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Diese Rohingya-Flüchtlinge schilderten dem Papst ihr Schicksal Diese Rohingya-Flüchtlinge schilderten dem Papst ihr Schicksal 

Friedenstreffen der Religionen: „Der Andere ist ein Weg“

Es war eine bunte und vielstimmige Begegnung in Dhaka: das Friedenstreffen der Religionen, Höhepunkt des zweiten Reisetages von Papst Franziskus in Bangladesch.

Buddhisten und Muslime, Hindus und Christen verschiedener Konfessionen tummelten sich am Freitagnachmittag Ortszeit im Garten des erzbischöflichen Palais, Gesänge und Tänze belebten die Veranstaltung, auf der Delegationen verschiedener Religionen ihre Anliegen vortrugen und auch so manches Gebet zu hören war. Als Freundschaftstreffen definierte Franziskus die Begegnung, und er schwor seine Zuhörer darauf ein, sich gemeinsam entschieden gegen Hass, Gewalt und Vorurteile im Namen der Religion zu stemmen. 

„Papst empfängt Rohingya-Flüchtlinge“

Franziskus nahm sich bei der Begegnung Zeit, um die Geschichten von drei Rohingya-Familien anzuhören, die aus einem Flüchtlingslager in die Hauptstadt gereist waren. Einer nach dem anderen der insgesamt 18 Männer und Frauen mit Kindern traten vor den Papst. Sie hatten dank der Caritas von Bangladesch aus Cox's Bazar nach Dhaka reisen können, um den Papst zu sehen. Repektvoll und aufmerksam schenkte Franziskus den Flüchtlingen sein Ohr, ein Übersetzer half bei der Verständigung. Franziskus legte die Hände eines jeden Flüchtlings in seine, hörte zu und streichelte die Kinder. 

In seiner Ansprache hatte der Papst zuvor das gemeinsame Anliegen der Religionsvertreter für das interreligiöse Friedenstreffen aufgegriffen – „den Wunsch nach Harmonie, Brüderlichkeit und Frieden, die tief in den Lehren der Weltreligionen verwurzelt sind“, wie Franziskus formulierte: „Möge unser Treffen an diesem Nachmittag ein klares Zeichen des Bemühens der Führer und Anhänger der in diesem Land vorhandenen Religionen sein, in gegenseitigem Respekt und mit Wohlwollen zusammenzuleben.“

Diese Werte dürften allerdings kein Lippenbekenntnis bleiben, kam der Papst dann vor Muslimen, Buddhisten, Hindus und Christen zur Sache, sie müssten entschieden und im Alltag extremistischen Tendenzen entgegengesetzt werden: „In Bangladesch, wo das Recht auf Religionsfreiheit ein grundlegendes Prinzip ist, möge diese Verpflichtung eine respektvolle aber entschiedene Mahnung an all diejenigen sein, die versuchen, Trennung, Hass und Gewalt im Namen der Religion zu schüren.“

„Der Andere ist ein Weg“

Ein Zeichen zu setzen gegen die Fanatiker und Hetzer der Religion – nicht weniger verlangte der Papst von seinen Zuhörern in Dhaka. Dazu gehöre auch das Knüpfen echter Bande und Beziehungen, mit einem einfachen „Leben-Lassen“ sei es nicht getan. Eine „Kultur der Begegnung“ im Dienste der Menschheit aufzubauen „verlangt mehr als einfach Toleranz“ – und der Papst rief dazu auf, diese Herausforderung anzunehmen: „Es spornt uns an, den anderen vertrauens- und verständnisvoll die Hand zu reichen, um eine Einheit zu schaffen, die Andersheit nicht als Bedrohung, sondern als mögliche Quelle der Bereicherung und des Wachstums versteht. Es ermahnt uns zur Einübung einer Öffnung des Herzens, sodass wir die anderen als einen Weg und nicht als ein Hindernis sehen.“

Diese „Öffnung der Herzen“ sei wie eine Tür, durch die man gehen kann, fuhr Franziskus fort, es gehe dabei um gelebte Erfahrung, nicht abstrakte Theorie: „Sie erlaubt uns den Weg eines Lebensdialoges einzuschlagen, nicht nur einen einfachen Meinungsaustausch.“ Und noch einmal traf der Papst eine Unterscheidung; es brauche hier „guten Willen und Offenheit“, ja – „was aber nicht verwechselt werden darf mit Gleichgültigkeit oder einem Widerwillen, unsere tiefsten Überzeugungen zu bekennen. Sich fruchtbar mit dem anderen zu beschäftigen bedeutet, dass wir uns über unsere unterschiedlichen religiösen und kulturellen Identitäten miteinander austauschen, aber immer in Demut, Aufrichtigkeit und Respekt.“

„„Diese Gesinnung können wir alle nachahmen““

Und ein zweites Bild führte der Papst an, um seine Gedanken zu veranschaulichen: Er kam im Folgenden auf die Suche nach Wahrheit und Güte gegenüber dem Nächsten zu sprechen, die in allen Religionen eine Rolle spielt: „Die Öffnung des Herzens ähnelt einer Leiter, die hinaufreicht zum Absoluten. Wenn wir an diese transzendente Dimension unseres Handelns denken, wird uns bewusst, dass wir unsere Herzen reinigen müssen, um alle Dinge aus der rechten Perspektive sehen zu können. Die Öffnung der Herzen ist auch ein Weg, der zur Suche nach Güte, Gerechtigkeit und Solidarität führt. Er veranlasst uns, das Wohl unseres Nächsten zu suchen.“

Das Böse durch das Gute zu besiegen, statt sich vom Bösen besiegen zu lassen, wie es Paulus den Christen Roms aufgetragen hatte (vgl. Röm, 12,21), könne für alle Religionen Gültigkeit haben, fuhr der Papst fort: „Das ist eine Gesinnung, die wir alle nachahmen können. Der religiöse Eifer für das Wohl unseres Nächsten, der einem offenen Herzen entspringt, bewässert wie ein breiter Strom die wüsten und ausgetrockneten Landstriche des Hasses, der Korruption, der Armut und der Gewalt, die so sehr das Leben der Menschen beeinträchtigen, Familien auseinanderreißen und die Gabe der Schöpfung entstellen.“

„Religionen haben einen gemeinsamen Auftrag“

Die Religionen trügen mit einem solchen Bemühen nicht nur zu einer Kultur des Friedens bei, präzisierte er weiter, ihre Werte der Offenheit, Akzeptanz und Zusammenarbeit seien deren „schlagendes Herz“. Diese positive Lebenskraft habe die Welt heute bitter nötig, so Franziskus, der unter anderem die „verfolgten Minderheiten“ ansprach, ohne bei diesem Punkt ins Detail zu gehen:

„Wie sehr bedarf unsere Welt dieses kraftvollen Herzens, um dem Virus der politischen Korruption und der destruktiven religiösen Ideologien entgegenzuwirken, wie auch der Versuchung, die Augen vor den Bedürfnissen der Armen, der Flüchtlinge, der verfolgten Minderheiten und der Verletzlichsten zu verschließen! Wieviel Öffnung ist hier vonnöten, um den Menschen unserer Welt Heimat zu geben, besonders den Jugendlichen, die sich manchmal allein und ratlos fühlen bei ihrer Suche nach dem Sinn des Lebens!“

Würdigende Worte fand Papst Franziskus für das Bemühen der Religionsgemeinschaften im Klimaschutz und bei der Bekämpfung der Naturkatastrophen, die Bangladesch in den letzten Jahren heimsuchten – unter anderem bedroht dort der steigende Ozeanpegel aufgrund der Erderwärmung die Lebensräume ganzer ethnischer Gruppen; das Land ist eines der am schwersten von den Folgen des Klimawandels betroffenen. Auch habe die Kirche nach dem Gebäudeeinsturz in Sabhar etwa 25 km nordwestlich der Hauptstadt Dhaka vom April 2013, bei dem 1135 Menschen getötet und 2438 verletzt wurden, Solidarität gezeigt. Der Unfall war der schwerste Fabrikunfall in der Geschichte des Landes.

(rv pr)

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01. Dezember 2017, 13:52