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Papst eröffnet Synode: „Dies ist eine Übung im Dialog“

Papst Franziskus hat die Teilnehmenden an der Jugendsynode dazu aufgerufen, offen zu reden, sich in seiner Meinung gegebenenfalls von innen her umstimmen zu lassen und die Gegenwart nicht pessimistisch zu beurteilen. Ziel der Synode sei es, „Prophezeiungen und Visionen zu erwecken“ und den Jugendlichen „eine mit der Freude des Evangeliums randvolle Zukunftsvision“ zu geben, sagte der Papst zur Eröffnung der dreiwöchigen Veranstaltung im Vatikan an diesem Mittwoch.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

In einer ungewöhnlich langen Rede thematisierte Franziskus besonders den Altersunterschied zwischen den Synodenvätern und dem Gegenstand der Synode, den Jugendlichen: von den laut offizieller Vatikan-Liste 419 Teilnehmenden der Veranstaltung sind 267 Bischöfe, Männer deutlich jenseits der Lebensmitte, und rund 50 junge Menschen. Die Synode sei ein Augenblick des Teilens, so Franziskus. Wie bereits bei früheren Synoden forderte er die Teilnehmenden dazu auf, mir Freimut („parrhesia“) zu sprechen: „mit Freiheit, Wahrheit und Liebe“. Ehrliche und transparente Kritik sei hilfreich, Geschwätz und Vorurteile nicht.

„Fühlen wir uns frei, die anderen aufzunehmen und zu verstehen und infolgedessen unsere Überzeugungen und Positionen zu ändern“

Der Mut zu reden soll aber einhergehen mit der „Demut des Zuhörens“, fuhr der Papst fort. „Die Synode muss eine Übung im Dialog sein“, und „die erste Frucht dieses Dialogs ist, dass sich jeder der Neuheit öffnet“ und eine vorgefasste Meinung auch einmal revidiert. An dieser Stelle dankte der Papst für vorbereitete Redetexte, lud aber dazu ein, sich frei zu fühlen, solche Texte als Entwürfe zu betrachten. „Fühlen wir uns frei, die anderen aufzunehmen und zu verstehen und infolgedessen unsere Überzeugungen und Positionen zu ändern: das ist Zeichen großer menschlicher und spiritueller Reife.“

„Unterscheidung ist keine Mode dieses Pontifikates“

Die Synode sei darüber hinaus eine „kirchliche Übung der Unterscheidung“, sagte der Papst und erklärte den Begriff an dieser Stelle genauer. Unterscheidung sei weder ein Werbeslogan noch eine Organisationstechnik „und auch keine Mode dieses Pontifikats, sondern eine innere Haltung, die sich in einem Glaubensakt verankert. Unterscheidung ist die Methode und zugleich das Ziel, das wir in den Blick nehmen: sie gründet sich auf die Überzeugung, dass Gott in der Geschichte der Welt wirkt, in den Ereignissen des Lebens, in den Menschen, die ich treffe und die zu mir sprechen.“

Das ehrliche Sich-Einlassen auf den anderen bringe mitunter auch unvorhergesehene Ergebnisse, so Franziskus. Jedenfalls brauche Unterscheidung Raum und Zeit. Deshalb verfügte der Papst, dass bei der Synode nach je fünf Redebeiträgen eine stille Zeit von drei Minuten zu halten ist. Diese Stille, um hinzuhören auf das, was „am meisten bewegt“, sei „der Schlüssel, um den Weg des Erkennens, Interpretierens und Auswählens“ zu gehen.

„Wenn wir denken, wir wüssten bereits, wer der andere ist und was er will, dann fällt es uns wirklich schwer, ihm ernsthaft zuzuhören“

Alle Anwesenden bat der Papst darum, sich im Kopf und im Herzen von Vorurteilen und Stereotypen zu befreien. „Wenn wir denken, wir wüssten bereits, wer der andere ist und was er will, dann fällt es uns wirklich schwer, ihm ernsthaft zuzuhören“, unterstrich Franziskus. Die Älteren müssten aufhören, „die Fähigkeiten der Jungen zu unterschätzen und sie negativ zu beurteilen“. Die Jungen müssten ihrerseits die Versuchung überwinden, die Senioren als „alt, vergangen und langweilig“ abzutun. 

„Klerikalismus ist eine Perversion und die Wurzel vieler Übel in der Kirche“

Zu überwinden sei ganz entschieden auch „die Plage des Klerikalismus“, sagte der Papst. Eine Versammlung wie diese sei dem Risiko des Klerikalismus sicherlich ausgesetzt, was sich einer „elitären und ausschließenden Sicht auf Berufung“ verdanke. Eine solche Haltung interpretiere das erhaltene Amt als auszuübende Macht statt als zu verschenkenden Dienst. Das könne Amtsträger der katholischen Kirche dazu bringen, sich als Teil einer Gruppe zu begreifen, die „alle Antworten schon besitzt und die es nicht mehr nötig hat, zuzuhören" und etwas zu lernen. „Klerikalismus ist eine Perversion und die Wurzel vieler Übel in der Kirche“, sagte Franziskus. Es gelte dafür zu sorgen, dass sich diese Übel zumindest nicht wiederholten.

Die Jugendlichen warnte der Papst vor dem „Virus der Selbstgenügsamkeit". „Alles zurückzuweisen, was in den Jahrhunderten überliefert wurde, führt nur zu einer gefährlichen Verwirrung, die unsere Menschheit leider bedroht", sagte Franziskus. 

„Die Synode soll unsere Herzen erwecken!“, so der Papst, der vor einer pessimistischen Sicht auf die Gegenwart der Kirche warnte. „Die Zukunft ist keine Bedrohung, sondern sie ist die Zeit, die der Herr uns schenkt, damit wir die Gemeinschaft mit ihm erfahren können, mit den Geschwistern und mit der ganzen Schöpfung“. Wir müssen die Gründe für unsere Hoffnung wiederfinden und sie vor allem den Jugendlichen weitergeben, die nach Hoffnung dürsten“. Statt den „Prophezeiungen des Unglücks“ nachzugeben, brauche es den Blick auf das Gute, „das oft nicht von sich reden macht, das nicht in Blogs thematisiert wird“. Als Ziel der Synode bezeichnete der Papst „nicht nur ein Dokument, das im Allgemeinen von wenigen gelesen und von vielen kritisiert wird“, sondern vor allem konkrete pastorale Vorschläge. Diese sollten jungen Menschen – allen jungen Menschen – helfen, „eine mit der Freude des Evangeliums randvolle Zukunftsvision“ zu schenken.

Die Bischofssynode 2018 steht unter dem Titel „Die Jugendlichen, der Glaube und die Erkenntnis der Berufung“ und dauert bis 28. Oktober.

(Vatican News – gs)

 



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03. Oktober 2018, 16:06