· Vatikanstadt ·

In der Messe bittet Franziskus darum, einsamen Menschen, Alten, Kranken und Familien, die kein Einkommen mehr haben, mit dem Herzen nahe zu sein

Der Sonntag der Tränen

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29. März 2020

»Der Sonntag der Tränen«. Franziskus schlug diesen Titel höchstpersönlich vor: nicht nur für die Zeitungen, sondern für das Leben eines jeden. Er forderte dazu auf, Gott um »die Gnade zu bitten, mit ihm und mit dem Volk zu weinen«, das in dieser Zeit der Pandemie an Krankheit, Einsamkeit, Armut und auch unter wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten leidet.

Genau in dieser Absicht feierte der Bischof von Rom am 29. März, dem fünften Sonntag der Fastenzeit, die Messe in der Kapelle des Hauses Santa Marta. Er sagte in freier Rede zu Beginn der Feier: »Ich denke an viele Menschen, die weinen: isolierte Menschen, Menschen in Quarantäne, einsame alte Menschen, Menschen im Krankenhaus und Menschen in Therapie, Eltern, die sehen, dass sie ihre Kinder nicht ernähren können, weil das Gehalt fehlt. Viele Menschen weinen. Auch wir begleiten sie von Herzen. Und es wird uns nicht schaden, ein wenig zu weinen, wenn der Herr um sein ganzes Volk weint«.

Seit einundzwanzig Tagen – genau seit Montag, 9. März – wird die vom Bischof von Rom gefeierte Morgenmesse live in Streaming übertragen, um allen, die von der Pandemie betroffen sind, seine Nähe zu bezeugen und sie sie spüren zu lassen. Und am Sonntagmorgen verlieh Franziskus seinem Gebet noch mehr Nachdruck mit den Versen von Psalm 43 (1-2), gelesen als Eröffnungsvers: »Verschaff mir Recht, o Gott, und führe meine Sache gegen ein treuloses Volk! Rette mich vor bösen und tückischen Menschen, denn du bist mein starker Gott«.

Für die Betrachtung in der Predigt nahm der Papst das »Weinen Jesu« angesichts des Todes seines Freundes Lazarus – nach dem Johannesevangelium (11,1-45) – zum Anlass, dies in dieser Zeit der Pandemie mit dem Weinen zu verknüpfen. »Jesus hatte Freunde: er liebte alle, aber er hatte Freunde, mit denen er eine besondere Beziehung hatte, wie man es mit Freunden tut, mehr Liebe, mehr Vertrauen«, erklärte er. Und »viele, viele Male verweilte er im Haus dieser Geschwister: Lazarus, Marta, Maria«. Und deshalb »empfand Jesus Schmerz über die Krankheit und den Tod seines Freundes« Lazarus.

Johannes berichte in seinem Evangelium: Jesus »kam am Grab an und war tief bewegt und sehr aufgeregt und fragte: ›Wo habt ihr ihn bestattet?‹«. Angesichts des Todes seines Freundes, so präzisiere der Evangelist, »brach Jesus in Tränen aus«. Ja, »Jesus, Gott, aber auch Mensch, weinte. Auch ein anderes Mal heißt es im Evangelium, dass Jesus weinte: als er über Jerusalem weinte«, so unterstrich der Papst.

»Und wie zärtlich weint Jesus«, merkte Franziskus. »Er weint aus dem Herzen heraus, er weint aus Liebe, er weint mit den Seinen, die weinen«. Das sei »das Weinen Jesu«. Vielleicht »weinte er andere Male im Leben, wir wissen es nicht: sicherlich auf dem Ölberg«.

Aber »Jesus weint aus Liebe, immer«. Der Evangelist Johannes schreibe: »Er war tief bewegt und sehr aufgeregt weinte er« am Grab seines Freundes Lazarus. Im Übrigen: »Wie oft haben wir von dieser Bewegtheit Jesu im Evangelium gehört, mit dem Satz, der wiederholt wird: ›Als er sah, hatte er Mitleid‹«. Jesus könne »die Menschen nicht sehen, ohne dabei Mitleid zu empfinden. Seine Augen sind bei seinem Herzen: Jesus sieht mit den Augen, aber er sieht mit seinem Herzen und kann weinen«.

»Heute frage ich mich angesichts einer Welt, die so sehr leidet«, so der Papst, »angesichts viele Menschen, die unter den Folgen dieser Pandemie leiden: bin ich in der Lage zu weinen, wie Jesus es sicherlich getan hätte und wie Jesus es jetzt gerade tut? Ähnelt mein Herz dem Herzen Jesu?« Wenn man hingegen das Bewusstsein habe, ein »allzu hartes« Herz zu haben – »auch wenn ich sprechen, Gutes tun, helfen kann, aber mein Herz nicht ins Spiel kommt«, so dass »ich nicht zu weinen vermag«, dann, so riet der Papst, solle man »um diese Gnade des Herrn bitten: Herr, lass mich mit dir weinen, lass mich mit deinem Volk weinen, das gerade leidet«.

»Viele weinen heute«, so schloss der Papst, »und wir bitten von diesem Altar aus, von diesem Opfer Jesu aus, von Jesus, der sich nicht schämte zu weinen, um die Gnade der Tränen. Möge der heutige Tag für uns alle der Sonntag der Tränen sein«.

Wie bereits an den vergangenen Tagen lud Franziskus »die Menschen, die nicht zur Kommunion gehen können«, zur geistlichen Kommunion ein. Dazu verlas er das Gebet des heiligen Alfons Maria de‘ Liguori.

Später wurde um 10.30 Uhr in der Vatikanbasilika das Gebet des Bischofs von Rom in der Eucharistiefeier, der Kardinal-Erzpriester Angelo Comastri am Kathedra-Altar vorstand, wieder aufgegriffen.