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Kardinal Walter Kasper Kardinal Walter Kasper 

D/Vatikan: Kardinal Kasper kritisiert erneut Synodalen Weg

Der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper untermauert seine Kritik am deutschen synodalen Weg. Die Kirche brauche Reform, dürfe aber nicht zu einer „Verfügungsmasse" werden, die man „situationskonform jeweils neu kneten und gestalten kann".

Bei einem Online-Studientag vergangenen Sonntag sprach Kardinal Kasper über Synodalität und Erneuerung der Kirche. Er wies zunächst den mancherorts geäußerten Verdacht zurück, die katholische Kirche sei nicht reformfähig: Das Zweite Vatikanische Konzil beweise das Gegenteil, so der 89-jährige Kardinal. Die Liturgiereform, die erneuerte Sicht der Kirche und ihres Verhältnisses zur modernen Welt, das Ja zu Religionsfreiheit und zur Ökumene seien „Jahrhundertereignisse" gewesen. Keine andere Kirche habe im 20. Jahrhundert eine vergleichbare Reform vorgelegt wie die katholische, im Grund sei die ganze Kirchengeschichte „eine einzige Reform- und Erneuerungsgeschichte". 

Erneuerung in der Kirche bedeute aber nicht, „eine neue Kirche zu erfinden", sondern „sich vom Geist Gottes neu zu machen und sich ein neues Herz schenken zu lassen", fuhr Kasper fort. Maßstab der Erneuerung sei Jesus: „Reform bedeutet, die Kirche wieder in Form zu bringen – in die Form, die Jesus Christus gewollt und die er der Kirche gegeben hat." Wahrer Reform gehe es infolgedessen „nicht darum, möglichst zeitgemäß zu sein, sondern darum, möglichst Christus-gemäß zu sein". 

Mit Blick auf die kirchlichen Reformbestrebungen in Deutschland sagte Kasper, eine Synode sei ein geistliches Ereignis, eine Zeit des Hörens und des Austausches darüber, was der Heilige Geist - der Geist der Wahrheit - den Gläubigen an Wegkorrekturen vorschlage. Antworten ergäben sich freilich nicht aus Mehrheitsbeschlüssen, sondern „im gemeinsamen Hören und Beten und im aufmerksamen Gespräch miteinander", und sie bräuchten Zeit zu wachsen und zu reifen. 

 

Der Synodale Weg wolle bei seiner Kirchenreform menschliche Gesichtspunkte - namentlich Vernunft, Philosophie, Geschichte - dem Evangelium gleichstellen, beanstandete der Kardinal weiter. Eine solche Gleichstellung bedeute aber „eine tektonische Verschiebung in den Grundfesten der Theologie, die dann notwendig zu einem kirchlichen Erdbeben führen" müsse. 

Kasper wies insbesondere die Idee einer „synodalen Kirchenregierung" zurück, wie sie bei den Beratungen des Synodalen Weges als Vorschlag zu hören war. Ein solches „Rätesystem" hätte, wie der frühere Dogmatik-Professor hervorhob, „in der gesamten Verfassungsgeschichte keinerlei Anhalt", wäre also keine christliche Idee, und würde die Freiheit des Geistes „abwürgen und die Struktur zerstören, die Christus für seine Kirche gewollt hat". Einer der „Grundpfeiler der alten Kirche" sei das Bischofsamt, das ebenfalls Gegenstand von Debatten im Zug der Kirchenreform wurde. „Wer an diesem Pfeiler sägt, der bricht der Kirche das Genick", erklärte Kasper. „Ich weiß, niemand will das – aber faktisch geschieht das. Denn die Bischöfe können die ihnen übertragene Aufgabe und Autorität faktisch nicht mehr ausüben, wenn sie in einem Akt der Selbstverpflichtung freiwillig darauf verzichten und erklären, den Entscheidungen der Synode oder des künftigen Synodalrats zu folgen." Letztlich komme eine derartige Selbstverpflichtung einem „kollektiven Rücktritt der Bischöfe" gleich.

„In der Spur des Evangeliums bleiben"

Zudem nannte Kasper es „die Ursünde des Synodalen Wegs, dass er gleich am Anfang den Brief des Papstes und sein Vorschlag, vom Evangelium und vom Grundauftrag der Evangelisierung auszugehen, mehr oder weniger zur Seite gelegt hat, und einen eigenen Weg mit teilweise anderen Kriterien eingeschlagen hat". Dies rufe Widerstand hervor und werde bei weiterer Nichtbeachtung „dem Synodalen Weg das Genick brechen", warnte Kasper. Er spreche niemandem den guten Willen ab, so der Kardinal, es gehe aber darum, „in der Spur des Evangeliums zu bleiben".

Am Ende seines Vortrages ließ der Kardinal das Publikum an seiner Hoffnung auf einen Weg aus der Krise und seinem Vertrauen auf Gott teilhaben: „Ich bin überzeugt, wir werden eine Erneuerung der Kirche aus der Krise finden, in der wir uns befinden. Ich weiß nicht wer, nicht wann und wie die Kirche wieder als Kirche in den Seelen erwacht. Ich weiß auch nicht, ob ich es selbst noch erleben werde. Wir können die Erneuerung nicht machen, aber sie wird kommen. Gott ist treu."

Im „Synodalen Weg" beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal verschärft hat. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche.

Hinweis: Wie die Redaktion nachträglich erfuhr, konnte Kardinal Kasper den Online-Vortrag wegen technischer Schwierigkeiten nicht halten, ließ den Veranstaltern aber stattdessen sein Manuskript zukommen, aus dem wir hier zitieren.

(vatican news - mr) 

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22. Juni 2022, 10:13