Die erste Generalaudienz des neuen Jahres wurde durch Darbietungen des  kubanischen Nationalzirkus aufgelockert Die erste Generalaudienz des neuen Jahres wurde durch Darbietungen des kubanischen Nationalzirkus aufgelockert 

Generalaudienz: Kinder des Vaters im Himmel sein

Das christliche Gebet hat nur einen glaubwürdigen Zeugen: das eigene Gewissen. Der Christ, der Gott „Vater“ nennt, braucht nicht die Bewunderung der anderen. Er weiß, dass jedes Wort Gottes bis zur letzten Konsequenz gelebt werden muss. Das sagte Papst Franziskus bei der Generalaudienz an diesem Mittwoch, bei der er seine Katechesereihe zum „Vaterunser“ wiederaufgriff.
Zum Nachhören

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Das Matthäusevangelium stelle den Text des „Vaterunser“ an einen strategischen Punkt, nämlich in die Mitte der Bergpredigt, führte Franziskus aus. Das sei gerade deshalb so bedeutungsvoll, weil Jesus in der Bergpredigt die grundlegenden Aspekte seiner Botschaft verdichte.

In den Seligpreisungen werden die üblichen Maßstäbe auf den Kopf gestellt

„In den Seligpreisungen preist Jesus Menschen, die sich zu seiner – aber auch in unserer – Zeit keiner großen Beliebtheit erfreuten: Selig sind die Armen, die Sanftmütigen, die Barmherzigen, diejenigen, die reinen Herzens sind. Das Evangelium ist revolutionär, es fordert uns heraus... Hier werden die üblichen Maßstäbe auf den Kopf gestellt und die Neuheit des Evangeliums tritt hervor: in den Seligpreisungen werden die Unbedeutenden, die Ausgegrenzten zu Protagonisten beim Aufbau des Reiches Gottes.“

Es gehe also nicht mehr um die äußere Erfüllung des Gesetzes, sondern um die Wiederentdeckung seines ursprünglichen Sinns, gab Franziskus zu bedenken. Wenn ein Mensch ein gutes Herz habe, ein Herz, das zu lieben vermag, dann verstehe er auch, dass jedes Wort Gottes bis zur letzten Konsequenz gelebt werden muss.

„Ein Christ ist nicht einer, der besser sein will als die anderen. Er weiß, dass er ein Sünder ist wie alle anderen“

„Die Liebe hat keine Grenzen: Man kann seinen Ehepartner, seinen Freund, ja sogar seinen Feind mit einer ganz neuen Perspektive lieben,“ erläuterte der Papst in Anlehnung an die Worte Jesu: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet“ (Mt 5, 44-45).

Seid Kinder eures Vaters im Himmel: Dies sei das große Geheimnis, das Bewusstsein, das der Bergpredigt zugrunde liege, betonte Franziskus.

„Ein Christ ist nicht einer, der besser sein will als die anderen. Er weiß, dass er ein Sünder ist wie alle anderen. Der Christ ist einfach nur der Mensch, der vor dem neuen brennenden Dornbusch steht: vor der Offenbarung Gottes. Eines Gottes, der keinen unaussprechlichen Namen trägt, sondern seine Kinder bittet, ihn Vater zu nennen, sich durch seine Kraft erneuern zu lassen und einen Widerstrahl seiner Güte hinauszutragen in diese Welt, die es so sehr dürstet nach dem Guten und nach guten Nachrichten.“

„Macht es nicht wie die Heuchler“

Jesus habe sich also schon mit den ersten Worten des Vaterunser von zwei Gruppen von Menschen seiner Zeit distanziert, unterstrich der Papst. Vor allem von den Heuchlern: „Macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden“, habe schon Jesus gewarnt. 

Zum Vater beten, der im Verborgenen ist

„Es gibt Menschen, die in der Lage sind, atheistische Gebete zu beten, Gebete ohne Gott“, beklagte Franziskus. „ Und sie tun dies, damit sie von den anderen bewundert werden. Das christliche Gebet dagegen hat nur einen glaubwürdigen Zeugen: das eigene Gewissen.“ Und in diesem Gewissen erfolge ein ständiger Dialog mit dem Vater. Nicht umsonst habe Jesus gesagt: „Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist“ (Mt 6,6).

Danach nannte Franziskus die zweite Gruppe, von der sich Jesus distanziert habe: den Heiden, die „meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen“ (Mt 6,7), obwohl „euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet“ (Mt 6,8). Wenn wir also zu Gott, unserem Vater, in solch einer familiären Beziehung stünden, brauche unser Beten weder die Bewunderung anderer, noch seien dazu viele Worte nötig, gab Franziskus zu bedenken.

Die Gunst Gottes müssen wir uns nicht erwerben

„Wie schön ist es doch zu wissen, dass unser Gott keine Opfer braucht, dass wir uns seine Gunst nicht erwerben müssen! Unser Gott braucht nichts: er bittet nur darum, dass wir im Gebet einen Kommunikationskanal mit ihm offen halten, damit wir erkennen können, wie sehr wir schon immer seine geliebten Kinder sind.“

Die Generalaudienz fand - wie meist im Januar - in der vatikanischen Audienzhalle statt. Dabei gaben einige kubanische Zirkuskünstler, die sich gerade auf Tournee in Rom aufhalten, Kostproben ihrer Kunst zum besten. 

(vatican news)

 

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02. Januar 2019, 11:33