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Schweiz: Diözese Chur verzichtet auf Exorzisten

Die Diözese Chur will keine exorzistischen Priester mehr anbieten. Für Menschen in solchen psychischen Nöten gebe es „medizinische oder psychotherapeutische Lösungen“, erklärte Bischof Joseph Maria Bonnemain gegenüber dem Regionalradio SRF Ostschweiz.

Bischof Bonnemain hat nicht die Absicht, einen neuen Exorzisten für seine Diözese zu ernennen. „Wir sind alle Menschen, die Stärken und Schwächen in sich tragen“, sagte er im Radiosender. Jeder, der sich in einer schwierigen sozialen, beruflichen oder gesundheitlichen Situation befinde, könne sich in Behandlung begeben, fügte er hinzu. „Es gibt klassische Lösungen: medizinische, psychologische und psychotherapeutische.“

Keine mysteriösen Ursachen

Der Bischof von Chur, der in seinem ersten Beruf Arzt war, ist davon überzeugt, dass es „nicht notwendig ist, mysteriöse Ursachen“ für angebliche Fälle von dämonischer Besessenheit finden zu wollen. Bischof Bonnemain war auch jahrelang in der Krankenhausseelsorge tätig.

Der ehemalige Exorzist der Diözese Chur, Christoph Casetti, verstarb im Februar 2020 im Alter von 76 Jahren. Seine Tätigkeit hatte ihn über die Grenzen der Diözese hinaus bekannt gemacht. So hatte er 2008 in der Sendung „Club“ des Schweizer Fernsehens an einer Debatte über den Exorzismus teilgenommen.

In vielen Diözesen weltweit wird das Amt des Exorzisten einem Priester übertragen, der ausdrücklich vom Bischof ernannt wird. Der sogenannte „große“ Exorzismus ist strikt diesem Geistlichen vorbehalten.

„Exorzismen verursachen unermessliches Leid“

Karin Iten, Beauftragte für die Prävention von sexuellem Missbrauch, begrüßte gegenüber kath.ch den „klaren Stopp“: „Es ist richtig und wichtig, dass wir als katholische Kirche hier einen klaren Schlussstrich unter dieses äußerst dunkle Kapitel ziehen und dies auch öffentlich tun“, meint sie. Positiv bewertet sie, dass der Bischof klar auf die Grenzen der Pastoral verweist und dazu auffordert, sich an die Gesundheitsfachleute zu wenden.

Die Haltung des Papstes

Für sie seien „Exorzismen entwürdigend und verursachen unermessliches Leid - sie haben auf keinen Fall Platz in einer Pastoral, die die Würde und das Wohlergehen des Menschen zum Ziel hat“. Mit dem Bild des Teufels Angst zu machen, sei „äußerst manipulativ“.

Papst Franziskus bezeichnete den Einsatz von Exorzisten als unverzichtbar. Mit Blick auf die Exorzisten sagte Franziskus, diese müssten „sehr sorgfältig und mit viel Klugheit ausgewählt werden“. Ein Exorzismus ist im Grunde genommen nichts anderes als ein Gebet um Befreiung. Theologisch gesehen ist im Christentum der landläufig als Exorzismus bekannte sogenannte „feierliche“ oder „Große Exorzismus“ nur eine von vielen Formen dieser Gebetsart. Fester Bestandteil ist ein Exorzismusritus etwa bei der Taufe: Der Täufling beziehungsweise seine Paten als Stellvertreter widersagen dem Bösen.

Keine moderne Form der Seelsorge

Sabine Zgraggen, Leiterin des Seelsorgedienstes für Krankenhäuser und Kliniken, Zürich, teilt diese Ansicht. „Dreimal haben mich Patienten gebeten, einen Exorzisten zu rufen. Für mich war das eine schwierige Situation, denn der damalige Exorzist Christoph Casetti konnte nicht einfach in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik auftauchen. Ich hätte diese Verantwortung im Rahmen meines Auftrags nicht übernehmen können“, sagt sie.

„Die Seelsorge muss für die Menschen da sein, gerade bei solch tabuisierten Themen. Exorzismus ist keine moderne Form der Seelsorge. Es ist richtig, dass der Bischof das Amt des Exorzisten in der Diözese Chur abgeschafft hat“, fügt sie an.

Wer behauptet, die Stimme des Teufels zu hören, sollte ernst genommen werden, sagt Sabine Zgraggen: „Hinter dieser Stimme steckt oft ein anderes Thema: eine Existenzkrise, Identitätsfragen, ein Minderwertigkeitskomplex oder ein Gefühl der Ohnmacht“. Sabine Zgraggen ist überzeugt: „Bei diesen Fragen können die Seelsorger helfen, natürlich in Zusammenarbeit mit Psychologen und Psychiatern.“

(kath.ch/vatican news – mg)

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26. November 2022, 12:44