Papst Franziskus: Wenn aus Chaos Kosmos wird

Für eine geistgewirkte Einheit ohne „Gleichmacherei“ hat sich Papst Franziskus am Pfingstsonntag ausgesprochen. Bei einer feierlichen Messe mahnte er, die Kirche solle nicht glauben, sie könne schon irgendwie ohne den Heiligen Geist auskommen. Und sie dürfe sich nicht in ein „Nest“ oder gar in eine „Sekte“ verwandeln…

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Franziskus zelebrierte bei strahlendem Sonnenschein auf dem Petersplatz; die Sitzreihen der Pilger waren allerdings etwas schütter besetzt. „Komm, Schöpfer Geist“ sangen die Menschen – darunter viele Mitglieder der katholischen „Charismatischen Erneuerung“ – auf Latein. Die erste Fürbitte für die Kirche wurde auf Chinesisch vorgetragen, und die Frau, die die japanische Fürbitte vortrug, hatte blaugefärbte Haare... was vielleicht ein Novum bei einer Papstmesse ist.

Die Predigt des Papstes kreiste um das Thema Harmonie. „Heute, in der Eile, die unsere Zeit uns auferlegt, scheint es, dass die Harmonie kaum mehr eine Rolle spielt: zwischen tausend Seiten hin- und hergerissen, riskieren wir zu platzen unter dem Druck einer ständigen Nervosität, die uns auf alles schlecht reagieren lässt. Und dann sucht man eine schnelle Lösung, nimmt eine Tablette nach der anderen, um weitermachen zu können, man braucht einen Nervenkitzel nach dem anderen, um sich lebendig zu fühlen.“

Ohne den Heiligen Geist löst sich das christliche Leben auf

Aber diesem Gehetze kann Papst Franziskus nichts abgewinnen. Wir bräuchten, „mehr als alles andere“, den Heiligen Geist, um eine Linie in unser Leben zu bringen.

„Er ist es, der in der Hektik Ordnung schafft. In der Unruhe schenkt er Frieden, in der Entmutigung Vertrauen, in der Traurigkeit Freude, im Alter Jugend, in der Prüfung Mut. Er ist derjenige, der in den stürmischen Strömungen des Lebens den Anker der Hoffnung setzt. Es ist der Geist, der uns, wie der heilige Paulus heute sagt, daran hindert, wieder in Angst zu verfallen, weil er uns spüren lässt, dass wir geliebte Kinder sind (vgl. Röm 8,15). Es ist der Tröster, der uns die Zärtlichkeit Gottes übermittelt.“

Ohne den Heiligen Geist löse sich das christliche Leben auf, sagte der Papst, denn dann fehle „die Liebe, die alles zusammenhält“.

„Ohne den Geist bleibt Jesus eine Figur der Vergangenheit, mit dem Heiligen Geist ist er eine heute lebende Person; ohne den Geist ist die Heilige Schrift toter Buchstabe, im Heiligen Geist ist sie Wort des Lebens. Ein Christentum ohne den Heiligen Geist ist ein freudloser Moralismus; mit dem Heiligen Geist ist es Leben.“

„Es bringt nichts, darum zu wissen, dass der Auferstandene lebt, wenn man nicht selbst als Auferstandener lebt“

Dabei sei der Heilige Geist nicht etwa „eine abstrakte Sache“, sondern er sei „Person, äußerst konkret, ganz nah“. Er verändere unser Leben – was nicht bedeute, dass er es leichter mache. Nein, er ändere uns von innen her.

„Es bringt nichts, darum zu wissen, dass der Auferstandene lebt, wenn man nicht selbst als Auferstandener lebt. Und es ist der Geist, der Jesus in uns leben und wiederaufleben lässt, der uns im Inneren wieder zum Leben erweckt. Deshalb wiederholt Jesus, als er den Seinen begegnet: »Friede sei mit euch!« (Joh 20,19.21), und er schenkt den Heiligen Geist.“

Nicht frei von Problemen, sondern frei in den Problemen

Der Friede bestehe nicht darin, „dass die äußeren Probleme sich in Luft auflösen“, sondern dass man den Heiligen Geist empfange. „Dieser Friede, der den Aposteln zuteilwurde, dieser Friede, der uns nicht von Problemen befreit, sondern in den Problemen frei macht, ist ein Angebot an einen jeden von uns. Es ist ein Friede, der das Herz den Tiefen des Meeres ähnlich sein lässt, wo immer Ruhe herrscht, auch wenn die Wellen an der Oberfläche wogen.“

Auch zwischen den Menschen bringe der Heilige Geist Frieden, fuhr Papst Franziskus fort. Gerade aus den Unterschieden errichte er die Einheit. Er sei „ein Spezialist darin, Chaos in Kosmos zu verwandeln und alles in Einklang zu bringen“.

„In der Welt von heute sind Disharmonien zu echten Spaltungen geworden: Es gibt diejenigen, die zu viel haben, und diejenigen, die nichts haben, es gibt diejenigen, die versuchen, hundert Jahre zu leben, und diejenigen, die nicht einmal geboren werden. Im Zeitalter der Computer bleibt man auf Distanz: man ist mehr „social“, aber weniger sozial. Wir brauchen den Geist der Einheit, der uns als Kirche, als Volk Gottes und als brüderliche Menschheit erneuert.“

(vatican news – sk)
 

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Eindrücke von der Papstmesse am Pfingstsonntag
09. Juni 2019, 09:22