Franziskus in der Santa Marta Franziskus in der Santa Marta  (Vatican Media)

Frühmesse: Die Todsünde der Ausbeutung

In der Frühmesse im vatikanischen Gästehaus, die am Festtag der Muttergottes von Sheshan dem chinesischen Volk gewidmet war, hat Franziskus auf die Gefahren der Verführung des Reichtums hingewiesen, der „uns versklavt“ und uns „vom Gebot der Nächstenliebe entfernt“.

Silvia Kritzenberger und Giada Aquilino – Vatikanstadt

In seiner Predigt am Donnerstagmorgen prangerte der Papst, ausgehend von der ersten Lesung aus dem Jakobusbrief, die Hartherzigkeit der Reichen an. Schon der Apostel habe in seiner Verurteilung des „verfaulten“ Reichtums „kein Blatt vor den Mund“ genommen und festgestellt, dass „der den Arbeitern vorenthaltene Lohn zum Himmel schreit und die Klagerufe zu den Ohren des Herrn dringen“. Und Jesus sei nicht minder hart mit den Reichen ins Gericht gegangen.

Eindrücke von der Frühmesse vom 24. Mai 2018

Die Armut steht im Zentrum des Evangeliums

 

„‚Weh euch Reichen!‘, heißt es bei Lukas in den Weherufen, die sich zu den Seligpreisungen spiegelbildlich verhalten. ‚Weh euch Reichen!‘. Wenn jemand heute eine solche Standpauke halten würde, stünde am nächsten Tag bestimmt in der Zeitung: ‚Dieser Priester da ist ja ein richtiger Kommunist!‘,“ führte Franziskus aus und gab zu bedenken, dass das, was im Zentrum des Evangeliums stehe, doch eigentlich die Armut sei. „Die Predigt über die Armut steht im Zentrum der Predigt Jesu. ‚Selig die Armen‘ ist die erste Seligpreisung, und das ist auch der Personalausweis, mit dem sich Jesus in der Synagoge von Nazereth vorstellt:Der Geist des Herrn ruht auf mir. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe“.

Der Papst griff damit einen Gedanken seiner Generalaudienz vom Mittwoch wieder auf. Er warnte: „Genau diese Predigt über die Armut haben die Menschen schon immer allzu gern unter den Teppich gekehrt, weil sie meinen, dass es etwas ‚Soziales‘, ‚Politisches‘ sei. Nein! Es ist Evangelium in seiner reinsten Form! Pures Evangelium!“

Gott von ganzem Herzen lieben

 

Danach fragte Franziskus nach dem Grund für diese harte „Standpauke“ Jesu an die Reichen. Und gab auch gleich die Antwort: Weil „Reichtum ansammeln Götzendienst ist“ und der Reichtum die Macht habe, „zu verführen“. Schon Jesus habe schließlich gesagt, dass „niemand zwei Herren dienen“ könne: entweder „dient man Gott oder dem Reichtum“. Er bezeichne den Reichtum also als ‚Herrn‘, der „ganz von dir Besitz ergreift“. Und das verstoße nicht nur gegen das Hauptgebot: Gott von ganzem Herzen zu lieben, sondern auch gegen das damit zusammenhängende Gebot: das Gebot der Nächstenliebe, warnte der Papst.

Am Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus sehe man nämlich, dass der Reichtum auch die „Nächstenliebe “ zerstört, uns zu „Egoisten“ mache. Jakobus, der die Hartherzigkeit der Reichen anprangert, die ihren Arbeitern den Lohn verweigern, könne heute leicht mit einen „Gewerkschaftler“ verwechselt werden, gab Franziskus zu bedenken. Dabei habe der Apostel doch „auf Eingebung des Heiligen Geistes“ gesprochen.

„Auch in Italien rettet man heute lieber die großen Kapitale, als den Leuten Arbeit zu beschaffen“, beklagte der Papst. „Weh euch, die ihr andere ausbeutet, Arbeitskräfte ‚schwarz‘ bezahlt! Weh euch, die ihr ihnen keine Rentenbeiträge, kein Urlaubsgeld zahlt. Weh euch! In die eigene Tasche arbeiten, an anderen sparen, ihnen das vorenthalten, was ihnen zusteht, ihren Lohn, ist Sünde, himmelschreiende Sünde!“ warnte Franziskus und zeigte auf, mit welcher Ausrede man hier gern sein Gewissen beruhigt: „‚Aber nein, Pater: Ich gehe doch jeden Sonntag zur Messe, bin Mitglied einer katholischen Vereinigung, ich bin durch und durch katholisch…‘. Schön und gut - aber was ist, wenn du jemanden bezahlen musst? Das tust du nicht? Diese Ungerechtigkeit ist Todsünde! Du stehst nicht in Gottes Gnade. Und das sage nicht ich, das sagt Jesus, das sagt der Apostel Jakobus. Der Reichtum entfernt uns vom zweiten Gebot, dem Gebot der Nächstenliebe!“

Gebet und Buße als Gebot für die Reichen

 

Der Reichtum habe die Macht, uns zu versklaven, stellte der Papst abschließend fest. Und daher müssten wir „ein bisschen“ mehr beten,  „ein bisschen“ mehr Buße tun. Aber das gelte nicht für die Armen, sondern für die Reichen: „Dem Reichtum gegenüber bist du nicht frei. Um dem Reichtum gegenüber frei zu sein, muss du dich von ihm distanzieren und zum Herrn beten,“ forderte der Papst.

„Wenn dir der Herr Reichtum geschenkt hat, dann deshalb, damit du ihn mit anderen teilst, damit du anderen in seinem Namen Gutes tust. Aber der Reichtum hat diese Macht, uns zu verführen, und wenn wir es nicht schaffen, dieser Verführung zu widerstehen, hat uns der Reichtum schon versklavt!“

Zum Nachhören

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Frühmesse mit Franziskus an diesem Donnerstag
24. Mai 2018, 13:50
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