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Marokko: Der Papst und die Vision eines toleranten Islam

Im Marokko-Programm von Papst Franziskus kam natürlich auch der Islam vor – aber auf eine etwas verhuschte Weise. Der Papst und König Mohamed VI. besuchten am Samstagabend ein Predigerseminar in Rabat, an dem Imame (männliche und weibliche!) ausgebildet werden. Keiner von beiden hielt dabei allerdings eine Ansprache.

Von unserem Korrespondenten Olivier Bonnell

Trotzdem misst der Priester Vincent Féroldi der Visite im Mohamed-VI.-Zentrum, das erst seit vier Jahren besteht, große Bedeutung bei. Féroldi ist der Verantwortliche der französischen Bischöfe für den Dialog mit dem Islam.

„Das ist ein Institut, an dem über 1.500 Personen studieren – viele natürlich aus Marokko selbst, aber eben auch viele aus dem Afrika südlich der Sahara und sogar aus Europa. Aus Frankreich zum Beispiel kommen mehrere Dutzend junger Leute, die sich hier zum Imam ausbilden lassen. Unter den Studenten sind auch Frauen, die hier lernen, wie sie das Gebet der Frauen leiten können.“

Islam hat ein Volk von Stämmen zusammengeführt

Mohamed VI. ist ein Nachfahre des islamischen Propheten Mohammed – und steht, anders als Saudi-Arabien oder Katar, für einen toleranten, weltoffenen Islam. Er ist nicht nur weltliches, sondern auch religiöses Oberhaupt: „Emir al-muminin“, Kommandeur der Gläubigen.

„Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Marokko vor allem ein aus Stämmen gebildetes Land. Der Sultan Mohammed V. hat darum die religiöse Komponente des „Kommandeurs der Gläubigen“ besonders herausgestrichen, um dadurch die Einheit Marokkos herzustellen. Heute ist also der marokkanische Herrscher auch Religionsführer – das hat er gewissermaßen mit dem Papst gemeinsam, der ja auch religiöses und zugleich Staatsoberhaupt ist. Hier versuchen im Moment also zwei Staats- und Religionschefs, nicht nur für Marokko, sondern für viele Gesellschaften unserer Zeit die Vision einer friedlichen und geschwisterlichen Welt zu zeichnen.“

„Das passt ziemlich genau zu Abu Dhabi…“

Selbstmordattentate in Casablanca und Marrakesch haben seit Beginn des Jahrhunderts gezeigt, dass Terrorismus auch für Marokko ein Problem werden könnte. Mit der Ausbildung nicht-fundamentalistischer Imame will der König da gegensteuern.

„Marokko war in der Vergangenheit ein Land der Toleranz und der Aufnahme von Fremden. Auch heute will es dafür sorgen, dass die islamische Religionsausübung im Land nicht das Klima des Respekts und des friedlichen Zusammenlebens trübt. Das passt ziemlich genau zu den Bemühungen von Papst Franziskus und zu dem Dokument, das er Anfang Februar in Abu Dhabi mit dem Großscheich (der al-Azhar-Universität) al-Tayyeb unterzeichnet hat.“

Für den französischen Geistlichen ist es wichtig, dass der Papstbesuch in die Zeit kurz nach dem verheerenden Anschlag auf Muslime in Neuseeland fällt. Die Bilder vom anderen Ende der Welt hätten viele Muslime in Marokko tief verstört, da werde jetzt der Papstbesuch als Element für einen Heilungsprozess empfunden.

(vatican news - sk)
 

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31. März 2019, 15:23