Benedikt XVI. betet 2006 in der Todeszelle des KZ Auschwitz Benedikt XVI. betet 2006 in der Todeszelle des KZ Auschwitz 

Benedikt XVI.: „Das Heil kommt nun einmal von den Juden“

Der Wirbel um das Thema „Judenmission ja oder nein“ richtet die Scheinwerfer von neuem auf das Denken Benedikts XVI. über das Judentum. Wer sich mit seinen Schriften beschäftigt, entdeckt, dass der emeritierte Papst die Juden für das von Gott auserwählte Volk hält.
Hier zum Nachhören

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Für Christen ist im Miteinander mit Juden keine Mission angesagt, sondern Dialog, das macht Benedikt immer wieder klar. Er steht, wie er mal bei einem Besuch in der Kölner Synagoge 2005 ausgeführt hat, ganz auf dem Boden des Konzilstextes „Nostra Aetate“ über die Beziehungen zum Judentum.

„Im vierten Kapitel erinnert diese Erklärung an unsere gemeinsamen Wurzeln und an das äußerst reiche geistliche Erbe, das Juden und Christen miteinander teilen. Sowohl die Juden als auch die Christen erkennen in Abraham ihren Vater im Glauben (vgl. Gal 3,7; Röm 4,11f.) und berufen sich auf die Lehren Moses’ und der Propheten.“

‚Wer Jesus Christus begegnet, begegnet dem Judentum‘

Mehr noch: Die Spiritualität der Juden wie die der Christen speise sich aus einer gemeinsamen Quelle, nämlich den Psalmen.

„Mit dem Apostel Paulus sind wir Christen überzeugt, dass ‚Gnade und Berufung, die Gott gewährt, unwiderruflich sind‘ (Röm 11,29; vgl. 9,6.11; 11,1f.). In Anbetracht der jüdischen Wurzeln des Christentums (vgl. Röm 11,16–24) hat mein verehrter Vorgänger in Bestätigung eines Urteils der deutschen Bischöfe gesagt: ‚Wer Jesus Christus begegnet, begegnet dem Judentum‘.“

In seinen Büchern über Jesus von Nazareth hat Joseph Ratzinger – Benedikt XVI. das ausbuchstabiert. Der Ausgangspunkt des ganzen Buchprojekts ist ein gedankliches Gespräch mit einem Rabbiner, der Jesus bei der Bergpredigt zuhört. Eindringlich betont Benedikt auch, dass nicht „die Juden“ schuld seien am Tod Jesu – ein Versuch, dem „Gottesmord“-Vorwurf und dem christlichen Antijudaismus die Grundlage zu entziehen.

Kein Bruch zwischen Altem und Neuem Testament

„Für Christen kann es keinen Bruch im Heilsgeschehen geben.“ Das sagte Benedikt 2011 bei einem Besuch in Berlin. Und dann, unmissverständlich: „Das Heil kommt nun einmal von den Juden (vgl. Joh 4,22).“

Man dürfe den „Konflikt Jesu mit dem Judentum seiner Zeit“ nicht als eine „Loslösung vom Alten Bund“ einstufen, so der deutsche Papst. Jesus habe uns nicht von einer „sklavische(n) Befolgung von Riten und äußeren Observanzen“ befreit, das sei ein Zerrbild der Tora, also des jüdischen Gesetzes. „Tatsächlich hebt aber die Bergpredigt das mosaische Gesetz nicht auf, sondern enthüllt seine verborgenen Möglichkeiten und lässt neue Ansprüche hervortreten.“ Anders gesagt: Jesus hat die Tora nicht aufgehoben, und Gottes Bund (oder Bünde) mit seinem Volk ist weiter gültig.

Dialog, nicht Judenmission

„Die Hoffnungsbotschaft, die die Bücher der hebräischen Bibel und des christlichen Alten Testaments überliefern, ist von Juden und Christen in unterschiedlicher Weise angeeignet und weitergeführt worden. Wir erkennen es nach Jahrhunderten des Gegeneinanders als unsere heutige Aufgabe, dass diese beiden Weisen der Schriftlektüre – die christliche und die jüdische – miteinander in Dialog treten müssen, um Gottes Willen und Wort recht zu verstehen.“

Dialog also. Und nicht Judenmission.

(vatican news)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

26. November 2018, 10:09