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Sr. Katharina Kluitmann Sr. Katharina Kluitmann  #SistersProject

Synodalität und religiöse Orden: Das Zeugnis von Sr. Katharina Kluitmann

Orden haben eine lange Tradition der Synodalität, sagt die Provinzoberin der „Franziskanerinnen von der Buße und der christlichen Liebe“ in Lüdinghausen und frühere Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz. In ihrem Erfahrungsbericht über den synodalen Weg der Kirche in Deutschland, der sich mit dem Weg deckt, der auf universeller Ebene gerade zum Thema Synodalität beschritten wird.

Sr. Katharina Kluitmann

Ordensfrau. In Deutschland. Auf dem Synodalen Weg. In 32 Jahren Ordensleben mein größtes Abenteuer. Es hat meine Berufung herausgefordert. Meine Liebe zu Jesus verändert. Den Heiligen Geist erfahren lassen. Nie habe ich meine Kirche so geliebt – und so an ihr gelitten.

Schwester Katharina in ihrem Büro zu Hause
Schwester Katharina in ihrem Büro zu Hause

Der Synodale Weg als Reaktion auf den Missbrauchsskandal

Als ich, Theologin, von 2000 bis 2004 an der Gregoriana in Rom noch Psychologie studierte, wurde in anderen Ländern sexueller Missbrauch in der Kirche bekannt. 2010 war es dann in Deutschland so weit. Damals war ich therapeutisch tätig. Das Leid der Überlebenden ließ mich nicht mehr los. 2018 war ich Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, in der Männer und Frauen vertreten sind. Da kam die deutsche Studie, die zeigt, dass Missbrauch in der Kirche systemische Ursachen hat, andere als in anderen Systemen.

Unsere Bischöfe entschieden, sich dem mit einem breiten Bündnis von Menschen aus dem Gottesvolk zu stellen, dem sogenannten „Synodalen Weg“. Zehn ganz unterschiedliche Ordensleute sind Mitglieder. Ausgangspunkt unseres Prozesses ist und bleibt die Missbrauchskrise. Vision ist und bleibt die Evangelisierung.

Die Ordensleute, die am Synodalen Weg teilhaben - unter ihnen Sr. Katharina
Die Ordensleute, die am Synodalen Weg teilhaben - unter ihnen Sr. Katharina

Seit 2019 üben wir, synodal zu gehen – unter Coronabedingungen immer wieder auch digital. Wir beten, schweigen, hören, reden, schreiben, korrigieren, ringen, weinen, freuen uns. Wir Ordensleute tauschen uns aus, untereinander, vor allem aber mit Menschen aller Lebensformen. Wir erfahren, dass wir nur gemeinsam gehen können, synodal. Die Last: dass wir noch nicht wissen, wie das gut geht. Die Freude: die Begegnungen in der Erfahrung, dass unsere Taufe uns viel mehr verbindet als alles andere uns trennen kann.

Eine neue Erfahrung mit dem wertvollen Beitrag der Ordensleute

Auf diesem Synodalen Weg hat sich mein eigenes Ordensleben verändert, meine Berufung, meine Gottesbeziehung, meine Kirchenliebe. Und: Durch den Synodalen Weg haben sich in der Kirche das Ordensleben und seine Wahrnehmung verändert. Seit langem haben wir eine Krise der Berufungen, überalterte Gemeinschaften, aussterbende. Vor ein paar Jahren sollte ein Theologe einen Artikel schreiben über die prophetische Dimension des Ordenslebens. Er hat gesagt, diese Dimension gebe es gerade nicht bei uns – und hat keinen Artikel geschrieben. Auf dem Synodalen Weg machen wir nun eine neue Erfahrung. Viele sagen uns, wir Ordensleute seien gerade wichtig. Warum? Ich weiß nur Teile einer Antwort:

Lange Tradition der Synodalität in den Orden

In den Orden gibt es eine lange Tradition von Synodalität. Wir haben Formen entwickelt, gemeinsam zu entscheiden, Leitung zu wählen – mit zeitlicher Begrenzung. Die Ordenskapitel sind die höchste Autorität, wenn sie zusammenkommen. Das hat mit Macht zu tun – und Missbrauch ist immer auch Missbrauch von Macht. Es gibt also neben dem hierarchischen Modell auch innerhalb der Kirche andere Modelle, wie Macht gelebt werden kann.

Pause bei den synodalen Arbeiten
Pause bei den synodalen Arbeiten

In Frauenorden leben Frauen weitgehend selbstbestimmt. Viele von uns haben Leitungserfahrung, Kompetenzen. Ordensfrauen wurden lange nicht ernst genommen, als billige Arbeitskräfte benutzt. Jetzt stehen (wie schon oft in der Geschichte) Ordensfrauen wieder auf Augenhöhe im Dialog. Als in einer Krise die Bischofskonferenz eine externe Rückmeldung brauchte, lud sie wohl nicht zufällig eine Ordensfrau ein. Ordensfrauen sind für manche Kleriker leichter Dialogpartnerinnen. Das Frauenthema, das bei uns bis hin zur Priesterinnenweihe diskutiert wird, ist bei den Ordensfrauen gut aufgehoben. Vielleicht auch, weil wir oft mehr Freimut haben. Ich danke meiner Gemeinschaft, die sich immer wieder hinter mich stellt, wenn ich öffentlich für die Gleichberechtigung von Frauen eintrete. Ein Thema, das mir sehr wichtig ist: Es braucht Beichtmütter. Gerade für Missbrauchs-Überlebende, aber nicht nur für sie. Doch dazu ein andermal …

Im Synodalen Prozess gibt es noch viel zu lernen

Wir leben ehelos. Der Synodale Weg diskutiert, ob – wie in den katholischen Ostkirchen – auch bei uns verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden können. Wir 10 Ordensleute sprechen uns dafür aus. Wir erleben, dass freiwillige Ehelosigkeit ein überzeugenderes Zeugnis sein kann. Wir leben sie gerne – das glaubt man uns.

Es gäbe noch viel zu sagen. Ich würde das gern tun. Denn ich weiß, dass es manchmal Vorbehalte gegen unseren Synodalen Weg gibt. Wir haben unsere eigene deutsche Art – da werden wir in Zukunft interkulturell alle noch viel zu lernen haben. Den einen sind wir zu rational, den anderen zu emotional. Die einen ärgern sich, dass wir vor dem gemeinsamen Synodalen Weg des Papstes angefangen haben. Sorry, wir wussten nicht, dass er kommen würde!

Ein gelöster Moment der Synodenarbeiten
Ein gelöster Moment der Synodenarbeiten

Synode bietet Chancen für die ganze Kirche

Wir müssen über vieles reden. Genau! Deshalb braucht es Synodale Prozesse. Kirche ist synodal, immer schon – und lange war sie es zu wenig.

Gestern habe ich das Arbeitsdokument des weltweiten Synodalen Weges für die kontinentale Phase gelesen. Nie habe ich mich von meiner Kirche so verstanden gefühlt wie in diesem Dokument. Wir haben die Lösungen noch nicht. Aber wir dürfen endlich offen die Fragen aussprechen. Das tun wir in Deutschland, gerade wir Ordensleute, wir Ordensfrauen. Ich freue mich, es auch weltkirchlich miteinander zu tun.

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09. Februar 2023, 13:11