Jesus mit seinen Jüngern - das letzte Abendmahl als Relief am Kölner Dom Jesus mit seinen Jüngern - das letzte Abendmahl als Relief am Kölner Dom 

Unser Sonntag: Die Nachfolge Jesu ist fordernd!

Pater Walter Gampenrieder nimmt in seiner Betrachtung Bezug auf die Lesungen und das Evangelium. Sein weiter Bogen spannt sich über die Notwendigkeit einer Entscheidung, die Rolle von Mann und Frau bis hin zur eigentlichen Frage der Nachfolge.

Wer sich auf den Weg begibt, muss sich entscheiden welchen Weg er geht!

Jeder Wanderer weiß das, und bevor er eine Wanderung unternimmt, wählt er eine sichere Route. Wer sicher und heil ans Ziel kommen will, sollte seine Route planen.

Jósua versammelte heute alle Stämme Israels und stellte sie vor eine Entscheidung! Auch werden wir versucht von falschen „Göttern“ und Ideologien, die uns Glück und Wohlstand versprechen. Erinnern wir uns an die Israeliten, die murrten und die „Fleischtöpfe und Brot bevorzugten“, als die geschenkte Freiheit der Kinder Gottes.

Zum Nachhören - die Betrachtung zum Sonntagsevangelium

Es ist irgendwie dieselbe Versuchung, aber mit einem anderen Geschenkpapier!

„Es ist irgendwie dieselbe Versuchung, aber mit einem anderen Geschenkpapier!“

Doch heute stellt Jósua das Volk in seiner Abschiedsrede vor die Entscheidung. Entweder der treue Gott, der sein Volk befreit und gesegnet hat oder die falschen Götter der Heiden. „Niemand kann zwei Herren dienen…“, sagt uns Jesus. Dieser Bibelvers ist, ebenso wie viele andere Worte der Bibel, zu einem Sprichwort geworden. Wir würden heute sagen: Either or! Entweder oder! Irgendwie einleuchtend, dass man nur ein Ziel wählen kann und danach seine Interessen und Energien ausrichtet. Diese Wahl gilt übrigens für jede Generation aufs Neue!

Absage an den Teufel in der Taufe

Im Taufversprechen, in der berühmten „Absage an den Teufel“ , der sog. Abrenuntiatio diaboli ist diese Absage Teil der Taufliturgie der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirchen.

Der Spender der Taufe wendet sich an die Taufbewerber und fragt:

Widersagt ihr dem Bösen, um in der Freiheit der Kinder Gottes leben zu können?  Widersagt ihr den Verlockungen des Bösen, damit es nicht Macht über euch gewinnt? Widersagt ihr dem Satan, dem Urheber des Bösen? 

Und dreimal wird mit einem „Ich widersage“ geantwortet.

Diese Lesung fordert uns auf, allen Versuchungen eines „leichten Lebens mit all seinen Verlockungen“ zu entsagen, um dem treuen Gott zu folgen, der sein Volk nie allein gelassen hat.

Glaube und Hoffnung

In seiner Enzyklika Lumen Fidei sagt uns Papst Franziskus.

„Von Abraham wird verlangt, sich diesem Wort anzuvertrauen. Der Glaube begreift, dass das Wort, eine scheinbar flüchtige, vorübergehende Wirklichkeit, wenn es vom treuen Gott ausgesprochen wird, das Sicherste und Unerschütterlichste wird, was es geben kann, das, was die Kontinuität unseres Weges in der Zeit ermöglicht. Der Glaube nimmt dieses Wort wie einen sicheren Felsen, auf dem man mit festen Fundamenten bauen kann.[1] So wird sichtbar, dass der Glaube als Erinnerung an die Zukunft — memoria futuri — eng mit der Hoffnung verbunden ist“.

Im Vers 16 finden wir die Antwort des Volkes bezüglich der Aufforderung Jósuas.

Das Volk besinnt sich; „das sei uns fern, dass wir den Herrn verlassen“, so lautet die Antwort. Aus der Erinnerung an die großen Taten des Herrn, erwächst das Vertrauen und der Glaube in seine Verheißungen - und aus diesem Vertrauen entspringt der Wunsch Gott zu dienen, IHN zu lieben und IHN als einzigen Gott anzunehmen.

In der zweiten Lesung haben wir vom tiefen Geheimnis der Ehe erfahren. Im Vers 31 heisst es: „Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein“. Dieses tiefe Geheimnis beziehe ich auf Christus und die Kirche.

So wie die Kirche und Jesus Christus untrennbar sind, so werden auch Mann und Frau im Sakrament der Ehe „ein Fleisch“. Es ist angebracht, die Theologie des Leibes erneut zu vertiefen, damit die tiefe Bedeutung der Geschlechtlichkeit, des Mann- und Frauseins zum Ausdruck kommt.

Theologie des Leibes

Die Kongregation für das katholische Bildungswesen hat uns durch Kardinal William Wakefield ein wertvolles Dokument geschenkt, das uns Orientierung zur menschlichen Liebe gibt. Wir lesen dort über die wichtige Rolle der Geschlechtlichkeit in der Erziehung:

Nummer 4

Die Geschlechtlichkeit ist eine grundlegende Komponente der Persönlichkeit; sie ist eine ihrer Weisen zu sein, sich kundzutun, in Beziehung zu anderen zu treten, menschliche Liebe zu empfinden, auszudrücken und zu leben. Sie gehört zur Entfaltung der Persönlichkeit und ihrem Reifungsweg in der Erziehung: «Aus dem Geschlecht nämlich ergeben sich die besonderen Merkmale, die die menschliche Person im biologischen, psychologischen und geistigen Bereich als Mann und Frau bestimmen. Diese haben somit einen sehr großen Einfluß auf ihren Reifungsprozeß und ihre Einordnung in die Gesellschaft». Die Geschlechtlichkeit kennzeichnet Mann und Frau nicht nur im Biologischen, sondern auch im Psychologischen und Geistigen und prägt sie in jedem Vollzug ihres Lebens. Diese Verschiedenheit zusammen mit der gegenseitigen Ergänzung der beiden Geschlechter entspricht voll und ganz dem Plan Gottes je nach der Berufung eines jeden. 

„Mann und Frau sind füreinander geschaffen“

Wenn wir auf die aktuelle Situation schauen, bemerken wir, dass unsere Generation die Grenzen zwischen Mann und Frau verwischt. Doch vergessen wir nicht: Mann und Frau sind füreinander geschaffen. Das lesen wir schon auf den ersten Seiten der Hl. Schrift. In der Schöpfungsgeschichte heißt es: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild, als Abbild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie“ – dieser Vers aus der Genesis (Gen 1,27) beschreibt wohl am prägnantesten das kirchliche Verständnis der Sexualität. Es geht hier um 2 wesentliche Punkte:

1.    Gott schafft Mann und Frau, also zwei Geschlechter.
2.    Beide sind Gottes Ebenbild, aber eben auf unterschiedliche Weise.

Die gottgegebene Weiblichkeit und ebenso Männlichkeit ist eine einzigartige Art und Weise, wie unser Schöpfer sie entworfen hat. Frauen wurden nicht geschaffen, um alles zu tun, was ein Mann tun kann und ebenso wurden Männer nicht geschaffen, um das zu tun, was Frauen tun können. Anstatt die Komplementarität zu erkennen und zu schätzten, werden sie in der heutigen Gesellschaft gegeneinander ausgespielt. Ich würde provokativ sagen: Frauen wurden geschaffen, um alles zu tun, was ein Mann nicht tun kann. Idem gilt das auch für den Mann.

„Frauen wurden geschaffen, um alles zu tun, was ein Mann nicht tun kann. Idem gilt das auch für den Mann“

Eine Löwin versucht nicht ein Löwe zu sein. Sie nimmt ihre Rolle als Löwin an. Sie ist kraftvoll, stark und pflegend. Die Sanftmut darf nicht verwechselt werden mit Schwäche.

Wir brauchen wieder ein gereinigtes klares, nicht verwässertes Bild von Mann und Frau. Besonders klar und deutlich zeigt sich dies in der menschlichen Sexualität.

Wir lesen weiter unter Nummer 5: „Die geschlechtliche Vereinigung, hingeordnet auf die Weitergabe des Lebens, ist auf der Ebene des Leiblichen der höchste Ausdruck der Einheit in der Liebe zwischen den Ehegatten. Herausgerissen aus diesem Zusammenhang gegenseitigen Schenkens, welches für den Christen durch die Gnade Gottes besonders getragen und bereichert ist, verliert diese Vereinigung ihren Sinn, verfällt der Ichsucht des einzelnen und stellt eine sittliche Unordnung dar“.[2]

Mann und Frau sind füreinander geschaffen, um ihre Hingabe zu bezeugen; ihre gemeinsame Hingabe an Gott und füreinander.

Im heutigen Evangelium geht es heute um die Nachfolge. Die Nachfolge ist fordernd!

Generell können wir sagen, dass wir zwei Stufen der Nachfolge unterscheiden können.

1. Jene Jünger die bereit sind für Jesus Alles zu geben und

2. Jene Jünger, welche die Rede Jesu zu hart empfinden. Sie murren und nehmen Anstoß.

„Doch Jesus legt noch einen Gang zu!“

Doch Jesus legt noch einen Gang zu!

Jesus macht die Nachfolge nicht bequemer, leichter oder weniger anspruchsvoll. Im Gegenteil; Jesus sagt zu ihnen: „Wollt auch ihr gehen?“.

Im Vers 63 offenbart Jesus die Conditio, also die Kondition um Jesus nachzufolgen. „Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts“.

Die Nachfolge Jesu ist immer ein „zu sich ziehen“ Gottes. Deshalb übersteigt die Nachfolge Jesus immer die normale, menschliche Dimension. Es ist ein übernatürlicher Weg, ein Rufen Gottes, der unseren Glauben herausfordert.

Niemals kann der Jünger sagen, er entspricht dem 100%-Standard eines Jüngers Jesu. Der Heilige Geist befähigt, stärkt und bereitet die Jünger vor, um in die Nachfolge Jesu zu treten.

ER macht die Seele offen für den Ruf und belebt, erhält und stärkt die Berufung!

Im Vers 64 sagt Jesus doch etwas sehr Beunruhigendes. Jesus erwähnt, dass einige seiner Nachfolger nicht glauben. Und Jesus erwähnt auch das „Warum”, nämlich „Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist“.

„Vielleicht wäre die Zahl der Jünger reichlicher ausgefallen, wenn sie aufrichtig zum Vater gebetet hätten“

Vielleicht wäre die Zahl der Jünger reichlicher ausgefallen, wenn sie aufrichtig zum Vater gebetet hätten. Doch schauen wir etwas genauer hin. Im griechischen Text wird dieses „zu mir kommen“ übersetzt mit „helkuo“, wörtlich bedeutet es „ziehen, schleppen“.

Es ist klar und deutlich, dass dieses „Ziehen“ eine einseitige Dimension ist. ER, der Vater, „zieht, ja wörtlich schleppt uns“ zu seinem Vaterherz. Wir werden förmlich gezogen und wir haben hier eher eine passive Rolle. Doch eines steht fest. Wir sind gerufen, auf dieses „Ziehen“ zu antworten.

Beim Fischfang beispielsweise hat das Netz selbst ja keinen Anteil daran, dass es gezogen wird. Ähnlich ist es mit der Erlösung Jesu Christi. Manche sind bereitwilliger, manche werden sogar ungewollt gezogen, aber alle werde von der Liebe angezogen.

Gott selbst zieht jedes Herz an sich! Manche öffnen sich und lassen sich bereitwillig „ziehen“. Sie wissen, dass Gott es gut mit ihnen meint. Stellt sich die Frage, was passieren würde, wenn Gott uns nicht ziehen würde?

Wenn Gott Vater uns nicht an sich ziehen würde, würden wir niemals kommen und Jesus erklärt uns dies ganz klar im heutigen Evangelium: „Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist“. Leider hat der Mensch durch die Erbschuld seine übernatürliche Gnade verloren.

„Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist“

John Henry Newman sagte über die Erbsünde: „Unter Erbsünde verstehen wir etwas Negatives, den Verlust der übernatürlichen, unverdienten Gnade, die Adam und Eva gleich bei ihrer Erschaffung besaßen - den Verlust sowie die Folgen dieses Verlustes“. Dieser Zustand der Erbsünde verhärtet das Herz und nimmt ebenso den Wunsch Gott zu lieben. Durch die Erbsünde wird der Verstand verdunkelt.

Im Kompendium des Katechismus lesen wir:

Infolge der Erbsünde ist die menschliche Natur zwar nicht durch und durch verdorben, aber in ihren natürlichen Kräften verletzt, der Unwissenheit, dem Leiden und der Herrschaft des Todes unterworfen und zur Sünde geneigt.

Jesus fragt seine engsten Jünger nochmals: „Wollt auch ihr gehen?“

Simon Petrus sagt klar und deutlich:

„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“

Jesus ist und bleibt in alle Ewigkeit der Weg, die Wahrheit und das Leben. Seine Worte und Weisungen sind alternativlos! Seine Worte sind Worte ewigen Lebens!

Bitten wir den Heiligen Geist, dass er unseren Glauben stärken möge, dass er uns seine Früchte und Gaben schenken möge, damit wir mit dem heiligen Petrus sagen dürfen: Wir haben erkannt – du bist der Heilige Gottes!

[1] Lumen Fidei, nr. 10.

[2] Kongregation für das katholische Bildungswesen, Orientierung zur Erziehung in der menschlichen Liebe, nr. 5.

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21. August 2021, 09:43