Österreich: Trauer und Entsetzen nach Amoklauf in Graz
Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl und Weihbischof Johannes Freitag hatten sich direkt nach Bekanntwerden des Vorfalls betroffen geäußert: „Diese Wahnsinnstat in einer Grazer Schule lässt uns fassungslos und erschüttert zurück“, so die beiden steirischen Bischöfe in einer Medienmitteilung.
„Unser tiefstes Mitgefühl gilt den Schülerinnen und Schülern, dem Lehrpersonal und den Angehörigen“, bekräftigen die Bischöfe weiter. „Wir begleiten alle mit unserem Gebet und sind mit unseren Möglichkeiten für alle Betroffenen da. Zugleich danken wir allen, die helfend da sind.“
Tief betroffen vom Amoklauf hat sich auch Kardinal Christoph Schönborn gezeigt. „Wie kann man angesichts des sinnlosen Mords an den jungen Menschen und ihrer Lehrperson heute Vormittag in Graz angemessene Worte finden?", so der Kardinal in seinen Social-Media-Accounts. Über all dem Schock, der Trauer und dem Bangen stehe die große Frage: „Warum?" Darauf finde man vermutlich keine befriedigende Antwort. Seine Gedanken und Gebete seien zuerst bei den Opfern und ihren Eltern, Familien, Freunden, „besonders auch bei denen, die nach wie vor um ihre Kinder bangen", so Schönborn. Er fügte hinzu: „Beten hilft, zusammenzurücken und aufeinander zu schauen. Das Böse und der Tod werden nicht das letzte Wort haben."
Erzbischof Franz Lackner, der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, zeigte sich fassungslos angesichts der Bluttat. Dies mache ihn als ehemaligen Weihbischof von Graz-Seckau und Steirer tief betroffen und sprachlos. „Ohnmacht und Trauer greifen um sich, ein Ringen um Orientierung. Man möchte schweigen, es fehlen einem die Worte und dennoch darf es kein Schweigen geben", so Lackner in einer Erklärung. Besonders in den betroffenen Familien, bei den Angehörigen und in der Schulgemeinschaft reiße das entsetzliche Geschehen eine tiefe Wunde. „Mein tiefstes Mitgefühl und mein Gebet gilt allen, die von dieser furchtbaren Tat betroffen sind; allen, die nun um Angehörige trauern; alle, die viel zu früh aus diesem Leben gerissen wurden", so der Erzbischof wörtlich und weiter: „Beten wir gemeinsam für sie zu Gott, dem barmherzigen Tröster, und beten wir auch für jene, die nun in diesen schrecklichen Momenten aufopfernd für andere da sind und ihre Hand halten."
Mindestens neun Tote, viele Verletzte
Bei der betroffenen Schule handelt es sich Polizeiangaben zufolge um das Gymnasium (BORG) Dreischützengasse in Graz. Medienberichten zufolge habe der Einsatz um 10 Uhr begonnen, als Schüsse gehört wurden. Die Polizei habe die Bevölkerung angewiesen, den Bereich um die Schule zu meiden und mit der Evakuierung des Gebäudes begonnen. Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)sei vormittags unterwegs zum Ort der Attacke gewesen. Laut Behördenangaben wurden mindestens neun Menschen getötet. Der mutmaßliche Täter, ein ehemaliger Schüler, erschoss sich demnach selbst. Einem Bericht der „Kronen Zeitung" zufolge soll er sich als Mobbingopfer gesehen und aus Rache gehandelt haben. Die verwendeten Waffen habe er legal besessen.
Für die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) handele es sich um eine „furchtbare Tragödie“. Auch sie war am späten Dienstagvormittag zum Tatort geeilt. Zunächst sprach das Innenministerium von neun Todesopfern, später bestätigte die Polizei zehn Tote, darunter der Täter. Zudem soll es rund 30 Verletzte geben, die in Graz in mehrere Krankenhäuser gebracht wurden.*
Ein Teil der Kinder und Lehrenden sei zwischenzeitlich in die Grazer Helmut-List-Halle gebracht worden. Familienzusammenführungen fänden in der ASKÖ-Halle statt, berichtet die RAI. Mitarbeiter der Kriseninterventionsteams seien im Einsatz, heißt es weiter.
Die Bürgermeisterin wolle zwar, dass in den kommenden Tagen Unterricht stattfinden solle, „aber der Stoff nicht im Vordergrund“ stehe. „Das muss jetzt zuerst bewältigt werden. Das beschäftigt uns alle. Es muss Zeit dafür gegeben werden, um das zu verarbeiten“, zitiert die RAI Bürgermeisterin Kahr.
Weitere Reaktionen aus Politik und Religion *
„Mein Mitgefühl, und sicher das aller Menschen in Österreich, gilt den Angehörigen", schrieb Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) auf der Plattform X. Er bete für die Rettung und Genesung aller Verletzten und wünschte den Einsatzkräften viel Kraft.
Auch Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, bekundete seine Betroffenheit auf der Plattform X: „Schreckliche Nachrichten erreichen uns aus Graz. Als Vater kann ich mir diesen Schmerz nicht vorstellen, es zerreißt mir das Herz", so Vural. Und weiter: „Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt allen Opfern, ihren Familien und der gesamten Schulgemeinschaft."
Entsetzt über den Amoklauf an einer Grazer Schule hat sich ebenso der Wiener orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) gezeigt. Der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich ist Leiter des orthodoxen Schulamtes und damit Letztverantwortlicher für den orthodoxen Religionsunterricht in Österreich. Mit tiefer Bestürzung habe er von dem tragischen Vorfall an der Schule in Graz erfahren, bei dem zahlreiche junge Menschen und Erwachsene ihr Leben verloren haben. „Als Kirche fühlen wir uns in dieser schweren Stunde besonders verpflichtet, unsere Stimme für Frieden, Trost und Beistand zu erheben. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt allen betroffenen Familien, den Mitschülerinnen und Mitschülern sowie der gesamten Schulgemeinschaft", so der Metropolit wörtlich: „Wir trauern gemeinsam und teilen ihren Schmerz." Auch die Priester der Metropolis von Austria stünden rund um die Uhr bereit und würden seelsorgerliche Begleitung in Schulen und Krisenzentren anbieten, so Kardamakis. Er appellierte in seiner Erklärung zugleich an die Gesellschaft: „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn junge Menschen unter Druck geraten, zu einem Messer greifen oder in die Isolation abgleiten."
Jede Form von psychischer Gewalt müsse entschieden bekämpft werden - von den Schulen, den Elternhäusern, den Gemeinden und den öffentlichen Institutionen. „Wir sind es unseren Kindern und Jugendlichen schuldig, sichere Räume zu schaffen, in denen sie sich gesehen, wertgeschätzt und geliebt wissen", so der Metropolit. Es gelte, „nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten zusammenstehen: durch offene Ohren, helfende Hände und schützende Strukturen." Es sei die gemeinsame Verantwortung aller, „Hass, Verzweiflung und Schmerz mit Nächstenliebe und Solidarität entgegenzutreten". Nur so könne man verhindern, „dass aus Not und Einsamkeit neue Tragödien entstehen", so der Metropolit. Er verurteile „aufs Schärfste solche entsetzlichen Gewalttaten an Orten der Bildung." Zugleich richte er einen eindringlichen Appell an die politischen und geistlichen Autoritäten, „ihre Anstrengungen zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen zu verstärken, damit sich solche Tragödien nicht wiederholen".
Politiker-Stimmen
Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach am Dienstag in einer ersten Reaktion von einer „nationalen Tragödie", die das gesamte Land erschüttere. „Es gibt keine Worte für den Schmerz und die Trauer, die wir alle - ganz Österreich - gerade fühlen", so der Regierungschef. Jugendliche seien plötzlich aus ihrem Leben gerissen worden, das sie noch vor sich gehabt hätten. Seine Gedanken seien bei allen Betroffenen, vor allem bei den Familien und Eltern, die ihr Kind verloren hätten.
„Was heute passiert ist, trifft uns alle - als Menschen, als Eltern, als Gesellschaft", betonte Stocker. Schule sei ein Ort des Vertrauens, der Geborgenheit, der Hoffnung. Dieser sichere Raum sei „brutal erschüttert" worden. Auf mögliche politische Konsequenzen ging der Bundeskanzler zunächst nicht ein: „Heute geht es vor allem um Mitgefühl."
„Was heute in einer Schule in Graz passiert ist, trifft unser Land mitten ins Herz", postete Bundespräsident Van der Bellen auf X. „Es waren Jugendliche, die ihr ganzes Leben vor sich hatten. Eine Lehrperson, die sie auf ihrem Weg begleitet hat. Es gibt nichts, was in diesem Moment den Schmerz lindern kann, den die Eltern, die Großeltern, die Geschwister, die Freundinnen und Freunde der Ermordeten fühlen." Österreich trauere, „und in dieser Stunde stehen wir zusammen. Wir stehen zusammen, um dem Schmerz miteinander standzuhalten. Wir stehen zusammen, um für all jene da zu sein, die verletzt sind. Heute und in den schweren Tagen, die kommen, wird unser Land zeigen, dass in diesem Miteinander unsere Stärke liegt."
Innenminister Karner sprach in einem schriftlichen Statement von einer „unfassbaren Tragödie" - für die Schülerinnen und Schüler, die Eltern und Angehörigen, die Lehrerinnen und Lehrer. „Eine Tragödie für Österreich."
Der steirische Landeshauptmann Kunasek sagte, es sei „unfassbar, was heute in Graz passiert ist". Als Landeshauptmann der Steiermark und als Vater sei er „zutiefst betroffen über diese Wahnsinnstat, die so viel Unheil und unglaubliches Leid gebracht hat." Seine Gedanken sind bei den unschuldigen Opfern, Familien und Lehrpersonen.
Die Nachrichten aus Graz würden das gesamte Land „bis ins Mark erschüttern", erklärte
Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) auf dem Kurznachrichtendienst Bluesky. „Ganz Österreich trauert", so der SPÖ-Chef. Es sei „unmöglich, diese entsetzliche Tragödie in Worte zu fassen". Sein tief empfundenes Mitgefühl gelte den Opfern und ihren Lieben. In diesen dunklen Tagen stehe Österreich zusammen. „Wir stehen an der Seite von Graz."
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sagte via X, „der Amoklauf in Graz erschüttert mich zutiefst". Ihr Mitgefühl und ihre Trauer sei bei den Opfern und ihren Angehörigen. „Niemand kann sich das Leid vorstellen, als Mutter dreier Kinder zerreißt es mir das Herz." Betroffen und „unendlich traurig" äußerte sich auch
Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS). Er sei „in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer, allen SchülerInnen, der LehrerInnen und allen Mitarbeitenden".
Anteilnahme auch von Kickl und Kogler
Es handelt sich um einen der schlimmsten Amokläufe in der Geschichte Österreichs. Eine Sprecherin der EU-Kommission in erklärte dazu in Brüssel: „Wir stehen gemeinsam in Trauer und suchen nach Klarheit nach diesem schrecklichen Ereignis."
Hotline für Hinweise und Hilfe
Die Einsatzkräfte haben unter +43591338400 eine Hotline für Angehörige und Betroffene eingerichtet. Eine Upload-Plattform für Zeugen wurde zudem unter https://upload.bmi.gv.at/ eingerichtet. Auf dieser können verdächtige Beobachtungen, Fotos oder Videos von der Tat oder dem Umfeld hochgeladen werden. Hinweise oder sonstige Wahrnehmungen werden auch bei jeder Polizeidienststelle entgegengenommen. Von einem Hochladen auf Social Media-Kanälen soll auf Bitte der Polizei abgesehen werden, um Einsatzkräfte, laufende Ermittlungen und die Opfer nicht zu gefährden.
Auch die Diözese bietet eine Telefonseelsorge. Diese ist für Betroffene und alle, die jemanden zum Reden bzw. zum persönlichen Austausch brauchen, rund um die Uhr unter der Telefonnummer 142 sowie via Chat und WhatsApp erreichbar.
*Update: 10. Juni 2025, 14.30 Uhr und 15.09 - letzte Aktualisierung 16.15 Uhr
(rai/standard/kna/diverse agenturen – cs/sst)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.