Franziskus bei der Audienz an diesem Donnerstag Franziskus bei der Audienz an diesem Donnerstag 

Papst wirbt für eine Theologie der Zärtlichkeit

„Habt keine Angst vor der Zärtlichkeit!“ Mit diesen Worten hat Papst Franziskus vor gut fünf Jahren sein Amt angetreten. Aber kommt der Begriff Zärtlichkeit überhaupt vor in der Kirche und der Theologie?

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Ja, behauptet ein Kongress in Assisi, der in diesen Tagen über eine „Theologie der Zärtlichkeit“ nachgedacht hat. Papst Franziskus empfing die Teilnehmer an diesem Donnerstag im Vatikan und ergriff die Gelegenheit, um etwas genauer zu sagen, was er da im Sinn hat.

„Theologie und Zärtlichkeit scheinen zwei weit voneinander entfernte Worte zu sein. Das erste scheint mehr in den akademischen Bereich zu gehören, das zweite in die Beziehungen zwischen Menschen. Aber in Wirklichkeit bindet unser Glaube sie untrennbar zusammen. Theologie kann nämlich nicht abstrakt bleiben - sonst wäre sie eine Ideologie -, weil sie aus einem existenziellen Erfahren herrührt, aus der Begegnung mit dem fleichgewordenen Wort! Theologie soll also die Konkretheit des Gottes, der Liebe ist, kommunizieren. Und Zärtlichkeit gehört in diese Konkretheit hinein – mit ihr wird die Zuneigung, die der Herr zu uns hat, in unsere Zeit übersetzt.“

Vielleicht passt das nicht jedem, aber...

 

Vielleicht passe das nicht jedem, aber es sei heutzutage nun mal so, dass es den Menschen von heute eher ums Fühlen als um Begriffe gehe, sinnierte der Papst.

„Man geht von dem aus, was man fühlt. Natürlich kann sich die Theologie nicht auf Gefühl reduzieren. Aber sie kann genausowenig ignorieren, dass in vielen Teilen der Welt das Herangehen an die wesentlichen Fragen immer mehr von dem ausgeht, was die Menschen emotionell spüren. Die Theologie ist dazu aufgerufen, diese existenzielle Suche zu begleiten und das Licht, das aus dem Wort Gottes kommt, (in diese Lage) hineinzutragen. Und eine gute Theologie der Zärtlichkeit kann die göttliche Liebe in diesem Sinn durchbuchstabieren.“

Gottes Liebe ist kein abstraktes Prinzip

 

Noch einmal: Die Liebe Gottes sei „kein abstraktes Prinzip“, sondern „persönlich und konkret“. Und auch eine Theologie der Zärtlichkeit müsse konkrete Inhalte haben. Zwei schwebten dem Papst da besonders vor: Sich von Gott geliebt fühlen und andere im Namen Gottes zu lieben.

Zum Nachhören

„Uns geliebt fühlen – das ist eine Botschaft, die uns in letzter Zeit stärker erreicht. Ich denke da an die Herz-Jesu-Verehrung, an die Barmherzigkeit als essentielle Eigenschaft der Dreifaltigkeit und des christlichen Lebens. Die Zärtlichkeit kann unsere Art und Weise sein, wie wir heute auf die göttliche Barmherzigkeit reagieren. Sie enthüllt uns neben dem väterlichen auch das mütterliche Antlitz Gottes: eines Gottes, der in den Menschen verliebt ist und dessen Liebe zu uns um ein Vielfaches stärker ist als die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind (vgl. Jes 49,15)… Zärtlichkeit ist das Gegengift zur Angst vor Gott. Uns geliebt fühlen bedeutet zu lernen, Gott zu vertrauen. Zu ihm zu sagen: Jesus, ich vertraue auf dich.“

„Zärtlichkeit ist nicht Gefühligkeit“

Siegel der Zärtlichkeit Gottes in seinem Verhältnis zu uns sei das Leiden Jesu am Kreuz, so Franziskus. Dieses Leiden sporne uns an zur „Leidenschaft für Gott und, um der Liebe Gottes willen, für den Menschen“. Wer sich geliebt fühle – und damit kam der Papst auf den zweiten, von ihm bezeichneten Inhalt einer Theologie der Zärtlichkeit zu sprechen –, der könne auch andere lieben. Mehr denn je sei heute eine Revolution der Zärtlichkeit vonnöten.

„Wenn Gott unendliche Zärtlichkeit ist, dann ist auch der Mensch, der nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen wurde, fähig zur Zärtlichkeit. Zärtlichkeit ist also nicht Gefühligkeit; sie ist der erste Schritt, um aus dem Egoismus herauszukommen, der die menschliche Freiheit entstellt. Die Zärtlichkeit Gottes lässt uns verstehen, dass die Liebe der Sinn des Lebens ist.“

(vatican news)
 

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13. September 2018, 11:15