Kardinal Reinhard Marx am Freitag bei einem Pressestatement zu seinem Rücktrittsangebot  Kardinal Reinhard Marx am Freitag bei einem Pressestatement zu seinem Rücktrittsangebot  

Diözesanrat München: „Gerade jetzt brauchen wir Kardinal Marx“

Das Angebot zum Amtsverzicht des Erzbistums von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, sieht der Diözesanrat des Erzbistums als „ein sehr starkes, ein ehrliches, ein konsequentes und glaubwürdiges Zeichen“. Zugleich betonte der Vorsitzende des Rats, Hans Tremmel, dass Papst Franziskus den Erzbischof von München und Freising gerade jetzt nicht aus der aktuellen Verantwortung entlasse.

Kardinal Marx habe nach wie vor weit über das Bistum hinaus eine enorm wichtige Aufgabe wahrzunehmen erklärte der Diözesanratsvorsitzende Hans Tremmel am Freitagnachmittag. „Gerade jetzt brauchen wir Kardinal Marx für den Synodalen Weg, weshalb ich das Angebot schon auch kritisch und ambivalent sehe“. 

Kardinal Marx sei ist bereit, den Weg frei zu machen, um der katholischen Kirche aus der MIssbrauchskrise zu helfen. „Aber er ist nach meiner Einschätzung auch bereit, weiterhin konsequent gemeinsam mit anderen einen Weg der Umkehr und der Erneuerung zu gehen. Deshalb hoffe ich sehr, dass Papst Franziskus ihn gerade jetzt nicht aus der aktuellen Verantwortung als Erzbischof von München und Freising entlässt, weil Kardinal Marx nach wie vor weit über unser Bistum hinaus eine enorm wichtige Aufgabe wahrzunehmen hat. Und Franziskus selbst sollte nicht auf seinen Rat verzichten", so der Appell von Hans Tremmel.

„Franziskus selbst sollte nicht auf seinen Rat verzichten“

Es sei nun eine differenzierte Sicht nötig. Der Synodale Weg müsse dementsprechend zu einem „weltweiten Erneuerungsprozess werden".  Viele Laien und viele Räte wünschten sich, dass Kardinal Marx als Wegbegleiter weiter gemeinsam den Synodalen Weg weitergehe. „Und natürlich wäre das auch mein ganz persönlicher Wunsch“, erklärte der Diözesanratsvorsitzende.   

Er kenne Reinhard Marx nun schon länger und arbeite als Diözesanratsvorsitzender seit 2010 relativ eng mit dem Kardinal zusammen. Marx habe ihn auch persönlich per telefon über sein Angebot des Amtsverzichts informiert. „Das Leid, das Menschen durch Vertreter der Kirche angetan wurde und das Ausmaß der institutionellen und systemischen Vergehen, das in den letzten Jahren ans Licht kam, hat ihn nachhaltig erschüttert und sein Welt- und Kirchenbild durchaus ins Wanken gebracht", so der Vorsitzende des katholischen Diözesanrats für das Erzbistum München und Freising. Marx habe auch seine individuelle Gewissenserforschung, ob und an welcher Stelle er persönlich Fehler gemacht hat, „mit großer Redlichkeit betrieben". Sein angebotener Amtsverzicht sei ein Zeichen: „Er meint es ernst und ist zu diesem Schritt wirklich bereit. Natürlich kann ich letztlich nicht beurteilen, inwiefern er in der Vergangenheit individuelle Fehler gemacht hat und wie gravierend diese sind", so Tremmel. 

„Er meint es ernst und ist zu diesem Schritt wirklich bereit“

Der Kardinal klebe nicht am Geld, nicht am Amt, nicht am Prestige und auch nicht an der Macht: „Er will einen echten Perspektivwechsel vorantreiben hin zu den Opfern sexualisierter Gewalt. Ohne echte Reue, ohne Bitte um Vergebung, ohne die Bereitschaft zur Aufklärung, zur Aufarbeitung und zur Erneuerung und ohne persönliche Konsequenzen bleibt es bei einem äußerst bedenklichen Status Quo der Kirche hier in Deutschland."

Die Kirche und einige Bischöfe in Deutschland und auch in anderen Teilen der Welt gäben ein „desaströses Bild ab", so der Diozesanratsvorsitzende weiter. Dies falle auf alle zurück. In erster Linie gehe es jedoch um die Opfer sexualisierter Gewalt und nicht um die Institution, „die weiterhin mit Vertuschung, Schönrednerei und Drücken vor individueller Verantwortung irgendwie ,gerettet‘ werden" solle.

Respekt vor der Entscheidung

Der Münchner Kardinal gehe hier einen „sehr gradlinigen Weg", und die Entscheidung zum Angebot des Amtsverzichts sehe er mit „höchsten Respekt", erklärte der Diözesanratsvorsitzende. „Was die Frage der Mitverantwortung für eine Institution bedeutet, die er an oberster Stelle repräsentiert, kommt er offensichtlich zu anderen Antworten als manche seiner Amtsbrüder."

(pm -sst)

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04. Juni 2021, 16:32