Karnevalswagen zum Thema Missbrauchsskandal Ende Februar vor dem Kölner Dom Karnevalswagen zum Thema Missbrauchsskandal Ende Februar vor dem Kölner Dom 

D: „Positionen nicht vereinbar“

Bei Gesprächen zwischen Kirchenvertretern und Missbrauchs-Betroffenen ist es zu deutlichen Meinungsverschiedenheiten beim Thema Entschädigungen gekommen. Das ergibt sich aus Stellungnahmen der Deutschen Bischofskonferenz und ihres Betroffenen-Beirats.

Die zwei Gespräche wurden im Oktober und November geführt; am Tisch saßen Vertreter der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) und der Deutschen Bischofskonferenz selbst. Thema war das seit dem 1. Januar 2021 bestehende Verfahren zur Anerkennung des Leids von Missbrauchs-Betroffenen.

Die Deutsche Bischofskonferenz spricht zwar an diesem Mittwoch davon, dass „in wichtigen Punkten Übereinkunft zur Verbesserung des Verfahrens“ erreicht werden konnte. „Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die Positionen zur Höhe der Leistungen nicht vereinbar sind. Die Verantwortlichen für das Verfahren sehen Schwierigkeiten, wie die Vorstellungen, die der Betroffenenbeirat formuliert hat, in das System integriert werden können.“

Bischof Georg Bätzing ist Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Bischof Georg Bätzing ist Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Bischöfe wollen am Verfahren festhalten

Es solle alles getan werden, um die „derzeit noch langen Bearbeitungszeiten“ beim neuen Verfahren zu verringern; zugleich betonen die Bischöfe, das Verfahren richte sich „nach einem rechtsstaatlich üblichen“ Referenzrahmen. So lehnten sich etwa die Leistungshöhen „an Schmerzensgeldzahlungen staatlicher Gerichte in vergleichbaren Fällen“ an. Wichtig sei auch, dass es sich um ein einheitliches Verfahren für (Erz-)Bistümer und Orden handle, „sodass alle Antragsteller das gleiche Verfahren durchlaufen und vergleichbare Leistungen erhalten“.

Darum habe der Ständige Rat der Bischofskonferenz an diesem Dienstag beschlossen, „an dem Verfahren grundsätzlich festzuhalten“. Ihnen sei klar, dass damit ein zentraler Kritikpunkt der Betroffenen nicht aufgegriffen werde. „Allerdings sehen die Bischöfe in der Einrichtung einer einmaligen Widerspruchsmöglichkeit gegen die Leistungshöhe einen wichtigen Schritt zur Verbesserung des Verfahrens“, dafür wollen sie sich einsetzen. Im Übrigen hoffen sie auf weitere Gespräche.

„Unverständnis, Verärgerung, Empörung“

Das Statement des Betroffenen-Beirats antwortet darauf schon im Titel mit „Unverständnis, Verärgerung, Empörung“. „Zentrale Kritikpunkte waren die Intransparenz des Verfahrens, die Benachteiligung von Menschen mit kognitiven und seelischen Einschränkungen und die Höhe der Anerkennungsleistungen. In keinem dieser Kritikpunkte stellt der Beschluss des Ständigen Rates eine Verbesserung dar.“

Scharf kritisiert der Betroffenenbeirat die Ablehnung der Bischöfe über eine Anpassung der Leistungshöhen. „Statt eine spürbare Nachbesserung auf den Weg zu bringen, bleibt es bei einem problembehafteten und intransparenten System.“ Das Statement moniert „niedrige Leistungen“ und die Gefahr von zahlreichen „Retraumatisierungen, u.a. durch Antragstellung und Bescheide ausgelöst“. In Anbetracht dessen wirke das Festhalten am Verfahren „wie blanker Hohn und Zynismus“. Weitere Gespräche wirkten bei einer solchen Ausgangslage „völlig perspektivlos“.

Betroffene wollen über möglichen Abbruch der Gespräche beraten

Offenbar seien die Bischöfe „nicht bereit, in entscheidenden und grundlegenden Fragen die Expertise der Betroffenen anzunehmen“. Vereinbarte Verbesserungen bei verschiedenen Problemen im Anerkennungsverfahren gingen nicht weit genug. „Der Beschluss ist eine Verhöhnung derjenigen, die sich für die Betroffenen, aber auch für eine sachgerechte Beratung der Bischöfe im Betroffenenbeirat einsetzen“, so das Statement des Beirats.

Die Betroffenen seien in den letzten Wochen „mehrmals, auch inhaltlich“, auf die Bischöfe zugegangen, hätten eigene Positionen überdacht und diese weiterentwickelt. „Das war und ist bei den Bischöfen nicht festzustellen“; darum empfindet der Beirat die Bitte zur Weiterführung der Gespräche als „empörende und inhaltsleere Nebelkerze“.

(dbk/pm – sk)
 

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24. November 2021, 10:05