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Benedikt XVI. im Jahr 2009 mit einer Rot-Kreuz-Mitarbeiterin Benedikt XVI. im Jahr 2009 mit einer Rot-Kreuz-Mitarbeiterin 

Fest des hl. Josef: Gedanken von Benedikt XVI.

Der 1. Mai ist auch das Fest des heiligen Josef, des Arbeiters: Es war Pius XII., der auf diese Weise dem „Tag der Arbeit“ eine christliche Note verpasste. Besonders Benedikt XVI. – mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger – hat viel über seinen Namenspatron Josef nachgedacht.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

„Eine Gestalt, die dem Herzen des Gottesvolkes und meinem Herzen nahe ist“: Das war Josef, der Vater Jesu, für Joseph Ratzinger, den Heiligen Vater. Im Juli 2010 weihte Benedikt XVI. in den Vatikanischen Gärten einen Josefsbrunnen ein – ohne zu ahnen, dass er drei Jahre später, nach seinem Rücktritt, ganz in der Nähe wohnen würde. Und dabei ließ der Papst, ausgehend von den sechs Relieftafeln des Brunnens, das Leben des heiligen Josef Revue passieren.

Erstes Bild: die Vermählung Josefs. „Josef stammte aus dem königlichen Geschlecht Davids, und kraft seiner Vermählung mit Maria überträgt er dem Sohn der Jungfrau – dem Sohn Gottes – den rechtmäßigen Titel »Sohn Davids« und erfüllt so die Prophezeiungen. Die Vermählung von Josef und Maria ist daher ein menschliches Ereignis, das jedoch für die Heilsgeschichte der Menschheit, für die Umsetzung von Gottes Verheißungen entscheidend ist. Daher hat es auch übernatürlichen Charakter, den die beiden Hauptfiguren mit Demut und Vertrauen annehmen.“

Zum Nachhören

Zweites Bild: Josef träumt. Es ist der Moment der Prüfung. „Als er mit Maria verlobt war, entdeckt er, bevor sie zusammengekommen waren, ihre geheimnisvolle Mutterschaft und ist beunruhigt. Der Evangelist Matthäus hebt hervor, dass er gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte und daher beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen (vgl. Mt 1,19). Aber im Traum – das ist auf der zweiten Tafel des Brunnens dargestellt – gibt der Engel ihm zu verstehen, dass das, was in Maria geschehen ist, das Werk des Heiligen Geistes war. Josef stimmt im Vertrauen auf Gott zu und wirkt am Heilsplan mit. Der göttliche Eingriff in sein Leben musste natürlich sein Herz beunruhigen. Gott zu vertrauen bedeutet nicht, alles klar und deutlich nach unseren Begriffen zu sehen; es bedeutet nicht, das umzusetzen, was wir geplant haben; Gott zu vertrauen bedeutet, sich seiner selbst zu entäußern, auf sich selbst zu verzichten, denn nur, wer sich für Gott verliert, kann »gerecht« sein wie der hl. Josef, kann den eigenen Willen dem Willen Gottes gleichgestalten und sich so verwirklichen.“

„Er verrichtete seine Aufgabe im Stillen“

Der Papst wies darauf hin, dass im Evangelium kein einziges Wort des Josef überliefert wird: „Er verrichtete seine Aufgabe im Stillen.“ Dieser Stil habe sein ganzes Leben geprägt – auch bei der Geburt Jesu, als er Maria zur Seite stand. Das dritte Bild: „In der Heiligen Nacht in Betlehem ist Josef bei Maria und dem Kind. Der himmlische Vater hat ihm die tägliche Sorge für seinen Sohn auf Erden anvertraut, eine Sorge, die in Demut und Stille geschieht.“

Die vierte Tafel des Brunnens gibt die dramatische Szene der Flucht nach Ägypten wieder, um der mörderischen Gewalt des Herodes zu entgehen. „Josef ist gezwungen, mit seiner Familie eilig sein Land zu verlassen: ein weiterer geheimnisvoller Augenblick in seinem Leben, eine weitere Prüfung, in der ihm die volle Treue zu Gottes Plan abverlangt wird. Danach erscheint Josef in den Evangelien nur noch in einer einzigen weiteren Episode, als er nach Jerusalem geht und in der Angst lebt, den Sohn Jesus zu verlieren. Lukas beschreibt die mühsame Suche und die Verwunderung, ihn im Tempel wiederzufinden – wie im fünften Relief dargestellt ist –, aber noch mehr das Staunen über die geheimnisvollen Worte: »Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?« (Lk 2,49).“

„Diese zweifache Frage des Sohnes Gottes hilft uns“, so erklärte Benedikt XVI., „das Geheimnis der Vaterschaft Josefs zu verstehen.“ „Indem er seine Eltern an den Primat dessen erinnert, den er »meinen Vater« nennt, hebt Jesus den Primat des Willens Gottes über jeden anderen Willen hervor und offenbart Josef die tiefe Wahrheit seiner Rolle: Auch er ist berufen, Jünger Christi zu sein und sein Leben dem Dienst am Sohn Gottes und an der Jungfrau und Gottesmutter zu weihen, im Gehorsam gegenüber dem himmlischen Vater.“

„Ein Mensch des suchenden Herzens“

Und schließlich die sechste, die letzte Tafel: Sie stellt endlich den Inhalt des Festes am 1. Mai dar, nämlich den arbeitenden Josef in der Werkstatt von Nazaret. „Jesus hat bei ihm gearbeitet. Der Sohn Gottes ist den Menschen verborgen, und nur Maria und Josef hüten sein Geheimnis und leben es tagtäglich: Das fleischgewordene Wort wächst als Mensch im Schatten seiner Eltern heran, aber gleichzeitig bleiben diese ihrerseits in Christus, in seinem Geheimnis verborgen und leben ihre Berufung.“

Sechs Tafeln – sechs Bilder aus dem Leben des hl. Josef. Eines war Benedikt XVI. an seinem Namenspatron wichtig: „Vor allem verband der hl. Josef dadurch, dass er dem Stamm Juda angehörte, Jesus mit der Nachkommenschaft Davids, so dass sich die Verheißungen über den Messias verwirklichten und der Sohn der Jungfrau Maria sich tatsächlich »Sohn Davids« nennen kann.“ (Angelus, 19.3.06) Josef ist also das missing link, der Garant der Abkommenschaft Jesu von David: ein wichtiges Element für seinen Charakter als Messias.

Hier, im Stammbaum Jesu zwischen Altem und Neuem Testament, verortet Joseph Ratzinger den heiligen Josef. Hier ist der entscheidende Platz des Vaters Jesu.

„Unter den Pilgern des Stammbaums Jesu waren manche, die das Ziel vergessen haben und sich selber zum Ziel machen wollten. Aber immer wieder hat der Herr auch Menschen erweckt, die sich von der Sehnsucht nach dem Ziel treiben ließen und danach ihr Leben ausrichteten. Der Aufbruch zum christlichen Glauben, der Anfang der Kirche Jesu Christi, ist möglich geworden, weil es in Israel Menschen des suchenden Herzens gab – Menschen, die sich nicht in der Gewohnheit einhausten, sondern nach Größerem Ausschau hielten: Zacharias, Elisabeth, Simeon, Anna, Maria und Josef, die Zwölf und viele andere.“ (Predigt in Mariazell, 8.9.07)

„Brücke von Gott zu Mensch“

Für all diese Gerechten, diese „Menschen des suchenden Herzens“, gilt nach Ansicht von Papst Benedikt: „Weil ihr Herz wartete, konnten sie in Jesus den erkennen, den Gott gesandt hatte, und so zum Anfang seiner weltweiten Familie werden. Die Heidenkirche ist möglich geworden, weil es sowohl im Mittelmeerraum wie im Vorderen und Mittleren Asien, wohin die Boten Jesu kamen, wartende Menschen gab, die sich nicht mit dem begnügten, was alle taten und dachten, sondern nach dem Stern suchten, der sie den Weg zur Wahrheit selbst, zum lebendigen Gott weisen konnte.“

Auch wir sollten, wie Josef, Wartende und Suchende sein. „Dieses unruhige und offene Herz brauchen wir. Es ist der Kern der Pilgerschaft. Auch heute reicht es nicht aus, irgendwie so zu sein und zu denken wie alle anderen. Unser Leben ist weiter angelegt. Wir brauchen Gott, den Gott, der uns sein Gesicht gezeigt und sein Herz geöffnet hat: Jesus Christus.“

Für den mittlerweile emeritierten Papst verweist uns Josef in all seiner Schweigsamkeit auf Jesus – und damit auf Gott. „Sicher, es gibt viele große Persönlichkeiten in der Geschichte, die schöne und bewegende Gotteserfahrungen gemacht haben. Aber es bleiben menschliche Erfahrungen mit ihrer menschlichen Begrenztheit. Nur ER ist Gott, und nur ER ist daher die Brücke, die Gott und Mensch wirklich zueinander kommen lässt.“

Dass es diese Brücke von Gott zu Mensch gab, daran hat der Zimmermann Josef entscheidenden Anteil gehabt.
 

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30. April 2018, 07:00