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Papst bei der Frühmesse Papst bei der Frühmesse  (Vatican Media)

Die Frühmesse mit Franziskus: Konkrete Taten statt Kompromisse

Wo bist du? Wo ist dein Bruder? Das sind die Fragen, die Gott Adam und Kain im Buch der Genesis stellt und die er heute an uns richtet, erinnert der Papst in der Predigt bei der Frühmesse in der Casa Santa Marta an diesem Montag. Konkrete Taten seien wichtiger als Kompromisse, um das eigene Gewissen zu beruhigen, fasste Franziskus zusammen.

Mario Galgano und Debora Donnini – Vatikanstadt

Wie einst dem Kain, so stelle Gott auch uns heute die Frage: „Wo ist dein Bruder?“ In seiner Predigt bei der Messe in der Casa Santa Marta forderte der Papst die Gläubigen auf, dass jeder für sich selbst eine Antwort geben soll. Man dürfe aber nicht versuchen, dem Problem mit Kompromissantworten auszuweichen. Es gehe nämlich konkret darum, an unseren Nächsten zu denken, an die Menschen, die „krank, hungrig oder im Gefängnis“ sind, wie es im Matthäusevangelium heißt (Kapitel 25).

Die Geschichte von Kain und Abel, die erste Lesung der Tagesliturgie (Gen 4,1-15.25), stand deshalb im Mittelpunkt seiner Betrachtung. Es handele sich um eine Lesung, die sich in jene Art von biblischen Stellen einreihe, in der mit Fragen eine konkrete Antwort gegeben werde, umriss der Papst die Bibelstelle. Es seien unbequeme, ja sogar „peinliche Fragen“. Fragen wie jene, die Gott an Kain richtet: „Wo ist dein Bruder?“ Und die Antwort sei in diesem Fall „eine Art Kompromiss“, aber auch eine Verteidigung gewesen: „Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter meines Bruders? Was geht es mich an“, führte der Papst aus. Und so habe Kain versucht, dem Blick Gottes auszuweichen.

An uns gerichtete Fragen und Antworten

Vielleicht könnte nun jemand etwas vorschnell sagen, dass der „gesuchte Bruder“ doch bestimmt seelenruhig bei seiner Frau zu Hause sei, scherzte der Papst, fügte dann aber gleich mit ernster Miene an, dass man der Frage Gottes gemäß den Worten aus dem Matthäusevangelium nachgehen solle. Er zeigte dies anhand einiger Beispiele mit möglichen Fragen und Antworten auf:

„Wo ist dein Bruder? – Ich weiß nicht – Aber dein Bruder hat Hunger! - Er ist bestimmt gerade beim Mittagessen in der Caritas der Gemeinde, dort wird man ihm zu essen geben. Und mit dieser Kompromiss-Antwort rette ich meine Haut... Und was ist mit dem Kranken? – Er ist bestimmt im Krankenhaus! - Aber im Krankenhaus ist kein Platz! Und hat er auch Medikamente? – Das ist sein Problem, ich kann mich doch nicht in das Leben anderer Leute einmischen.... er wird Verwandte haben, die ihm Medikamente besorgen; ich wasche meine Hände in Unschuld.... Wo ist dein Bruder, der Gefangene? - Ah, der bezahlt gerade für das, was er getan hat. Er ist selber schuld, und nun bezahlt er dafür. Wir haben es satt, dass so viele Bösewichte auf der Straße herumlaufen: sie müssen bestraft werden. Solche Antworten hörst du aber nie aus dem Mund des Herrn. Wo ist dein Bruder? Wo ist dein ausgebeuteter Bruder, derjenige, der schwarzarbeitet, der neun Monate im Jahr einen Vertrag hat, und nach drei Monaten Zwangspause wieder nur eine prekäre Arbeit bekommt? So gibt es keine Sicherheit, keine Feiertage.... – Heute findet man eben keine Arbeit, und da nimmt man, was man kriegen kann..: das ist ein Kompromiss.“

Mit diesen konkreten Beispielen bittet der Papst darum, dass jeder Gläubige die Fragen des Herrn so nimmt, „als wären sie an uns persönlich gerichtet“:

„Der Herr fragt mich: Wo ist dein Bruder? Und meint damit jene, die der Herr in Kapitel 25 des Matthäusevangeliums benennt: die Kranken, die Hungrigen, die Durstigen, die Nackten, den kleinen Bruder, der nicht zur Schule gehen kann, den Junkie, den Gefangenen... wo ist er? Wo ist dein Bruder in deinem Herzen? Gibt es in unseren Herzen Platz für diese Menschen? Vielleicht reden wir ja dann und wann über sie, und dann geben wir Almosen, und unser Gewissen ist wieder beruhigt.“

Liste erstellen

Franziskus bat darum, dass jeder eine Liste all derer erstellen sollte, die der Herr in Matthäus 25 benennt. Andernfalls beginne „ein dunkles Leben“ zu entstehen und „wenn wir dieses dunkle Leben führen, ohne uns auf das zu besinnen, was uns Jesus gelehrt hat, dann wartet die Sünde vor unserer Tür schon darauf, endlich eintreten zu können. Um uns zu vernichten“, so der Papst. Wichtig sei hier noch eine zweite Frage, die ebenfalls im Buch Genesis vorkommt - jene nämlich, die Gott nach der Sünde an Adam richtet: „Adam, wo bist du?“

„Und Adam versteckte sich vor Scham, aus Angst. Wenn nur auch wir diese Scham verspüren würden! Wo ist dein Bruder? Wo bist du? In welcher Welt lebst du, dass du diese Dinge, das Leid, den Schmerz um dich herum nicht bemerkst? Wo ist dein Bruder? ...Wo bist du? Verstecken wir uns nicht vor der Realität. Antworten wir offen, treu, freudig, ja, freudig auf diese beiden Fragen des Herrn.“

(vatican news)

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Ein paar Eindrücke von der Frühmesse mit Franziskus
18. Februar 2019, 11:55
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