Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz bei Papst Franziskus Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz bei Papst Franziskus 

Österreich/Vatikan: „In Migrationsfrage haben wir eine ähnliche Position”

Papst Franziskus hat am Montagmorgen Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz in Audienz empfangen.

Eine halbe Stunde lang sprachen der Papst und der Regierungschef des mitteleuropäischen Landes, das vor drei Jahren eine große Menge Flüchtlinge besonders aus Syrien aufnahm, über den „Schutz von Leben und Familie sowie die Förderung des Gemeinwohls, vor allem mit Blick auf die schwächsten Gruppen in der Bevölkerung“, wie es im Anschluss in einer Mitteilung aus dem Vatikan hieß.

Thema war überdies die Rolle Österreichs in der Europäischen Union. Die Vatikanmitteilung sprach von einer „Notwendigkeit der Solidarität zwischen den Völkern".

Gudrun Sailer sprach nach der Audienz mit Kanzler Sebastian Kurz und bat ihn um eine Zusammenfassung der Gesprächsinhalte aus seiner Sicht.

Kurz: „Es war für mich ein sehr beeindruckendes Gespräch und ein sehr erhebender Moment, beim Heiligen Vater zu Gast sein zu dürfen. Wir haben vor allem über die Europäische Union gesprochen, aber auch darüber, wie wir als europäische Union und in anderen Teilen der Welt einen positiven Beitrag leisten können. Wir haben über den Kampf gegen Christenverfolgung gesprochen, wir haben uns darüber unterhalten, wie wir gegen den Klimawandel angehen können und was wir tun können, um ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Abrüstung und einer Welt ohne Atomwaffen zu schaffen.“

Vatican News: Das große Überthema in Europa in diesen Jahren ist das Thema Flucht und Migration. In welcher Weise wurde das besprochen zwischen Ihnen und Papst Franziskus?

Kurz: „Ich habe auch das Thema Migration angesprochen, und ich glaube wir haben hier eine ähnliche Position, nämlich dass es notwendig ist, die Hilfe vor Ort auszubauen, Menschen zu unterstützen, die in anderen Teilen der Welt unter schlechten Lebensbedingungen leben müssen. Gleichzeitig hat der Heilige Vater schon mehrfach auch medial gesagt, dass Staaten nur so viele Menschen aufnehmen sollen, wie sie auch integrieren können. Österreich hat deutlich mehr Menschen aufgenommen als fast alle anderen Staaten in der Europäischen Union, außer Schweden, aber wir können keine unbeschränkte Aufnahme in Mitteleuropa fortsetzen, weil das unsere Systeme gefährdet und nicht ein nachhaltiger Weg der Hilfe ist.“

Vatican News: Nun hat Franziskus immer wieder betont, reiche Länder, zu denen Österreich gehört, hätten besondere Verpflichtungen gegenüber armen Individuen, zu denen wiederum Flüchtlinge gehören. Wie sehen Sie das, was Franziskus in den letzten drei Jahren zu diesem Thema gerade an die Adresse Europas gesagt hat?

Kurz: „Ich finde zunächst es sehr beeindruckend, wie er seine Aufgabe erfüllt, wie er auch leuchtendes Vorbild für viele Gläubige ist. Wie er den Mensch in den Mittelpunkt rückt, und habe insofern tiefen Respekt vor allen seinen Aussagen, auch vor denen zur Migration. Dass er neben der Notwendigkeit zu helfen, neben der Notwendigkeit diese Menschen zu unterstützen, auch betont, dass Regierungschefs klug agieren müssen, dass sie nicht mehr aufnehmen sollen als sie integrieren können, das halte ich für wichtig, denn wir haben als Regierungschefs in Europa die Verantwortung. Menschen zu unterstützen, die in anderen Ländern dieser Welt unterschlechten Bedingungen leben müssen, wir haben aber auch die Verantwortung, sicherzustellen, dass das Zusammenleben in unseren Staaten funktioniert und wir hier keine Politik machen, die zu einer Überforderung führt.“

Als Gastgeschenk des Papstes nahm Kurz – neben den drei Papstschreiben „Evangelii Gaudium“, „Laudato Si“ und „Amoris Laetitia“, die Franziskus standardmäßig jedem anreisenden Staats- oder Regierungschef überreicht – auch eine Ausgabe der Papstbotschaft zum jüngsten kirchlichen Weltfriedenstag entgegen, der in diesem Jahr die Lage von Migranten und Flüchtlingen in den Fokus rückte. Papst Franziskus fordert in diesem Papier in vier Punkten zum Umgang mit Flüchtlingen: aufnehmen, schützen, fördern und integrieren. Österreich ist, nachdem es 2015 sehr viele Flüchtlinge aufgenommen hatte, inzwischen selektiv geworden. Was die Integration anlangt, hat die rechtskonservative Koalitionsregierung unter Kanzler Kurz jüngst Einsparungen vereinbart.

 

Einladung nach Salzburg erneuert

 

Zum bevorstehenden 200. Jahrestag der Entstehung des weltweit bekannten Weihnachtsliedes „Stille Nacht, heilige Nacht“ luden Kurz und der in den Vatikan mitgereiste Landeshauptmann von Salzburg, Wilfried Haslauer, den Papst nach Salzburg ein. Das Lied, in dem es um eine zentrale christliche Botschaft geht, werde jedes Jahr von rund 2,4 Milliarden Menschen gesungen, sagte Haslauer. Ob der Papst die Einladung annehmen werde, sei ungewiss, hieß es. Das Land Salzburg hatte Papst Franziskus bereits im vergangenen Jahr offiziell zu einem Besuch in Salzburg im Rahmen des Jubiläums eingeladen. 

Hier zum Hören:

(Vatican News / kap – gs)

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05. März 2018, 14:18