Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (zweiter von rechts) und Ministerpräsident Armin Laschet (rechts) in Erftstadt bei der Feuerwehr Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (zweiter von rechts) und Ministerpräsident Armin Laschet (rechts) in Erftstadt bei der Feuerwehr 

D: Wie die Kirche in Erftstadt Hochwasser-Flüchtlinge versorgt

Wenn auf einmal alles weg ist, sind zum Glück noch Menschen da, die helfen. Ganz unkompliziert hat die katholische Gemeinde in Erftstadt-Bliesheim ihre Türen für Bedürftige geöffnet. Die Hilfsbereitschaft ist überwältigend, wie unsere Kollegen vom Domradio im Gespräch mit Hedi Schlösser, Geschäftsfüherin Pfarreienverbund Erftstadt-Ville, feststellen.

DOMRADIO.DE: Sie sitzen in Erftstadt-Bliesheim, das in Nordrhein-Westfalen mit am härtesten von den Fluten getroffen wurde. Wie ist bei Ihnen die Lage im Moment?

Hedi Schlösser (Geschäftsfüherin Pfarreienverbund Erftstadt-Ville): Bliesheim können Sie gar nicht erreichen, nicht per Telefon, kein WLAN, kein Garnichts. Wenn wir telefonieren möchten, dann müssen wir weit raus aufs Feld, auf eine Autobahnbrücke. Damit ich jetzt etwas mehr Ruhe habe, bin ich nach Lechenich zu meiner Tochter gefahren. Hier besteht die Möglichkeit zu telefonieren.

Hier das Interview mit Hedi Schlösser

DOMRADIO.DE: Wie schlimm ist die Lage? Was haben Sie in den letzten Stunden erlebt?

Schlösser: Heute kann man nur sagen: Wir sind glücklich, dass die Erft fast wieder in ihrem Bett ist. Gestern war sie aus ihrem Bett raus. Fast jedes Haus in Bliesheim ist betroffen. Keller stehen unter Wasser, zum Teil Erdgeschosse unter Wasser. Die Frankensraße ist die uralte Hauptstraße, da ging gar nichts. Die ortsansässige Bäckerei konnte uns Donnerstagmorgen noch mit Kuchen und Brötchen versorgen, weil es da noch Strom gab. Heute haben wir gar keinen Strom.

Wir haben die Leute, die nicht zuhause schlafen dürfen und können, in unserem Marienheim untergebracht, dem Pfarrheim. Die haben wir Donnerstagmorgen untergebracht. Da können wir Kaffee kochen, da wird gegessen. Die Feuerwehr war gestern Nachmittag da, die haben wir dann auch direkt versogt. Jetzt beruhigt es sich aber so langsam bei uns. In unserer Nachbargemeinde Blessem muss es aber katastrophal sein.

Erftstadt
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DOMRADIO.DE: Sie haben es gesagt: Sie haben die Evakuierten im Pfarrsaal untergebracht. Hat das einigermaßen funktioniert? Sind die Leute dort sicher?

Schlösser: Das hat sehr gut funktioniert. Wir hatten erst am Donnerstagmorgen unsere Pfarrei Sankt Lambertus, die Kirche geöffnet, weil sie an einem hohen Punkt liegt. Ein bisschen weiter ist das Pfarrheim. Die Kirche hatte keinen Strom und mittags haben wir dann festgestellt, dass unser Pfarrheim Strom hatte. Da sind wir alle rüber zum Pfarrheim. Das hat gut funktioniert. Viele haben mitgeholfen. Wir haben ein Schild aufgestellt "Notunterkunft Marienheim". Viele Leute kommen da hin um ihr Handy aufzuladen. Diese Hilfsbereitschaft, die wir erleben, ist fantastisch. Von allen Seiten kommen Leute und helfen.

DOMRADIO.DE: Wie verzweifelt sind die Leute denn? Was bekommen Sie mit?

Schlösser: Sie sind schon verzweifelt, weil sie im Moment noch nicht in ihre Häuser zurückkommen, aber sie sind guter Dinge. "Wir haben unser Leben und wir müssen jetzt sehen, dass wir wieder zurecht kommen." Wir haben einen Bauern am Ort, dessen Hab und Gut total unter Wasser steht, da sind die Autos kaputt. Der war eben nochmal bei uns. Er hat gesagt: Hoffentlich sind die Traktoren noch in Ordnung. Mich persönlich berührt das so, ich weiß manchmal gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Das ist einfach traurig.

Erftstadt
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DOMRADIO.DE: Welche Unterstützung wünschen Sie sich aktuell?

Schlösser: Aktuell haben wir gute Unterstützung, es sind Feuerwehrleute aus allen Regionen da, besonders unsere eigene Feuerwehr von Bliesheim. Gestern Nacht waren Feuerwehrleute aus Brauweiler, aus Pulheim da. Man kann die Leute ansprechen, sie sind freundlich. Es ist eine sehr gute Harmonie. Keiner beschwert sich. Alle sind bereit. Wir müssen jetzt helfen, es muss weitergehen. Wir haben auch alle gesagt: Wir beten zum lieben Gott, dass die Steinbachtalsperre nicht bricht und uns noch mehr überflutet. Aber das ist bis jetzt wohl alles gut gegangen.

Das Interview führte Katharina Geiger.

(domradio - mg)

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17. Juli 2021, 14:01