht die Asche, das sei die Sehnsucht der Integralisten, sondern sei die Wurzel, die einen Baum wachsen lasse. „Wenn junge Menschen Wurzeln haben, können Großeltern träumen". 

Reise Nr. 30

Es war die 30. Auslandsreise von Franziskus; schon mehrere dieser Reisen führten ihn seit seiner Wahl 2013 auf den Balkan. In Rumänien hat er sich um gute Kontakte zur orthodoxen Mehrheitskirche bemüht, Roma wegen Diskriminierungen im Lauf der Geschichte um Vergebung gebeten und Opfer der Christenverfolgung zur Zeit des kommunistischen Regimes geehrt.

Nach seiner Ankunft war der Papst direkt in die Kirche Santa Maria Maggiore gefahren, wie er es beim Abschluss Reisen immer tut, um ein Dankgebet zu sprechen.

(vn -ord)

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02. Juni 2019, 20:30