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Ein Bild der Begegnung in Vilnius Ein Bild der Begegnung in Vilnius 

Papst zu Jesuiten im Baltikum: „Der Herr will einen Wandel in der Kirche“

„Ich glaube, dass der Herr einen Wandel in der Kirche will“: Das gab Papst Franziskus bei seiner Baltikumreise einer Gruppe von Jesuiten aus den drei besuchten Ländern mit auf den Weg. Wie bei Auslandreisen üblich, traf der Papst die Jesuiten der Region, in diesem Fall waren es Vertreter des Ordens aus Litauen, Lettland, Estland, Russland und den Vereinigten Staaten [in letzteren Fällen mit direktem Bezug zur litauischen Provinz, Anm.], die Franziskus am vergangenen 23. September in der Nuntiatur von Vilnius traf.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Wie mittlerweile Tradition, war auch der Jesuit Antonio Spadaro bei der Begegnung vor Ort – seine Zeitschrift Civilta Cattolica veröffentlichte an diesem Mittwoch den Austausch in schriftlicher Form.

Der Provinzial von Litauen und Lettland, Vidmantas Simkunas, hatte in seiner Begrüßung darauf verwiesen, dass die Jesuitenprovinz in Sowjetzeiten großer Verfolgung ausgesetzt war – lebendes Beispiel der Repressalien war der anwesende Bischof Sigitas Sigitas Tamkevičius, der emeritierte Erzbischof von Kaunas, der selbst in dem berüchtigten KGB-Gefängnis festgehalten wurde, das auch der Papst besucht hatte. Mit Blick auf diese Verfolgungen betonte der Papst, dass er glaube, „dass es für einen Jesuiten nicht schwierig sei, im Untergrund zu arbeiten.“ Schließlich müsse ein Jesuit in der Lage sein, so Franziskus mit Verweis auf den deutschen Theologen und Jesuiten Karl Rahner, sowohl im „Feld des Teufels“ als auch „im Feld Gottes“ zu unterscheiden.

[ Habt keine Angst, in die Unterwelt hinabzusteigen ]

Besonders intensiv gestaltete sich denn auch der Austausch mit dem ehemaligen KGB-Häftling. Dieser zeigte sich tief berührt vom Besuch des Papstes in seiner Haft- und Folteranstalt, das „lituanische Golgota“, wie das Gefängnis auch bezeichnet wird. „Jesus ist in die Unterwelt hinabgestiegen und ich rate euch“, so der Papst zu den Jesuiten, „keine Angst zu haben, in die Unterwelt der Personen hinabzusteigen. […] Da muss man hinuntersteigen. Die Wunden berühren. Und diese Wunden haben sich nicht nur in Vilnius oder in der Vergangenheit geöffnet.“ Er denke dabei an einen Film, den er über die Lager in Nordafrika gesehen habe, in denen Menschenschlepper Migranten festhielten und quälten, teilte Franziskus seine Gedanken. Deshalb sei es wichtig, dass über erlebtes Leid berichtet werde, ermunterte der Papst den ehemaligen Erzbischof: „Die Menschen müssen wissen, was es bedeutet. Es ist gut, dass du darüber sprichst. Wir verzweifeln heutzutage daran, was die Kommunisten, die Nazis und die Faschisten gemacht haben… aber heute? Passiert das nicht auch heute? Natürlich, man macht das aber mit weißen Handschuhen…“

„Aber das, was heute zu tun ist, ist es, die Kirche bei einer tiefgreifenden spirituellen Erneuerung zu begleiten“

Ein junger litauischer Jesuit, der in Afrika seine Ausbildung absolviert hatte, wandte sich hingegen mit einer speziellen Frage an den Papst: Er sei für ihn Vorbild und Inspiration und habe der Kirche viel gegeben, würdigte er Franziskus. Doch seine Frage sei es nun, was er selbst und seine Gemeinschaft im Gegenzug tun könnten.

„Danke! Ich weiß nicht, um was ich bitten soll”, antwortete Franziskus. „Aber das, was heute zu tun ist, ist es, die Kirche bei einer tiefgreifenden spirituellen Erneuerung zu begleiten. Ich glaube, dass der Herr einen Wandel in der Kirche verlangt.“ Viele Male habe er darauf hingewiesen, fuhr Franziskus fort, dass „eine Perversion der Kirche heute“ der Klerikalismus sei. Diese Auffassung fuße auf dem II. Vatikanum selbst, das festgestellt habe, dass die Kirche aus dem Volk Gottes bestehe. „Ich spüre, dass der Herr will, dass das Konzil sich in der Kirche Bahn bricht.“ Historiker sagten, dass es zu einer Umsetzung des Konzils 100 Jahre dauern würde – „wir sind jetzt auf halben Weg! Deshlab, wenn du mir helfen willst, dann handele so, dass du das Konzil in der Kirche voranbringst“, bat der Papst den jungen Ordensbruder, nicht ohne hinzuzufügen: „Und hilf mir mit deinem Gebet. Ich brauche viel Gebet.“

(vatican news)
 

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17. Oktober 2018, 17:23