Papst Franziskus bei der Frühmesse Papst Franziskus bei der Frühmesse  (� Vatican Media)

Frühmesse: Der Hirte schweigt und betet, auch wenn er angeklagt wird

Ein Hirte wird in schwierigen Momenten, angesichts der Anschuldigungen des „Großen Anklägers“, zwar leiden, aber mit Gebet und dem Angebot seines eigenen Lebens reagieren. Das sagte Papst Franziskus in seiner Frühmesse an diesem Dienstag, an dem er zum wiederholten Mal mit den Mächtigen und den Ideologien, „die uns die Seele vergiften“, ins Gericht ging.

Christine Seuss und Alessandro Di Bussolo - Vatikanstadt

Demut, Nähe zu den Menschen und Mitgefühl, das in Sanftmut und Zärtlichkeit seinen Ausdruck fand: diese Eigenschaften verliehen Jesus seine Autorität als Hirte, erinnerte Franziskus. Und als sich die Dinge zum Schlechteren wendeten, wie auf dem Kalvarienberg, da „schwieg und betete er“, unterstrich Franziskus in seiner Predigt. Bei seinen Überlegungen ging er wie gewohnt von der Tagesliturgie aus. Der Evangelist Lukas berichtet, wie Jesus den „einzigen Sohn“ einer Mutter und Witwe von den Toten auferweckte. Jesus, so betonte der Papst, habe seine Autorität vor den Menschen nicht aufgrund seiner Predigten erlangt – denn die Doktrin, die er predigte, sei ähnlich der vieler anderer Prediger gewesen – sondern weil er „demütig und sanft im Herzen war“. Ohne viel Aufhebens vollbringe er seine Heilungen und Wunder, er stelle sich nicht als „Prophet“ oder als „der Messias“ vor, sondern sein Tun sei vor allem durch „Mitleid“ geprägt, weil er – ganz im Gegensatz zu den Schriftgelehrten - „den Menschen nahe war“, kommentierte Franziskus.

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„Im Evangelium, wenn Jesus nicht bei den Menschen war, war er beim Vater, im Gebet. Und den größten Teil seines Lebens, des öffentlichen Lebens Jesu, verbrachte er auf der Straße, mit den Menschen. Diese Nähe: die Demut Jesu, das, was Jesus Autorität verleiht, das bringt die Nähe mit den Menschen. Er berührte die Menschen, umarmte sie, blickte ihnen in die Augen und hörte ihnen zu. Nähe. Und das verlieh ihm Autorität.“

Lukas habe das “große Mitleid” unterstrichen, das Jesus mit der Mutter des Toten verspürt hatte, fuhr Franziskus fort. Denn Jesus habe „diese Fähigkeit gehabt, mit zu leiden“, sei kein „Theoretiker“ gewesen. Man könne auch sagen, dass er „mit dem Herzen dachte“ und nicht „das Herz vom Kopf trennte“, so die Überlegungen des Papstes.

Und es gibt zwei Aspekte dieses Mitgefühls, die ich unterstreichen möchte: die Sanftmut und die Zärtlichkeit. Jesus sagt: ,Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig´. Sanftmütig. Diese Sanftmut. Er schimpfte nicht, bestrafte die Menschen nicht. Er war sanftmütig. Immer mit Sanftmut.” Doch das heiße nicht, dass Jesus nicht in der Lage gewesen sei, auch wütend zu werden, unterstrich Franziskus: „Denken wir daran, als er gesehen hat, dass das Haus seines Vaters ein Shopping-Center geworden ist, um Dinge zu verkaufen, die Geldwechsler… Da ist er wütend geworden, hat zur Rute gegriffen und sie alle fortgejagt. Doch weil er den Vater liebte, weil er demütig dem Vater gegenüber war, hatte er diese Kraft.“

 

Die Zärtlichkeit Jesu

Hinzu komme die Zärtlichkeit Jesu: Denn er habe der weinenden Frau keineswegs von fern den Rat gegeben, doch keine Tränen mehr fließen zu lassen. „Nein, er ist ihr nahe gekommen, hat sie vielleicht an der Schulter berührt, sie vielleicht ein wenig gestreichelt. Das ist Jesus. Und Jesus macht das gleiche mit uns, denn er ist nahe, inmitten der Menschen, ist ein Hirte“, hob Franziskus hervor. Und er sei nicht nur irgendein Hirte gewesen, sondern „das Beispiel eines Hirten, die Ikone eines Hirten“, von der auch die Priester heute lernen müssten: „nahe bei den Menschen“ zu sein, nicht den „Machtzirkeln oder den Ideologen“, die uns „die Seele vergiften“ und „nicht gut tun“. Vielmehr müssten die Hirten die „Kraft und die Autorität“ besitzen, die Jesus hatte, nämlich diejenige der „Demut, der Sanftmut, der Fähigkeit des Mitgefühls und der Zärtlichkeit“, zählte der Papst auf. All diese Eigenschaften zeigte Jesus auch dann, als „sich die Dinge zum Schlechteren wandten“:

„Als die Menschen ihn beleidigten, an diesem Karfreitag, und schrien: ,kreuzigt ihn´, blieb er still, denn er hatte Mitgefühl mit diesen Menschen, die durch die Mächtigen des Geldes und der Macht getäuscht worden waren… Er blieb still. Er betete. In schwierigen Momenten, wenn er angeklagt wird, aber vom Großen Ankläger mithilfe vieler Menschen, vieler Mächtiger, dann leidet der Hirte, bietet sein Leben dar und betet. Und Jesus betete. Das Gebet führte ihn auch ans Kreuz, mit Macht; und selbst dort hatte er die Fähigkeit, sich anzunähern und die Seele des Schächers zu retten.“

Wir sollten diesen Passus des Lukasevangeliums nochmals lesen, so die abschließende Einladung des Papstes, um zu sehen, „wo die Autorität Jesu“ herkomme und die Gnade erbitten, dass „alle unsere Hirten diese Autorität haben: Eine Autorität, die eine Gnade des Heiligen Geistes ist.“

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Ein paar Eindrücke von der Frühmesse mit Franziskus
18. September 2018, 11:07
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