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Plaza de Armas Mitten in Santiago de Chile Plaza de Armas Mitten in Santiago de Chile 

Papstreise nach Chile: Ein Porträt der Hauptstadt Santiago

Papst Franziskus ist zu seiner sechsten Reise nach Lateinamerika aufgebrochen, die ihn nach Chile und Peru führen soll. Vor der Ankunft des Papstes machen wir einen Rundgang durch die Hauptstadt Chiles.

Stefan von Kempis - Santiago de Chile

Santiago, Plaza de Armas: Tausende von Menschen drängen sich im Herzen der chilenischen Hauptstadt. Palmen stehen hier, alte Gebäude aus der Kolonialzeit, die Reiterstatue des Spaniers Pedro de Valdívia, der die Stadt im 16. Jahrhundert gegründet hat. Und die graue, neoklassische Kathedrale – mit zwei Türmen, die in der Spiegelfassade des Hochhauses gleich daneben grotesk verzerrt werden. Wie alle älteren Bauten der Stadt, zum Beispiel auch der Präsidentenpalast La Moneda, ist die Kathedrale in die Breite gebaut, nicht in die Höhe: aus Angst vor den Erdbeben, die die Stadt alle paar Jahrhunderte heimsuchen.

 

Freikirchen, Säkularisierung und religiöse Gleichgültigkeit

 

Direkt vor der Kathedrale: eine Straßenpredigerin. Sie gehört zu einer der aufstrebenden Freikirchen, das merkt man daran, wie heftig sie gerade über den Papst herzieht. Freikirchen, dazu Säkularisierung und immer mehr religiöse Gleichgültigkeit – Santiago und Chile überhaupt verlieren immer mehr von ihrer katholischen Prägung. Dazu haben auch kirchliche Missbrauchsskandale beigetragen und der Unmut vieler Chilenen über Bischöfe, die lieber moralisierten, als sich um die brennenden sozialen Probleme im Land zu kümmern.

 

Die Schweiz Südamerikas

 

Vor einem Restaurant an der Plaza de Armas singt ein Straßenmusiker den kubanischen Hit Guantanamera. Weil es Chile wirtschaftlich ziemlich gutgeht (manche nennen es sogar die Schweiz Südamerikas), kommen seit ein paar Jahren immer mehr Einwanderer ins Land: aus Peru, aus Argentinien, aus Venezuela, aus Haiti. Das Thema Einwanderung ist politischer Zündstoff, ähnlich wie in Europa. Die meisten Menschen im Zentrum von Santiago sind „Weiße“; schon mit den Indios, die aus ärmeren Landesteilen in die Hauptstadt kommen, haben sie so ihre Schwierigkeiten. Sie fürchten um ihre Identität, um das Ersparte. Hier an der Plaza de Armas sind viele „Schwarze“ zu sehen, das war vor ein paar Jahren angeblich noch nicht so.

 

Hier die Reichen, dort die Armen

 

An der Kathedrale beginnt die Fußgängerzone – hier überschreien sich Straßenverkäufer gegenseitig. Die meisten von ihnen sind Indios, wohl aus einem der hässlicheren Viertel im Speckgürtel von Santiago. Dabei gibt es viele Momente, in denen man sich in Santiago fühlt wie in einer europäischen Stadt – zum Beispiel hinter der Franziskuskirche im Stadtviertel Londres, das wirklich aussieht wie London. Aber dann sieht man auf einmal Schuhputzer am Straßenrand, wie zu Kolonialzeiten. Oder Straßenkehrer mit unverkennbar indianischen Gesichtszügen. Oder Mapuche-Indianerinnen in ihren traditionellen Umhängen, die selbstgestickte Taschen feilbieten oder Fruchtsäfte. Dann ahnt man ihn, den sozialen Graben, der sich durch das langgestreckte, schmale Chile zieht. Hier die „Weißen“ in ihren flachen, bequemen Villen im schicken Viertel Providencia (wo auch der Papst übernachten wird) oder im Künstler- und Restaurantviertel Bellavista. Dort die Armen in ihren Betonsilos am Stadtrand.

 

Bereit für Bruder Franziskus aus dem Nachbarland

 

Die Freikirchler sind mittlerweile etwas versöhnlicher gestimmt, sie fangen an, ein frommes Liedchen zu singen. Santiago stöhnt unter der Sommerhitze – wir sind ja hier am anderen Ende der Welt, hier ist gerade eigentlich Juli, von den Temperaturen her. Viele Familien fahren mit der U-Bahn raus zum Cerro San Cristóbal, da fährt eine Seilbahn hoch auf den Hausberg der Stadt. Oben auf der Spitze: eine Marienstatue, mit ausgebreiteten Armen. Von hier segnete Johannes Paul II. 1987, also mitten in der Pinochet-Diktatur, Santiago. Die Anden sind ganz nahe, aber man sieht sie kaum, man errät sie nur in den Wolken, das macht unter anderem der Smog im Santiago-Kessel. Junge Leute sitzen zu Füssen der Marienstatue zusammen, mit typisch lateinamerikanischem Enthusiasmus; es sind freiwillige Helferinnen und Helfer des Papstbesuchs, sie wollen gleich eine Gebetsvigil feiern, und dann fängt die Arbeit an für sie. Der Papst landet in ein paar Stunden in Santiago. Sie sind bereit für ihn: für Bruder Franziskus aus dem Nachbarland Argentinien.

Zum Nachhören
Eindrücke aus Santiago de Chile

 

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15. Januar 2018, 11:18