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Papst Franziskus begrüßt beim Pastoralbesuch in einer römischen Vorstadtpfarrei kranke und alte Menschen Papst Franziskus begrüßt beim Pastoralbesuch in einer römischen Vorstadtpfarrei kranke und alte Menschen 

Papst in Vorstadtpfarrei: „Die Stärke liegt in der Gemeinschaft“

Allein sind wir oft zum Scheitern verurteilt. Gemeinsam aber sind wir stark, können den Widerständen trotzen, unser Leben in den Griff bekommen. Das sagte Papst Franziskus am Sonntagabend beim Pastoralbesuch in der römischen Pfarrei San Crispino da Viterbo.

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Als Papst Franziskus am Nachmittag in San Crispino da Viterbo ankam, wurde er von gelb-blauen Willkommensplakaten und einer sichtlich begeisterten Menschenmenge schon ungeduldig erwartet. Pfarrer Luciano Cacciamani hatte ihm seine Pfarrei als „klein, aber aktiv“ vorgestellt: eine „große Familie“. Es gebe dort viele Menschen, die wirtschaftliche Schwierigkeiten hätten, viele Obdachlose. Aber auch sehr viele großzügige Gemeindemitglieder, die überall helfen würden, wo Not am Mann sei.

Auf dem Programm standen neben einem Treffen mit Kindern und Jugendlichen, die sich auf die Kommunion und die Firmung vorbereiten, auch eine Gesprächsrunde mit älteren Menschen, sowie eine Begegnung mit Armen und Obdachlosen. Höhepunkt und Ausklang des Besuches bildete die heilige Messe am späten Nachmittag.

Im Mittelpunkt der Predigt von Papst Franziskus stand ein Satz aus dem Lukasevangelium: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ (Lk 6,41).

Geschwätz sät Zwietracht

Nur allzu gern würden wir uns über die Fehler der anderen den Mund zerrreissen, darauf seien wir geradezu „spezialisiert“, warnte der Papst. Doch darin liege auch eine große Gefahr: „Geschwätz endet nicht mit Geschwätz; es geht darüber hinaus, es sät Zwietracht, Feindschaft, es sät Böses. Kriege beginnen mit der Zunge – und glaubt mir, das ist nicht übertrieben! Man zieht über andere her und beginnt einen Krieg. Einen Schritt in Richtung Krieg, eine gezielte Zerstörung. Weil es nämlich ein und dasselbe ist, ob man jemanden mit der Zunge oder mit der Atombombe zerstört. Du zerstörst. Wie eine Atombombe hat auch die Zunge die Macht, zu zerstören.“

Die Fastenzeit biete sich dazu an, Gewissenserforschung zu betreiben, riet Franziskus: „Wie gehe ich mit anderen Menschen um? Bin ich ein Heuchler, lache ich ihnen ins Gesicht und ziehe hinter ihrem Rücken über sie her? Zerstöre ich mit meiner Zunge?“, müssten wir uns fragen.

Sich einfach dann und wann auf die Zunge beissen...

Und dafür schlug der Papst zwei Hilfsmittel vor: erstens das Gebet – und zweitens etwas, das eigentlich immer dann, wenn wir versucht sind, unserem losen Mundwerk freien Lauf zu lassen, das Naheliegendste ist, nämlich sich einfach dann und wann auf die Zunge beißen.

Vor der Messe traf Franziskus Kinder und Jugendliche, die sich auf die Kommunion und die Firmung vorbereiten. Die jüngeren hatten ein Lied und einen Brief für den Papst vorbereitet, die älteren stellten ihm Fragen. Dabei ging es auch um das Thema des Bösen, den Teufel. Der Teufel sei der „Vater der Lüge“, erklärte Franziskus: derjenige, der das Gegenteil von dem tue, was die Gebote forderten. Jesus dagegen sei gut und sage immer die Wahrheit. Als Schutz vor dem Teufel empfahl Franziskus den Kindern, sich an die Muttergottes zu wenden, im Gespräch mit den Katechisten, der Familie, Rat zu suchen.

Kinder brauchen Begleitung - mit dem nötigen Abstand

Für die jungen Eltern von Kindern, die gerade getauft worden sind, hatte Franziskus einen praktischen Rat parat. Kinder müsse man begleiten, stets an ihrer Seite sein –  dabei aber immer ein bisschen Abstand halten, damit sie sich frei fühlen könnten: „Das ist die Weisheit, die ihr alle habt: sie wachsen lassen, damit sie sich als eigene Person fühlen können – aber mit der Gewissheit, beschützt zu sein.“

Bei der Begegnung mit den Armen und Obdachlosen, die Franziskus bekanntlich besonders am Herzen liegen, kam es zu rührenden Szenen. In der römischen Vorstadt-Pfarrei leben viele arme Menschen, die von verschiedenen Hilfswerken betreut werden, darunter auch der Neokatechumenale Weg und die Sant'Egidio-Gemeinschaft. „Allein sind wir schwach,“ stellte der Papst im Gespräch mit ihnen heraus. „Wenn wir allein sind, sind wir oft zum Scheitern verurteilt. Gemeinsam aber sind wir stark. Stark, um den Widerständen zu trotzen, das Leben in den Griff zu bekommen. Die Stärke liegt in der Gemeinschaft.“

Das Alter ist wie ein guter Wein, der mit den Jahren immer besser wird

Bei der Begegnung mit alten Menschen betonte Franziskus den Reichtum, der im letzten Lebensabschnitt eines Menschen liegt: „Den Älteren möchte ich sagen, dass das Alter keine schlechte Sache ist: Sie wollen es schlecht machen, aber es ist nicht schlecht. Wenn man es gut lebt, ist das Alter wie ein guter Wein, der mit den Jahren immer besser wird. Aber es geht nicht darum, das Leben für uns zu haben – wir müssen es anderen anbieten, unsere Weisheit den anderen anbieten – und mit den jungen Menschen reden!”

Hintergrund

Die Pfarrei San Crispino da Viterbo wurde 1973 durch Dekret von Kardinal Vicario Poletti während des Pontifikats von Paul VI. gegründet und dem Diözesanklerus anvertraut. In dem Bezirk, der an der Via Flaminia in der Nähe des Tiber liegt, leben ca. sechstausend Menschen. Das letzte Mal, dass die Gemeinschaft päpstlichen Besuch erhielt, liegt lange zurück. 1983 kam Johannes Paul II. in die Pfarrei, die nach Crispinus von Viterbo benannt ist. Am 20. Juni 1982 hat der polnische Papst den Kapuziner aus dem 17. Jahrhundert heilig gesprochen.

(vatican news)

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04. März 2019, 13:24