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Der Stephansdom in Wien Der Stephansdom in Wien 

Österreich: Gottesdienst zum Gedenken an Hildegard Burjan

Seit der Seligsprechung Hildegard Burjans 2012 feiern Politikerinnen und Politiker verschiedener Fraktionen jedes Jahr zum Gedenken an Hildegard Burjan (1883-1933) einen gemeinsamen Gottesdienst. Diesmal im Wiener Stephansdom, wo Burjan vor zehn Jahren selig gesprochen wurde.

Dompfarrer Toni Faber, Dechant Martin Rupprecht und Manuel Barrios, Generalsekretär der katholischen EU-Bischofskommission COMECE, standen dem Gottesdienst vor. Barrios war auf Einladung des österreichischen Europaparlamentariers Lukas Mandl nach Wien gekommen.

Gekommen waren u.a. Politikerinnen und Politiker verschiedenster Parteien, die Schwestern der von Hildegard Burjan gegründeten Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis und die Burjan-Biografin Prof. Ingeborg Schödl. Ein Vokalensemble aus Politikern unterschiedlicher Fraktionen unter der Leitung von Thomas Dolezal gestaltete den Gottesdienst musikalisch.

Die Worte zur Predigt sprach Sr. Susanne Krendelsberger, Generalleiterin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis. Sie strich die Fähigkeit Hildegard Burjans zu Dialog und parteiübergreifender Zusammenarbeit heraus. Wie die drängenden Fragen zu Beginn des 20. Jahrhunderts "brauchen auch die Krisen unserer Zeit eine gemeinsame Anstrengung und dulden keinen Aufschub.", so Krendelsberger. Sie zitierte Hildegard Burjan: "Je fester ein Mensch von seiner Weltanschauung überzeugt und durchdrungen ist, je mehr ihm seine Gesinnung heiligste Herzenssache ist, desto ruhiger erträgt er andere Meinungen, desto mehr sucht er überall das Versöhnende, Verbindende heraus und ignoriert bei gemeinsamer Arbeit das Trennende." In vielfältiger Weise brauche es auch heute diese Kultur des Dialogs.

Sozialpionierin und Ordensgründerin

Hildegard Burjan (geb. Freund) wurde am 30. Jänner 1883 in sächsischen Görlitz in eine liberale jüdische Familie geboren. Mit ihrem Gatten Alexander übersiedelte sie 1909 nach Wien und begann sich hier, intensiv für die Randgruppen der Gesellschaft zu engagieren. Nach Heilung von einer schweren Krankheit konvertierte sie zur katholischen Kirche und ließ sich taufen. 1912 gründete Burjan den "Verband der christlichen Heimarbeiterinnen" und 1918 den Verein "Soziale Hilfe".

Als Frauen 1919 erstmals das aktive und passive Wahlrecht ausüben konnten, zog Burjan als erste christlich-soziale Abgeordnete in das Parlament ein. Als verheirate Frau und Mutter gründete sie im selben Jahr die geistliche Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, mit dem Auftrag, soziale Not der Zeit zu erkennen und zu lindern. Burjan setzte sich entschieden für die Gleichberechtigung der Frau, für die Bekämpfung der Kinderarbeit und für die Überwindung sozialer Missstände ein. Obwohl sie nur kurze Zeit dem Parlament angehörte, galt sie schon bald als dessen "Gewissen". Burjan stellte sich dem Elend großer gesellschaftlicher Schichten und verschloss vor Jugendkriminalität, Verwahrlosung und Prostitution nie die Augen.

Als im Jahr 1920 Neuwahlen bevorstanden, zog sich Burjan aus Rücksicht auf ihre stark angeschlagene Gesundheit und wegen der zunehmenden antisemitischen Strömungen auch innerhalb ihrer Partei aus dem Parlament zurück, blieb aber weiter politisch aktiv. Hildegard Burjan starb am 11. Juni 1933 an einem schweren Nierenleiden. Sie wurde als weltweit erste demokratisch gewählte Politikerin seliggesprochen - am 29. Jänner 2012 im Wiener Stephansdom.

(kap-sst)

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12. Juni 2022, 12:00