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Papstmesse: Nein zu „hohlem triumphalem Gehabe“

Am Hochfest Peter und Paul hat Papst Franziskus die Kirche eindringlich dazu aufgerufen, sich von „hohlem triumphalem Gehabe“ zu befreien: „von einem Mangel an Liebe, an Dienstbereitschaft, an Mitgefühl, von einem Mangel an Volksnähe“. Das sagte er bei einer Messe auf dem Petersplatz.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Es war ein buntes Bild auf der Piazza San Pietro: Die Farbe Rot dominierte, und zwar nicht nur, weil das die liturgische Farbe eines Märtyrerfestes ist (sowohl Petrus wie auch Paulus starben einst hier in Rom den Märtyrertod). Sondern auch, weil viele Kardinäle an dieser Messe teilnahmen, darunter die 14 Geistlichen, die am Donnerstagabend vom Papst in einem Konsistorium in St. Peter feierlich in das Kollegium der Kardinäle aufgenommen worden sind.

Pallien für die neuen Erzbischöfe aus aller Welt

 

Bunt war die Szenerie auch, weil an diesem Freitag – so ist das Brauch an Peter und Paul – 26 Erzbischöfe aus allen Teilen der Welt, allerdings diesmal nicht aus dem deutschsprachigen Raum, ihr Pallium aus den Händen des Papstes entgegennahmen. Das Pallium ist ein Schulterband aus Wolle, das traditionell an die Verbundenheit von Erzbischöfen mit dem Nachfolger des Petrus in Rom gemahnt. Die 26 Erzbischöfe sind alle im Lauf der letzten zwölf Monate in ihr Amt gekommen; unter ihnen war auch ein Kardinal, nämlich Carlos Aguiar Retes aus Mexiko-Stadt. Überhaupt viele Lateinamerikaner – darunter auch mehrere Erzbischöfe aus der argentinischen Heimat des Papstes, und zwei aus Venezuela. Vielsprachig waren auf dem sonnenbeschienenen Petersplatz auch die Fürbitten: Es gab sie unter anderem auf Japanisch und Chinesisch.

Zum Nachhören

Wie schon am Abend zuvor die neuen Kardinäle sprachen die Erzbischöfe einen Treueeid zu Papst Franziskus „und seinen legitimen Nachfolgern“. Der Papst segnete die Pallien, die in den letzten Monaten in unmittelbarer Nähe des Petrusgrabes aufbewahrt worden waren. Die Übergabe der Pallien – und übrigens auch ein Erinnerungsfoto der Erzbischöfe mit Franziskus – war erst für den Schluss der Messfeier vorgesehen.

„Tradition ist keine Ansammlung toter Dinge“

In seiner Predigt ging Franziskus von der apostolischen Tradition der Kirche von Rom aus. Diese Tradition sei, das sagte er mit einem Zitat seines Vorgängers Benedikt XVI., „keine Ansammlung toter Dinge“, sondern ein „lebendiger Fluss, der uns mit den Ursprüngen verbindet“. Jesus habe einst seine Apostel gefragt, für wen sie ihn denn hielten (vgl. Mt 16, 15), und Petrus habe darauf sehr inspiriert geantwortet: „Du bist der Messias“ (V. 16), also der Gesalbte. Das treffe es, befand der Papst.
„Jesus, der Gesalbte, der von Dorf zu Dorf zieht nur mit dem einen Wunsch, die zu retten und aufzurichten, die für verloren galten: Er „salbt“ die Toten (vgl. Mk 5,41-42; Lk 7,14-15), er salbt die Kranken (vgl. Mk 6,13; Joh 5,14), er salbt die Wunden (vgl. Lk 10,34), er salbt die Bußfertigen (vgl. Mt 6,17). Er salbt die Hoffnung (vgl. Lk 7,38.46; 10,34; Joh 11,2; 12,3). In dieser Salbung konnte sich jeder Sünder, jeder Verlierer, jeder Kranke, jeder Heide – jeder da, wo er sich befand – als geliebtes Glied der Familie Gottes fühlen. Mit seinen Gesten sagte Jesus ihm auf ganz persönliche Art: Du gehörst zu mir.“

Die Freude der Erlösung nicht verlieren

 

Und das sage Jesus auch zu den Menschen von heute, fuhr Franziskus fort. „Wir dürfen die Freude und Erinnerung des Wissens um unsere Erlösung nicht verlieren, jene Freude, die uns bekennen lässt: ‚Du bist der Sohn des lebendigen Gottes‘ (vgl. Mt 16,16).“

Im Markusevangelium schlage der Ton aber an dieser Stelle um, beobachtete der Papst weiter. Unvermittelt spreche Jesus da von seinem bevorstehenden Leiden. „Der Gesalbte Gottes führt die Liebe und Barmherzigkeit des Vaters weiter bis zur äußersten Konsequenz. Diese barmherzige Liebe erfordert es, in alle Ecken des Lebens zu gehen, um jeden zu erreichen, auch um den Preis des „guten Namens“, des Komforts, der Stellung ... des Martyriums.“

Petrus tappt in die Falle

 

Und hier tappe Petrus, der doch gerade eben noch so ein glorreiches Messiasbekenntnis abgelegt habe, in die Falle. ‚Das soll Gott verhüten, Herr‘ – mit diesem Ausruf gehe Petrus dem Satan auf den Leim.

„Das Leben des Petrus und sein Bekenntnis betrachten heißt auch lernen, die Versuchungen zu kennen, die das Leben des Jüngers begleiten werden. Wie Petrus werden wir als Kirche immer versucht sein von diesen „Einflüsterungen“ des Bösen, die zum Stolperstein für die Sendung werden. Und ich spreche von „Einflüsterungen“, weil der Teufel heimlich verführt und dafür sorgt, dass man seine Absicht nicht erkennt, er verhält sich ‚wie ein falscher Liebhaber. Er will verborgen sein und nicht entdeckt werden‘.“

Herrlichkeit? Kreuz!

 

Der Jesuit auf dem Stuhl des Petrus zitierte da aus den „Geistlichen Übungen“ seines Ordensgründers, des hl. Ignatius von Loyola (Nr. 326). Teilnahme an der Salbung Christi bedeute eben immer auch „an seiner Herrlichkeit teilzuhaben“, und diese „Herrlichkeit“ bestehe paradoxerweise – im Kreuz.

„Herrlichkeit und Kreuz gehören in Jesus Christus zusammen und können nicht voneinander getrennt werden; denn wenn wir das Kreuz verlassen, auch wenn wir in den blendenden Glanz des Ruhmes eintreten, so täuschen wir uns doch, denn das wird nicht die Herrlichkeit Gottes sein, sondern die Farce des Widersachers.“

Mit sehr ernstem Gesicht rief der Papst seine Zuhörer dazu auf, keine Christen zu sein, „die einen sicheren Abstand zu den Wundmalen des Herrn halten“. Jesus berühre das menschliche Elend, und genauso sollten wir es halten.

„Die Einflüsterungen des Bösen als solche erkennen“

„Das Bekennen des Glaubens mit unserem Mund und unserem Herzen erfordert es – wie Jesus es von Petrus verlangt hat –, die „Einflüsterungen“ des Bösen als solche zu erkennen. Es geht darum, jene persönlichen und gemeinschaftlichen „Tarnungen“ immer besser zu erkennen und zu entdecken, die uns vom Eigentlichen des menschlichen Dramas fernhalten, die uns daran hindern, mit dem konkreten Leben der anderen in Berührung zu kommen und schließlich auch daran, die revolutionäre Kraft der Zartheit Gottes kennenzulernen.“

Hinaus auf die staubigen Straßen der Geschichte

 

Genau dadurch, dass Jesus Herrlichkeit und Kreuz in eins setze, wolle er „seine Jünger, seine Kirche, von hohlem triumphalem Gehabe befreien“, so Franziskus. „Von einem Mangel an Liebe, an Dienstbereitschaft, an Mitgefühl, von einem Mangel an Volksnähe.“ Die Jünger Jesu gehörten hinaus auf „die staubigen Straßen der Geschichte“.

„Unser cantus firmus“

„Bekennen wir mit unserem Mund und unseren Herzen: ‚Jesus Christus ist der Herr‘ (Phil 2,11). Das ist unser Cantus firmus, den wir jeden Tag anstimmen sollen – und zwar mit der Einfachheit, der Gewissheit und der Freude, die aus diesem Bewusstsein kommt: ‚Die Kirche leuchtet nicht im eigenen, sondern im Lichte Christi…‘“ Hier zitierte Franziskus aus einem Werk des hl. Kirchenlehrers Ambrosius.

Eine Delegation aus Istanbul

 

Wie üblich nahm an der Messe zu Peter und Paul auch eine Delegation des Ökumenischen Patriarchats aus Istanbul teil, geleitet vom orthodoxen Erzbischof Job von Telmessos; Franziskus hat die Delegation am Donnerstag in Audienz empfangen. Es hat sich auch eingespielt, dass jedes Jahr zum Andreasfest eine vatikanische Delegation nach Istanbul reist, in den Phanar, also den Amtssitz des Ökumenischen Patriarchen. 

Einen besonderen Gruß an die hochrangige Delegation sprach der Papst auch im Anschluss an sein traditionelles Angelus an Sonn- und Feiertagen aus. Rund 30.000 Pilger waren zum Mittagsgebet auf dem Platz versammelt. 

 

(vatican news – sk)
 

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29. Juni 2018, 10:46