Die Ordensfrau erklärte, den Nigerianerinnen Kirchenasyl gewährt zu haben, da ihnen sonst die Prostitution gedroht hätte Die Ordensfrau erklärte, den Nigerianerinnen Kirchenasyl gewährt zu haben, da ihnen sonst die Prostitution gedroht hätte 

D: Ordensfrau wegen Kirchenasyl schuldig gesprochen

Eine deutsche katholische Ordensfrau ist wegen Gewährung von Kirchenasyl am Mittwoch schuldig gesprochen worden. Das Amtsgericht Würzburg sah es als erwiesen an, dass sie einer Nigerianerin Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt gewährt habe. Der Richter sprach eine Verwarnung mit Strafvorbehalt aus mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren.

Dies betrifft eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen je 20 Euro. „Wir leben in einer Demokratie, nicht in einem Gottesstaat. Offener Rechtsbruch, der nicht entschuldigt werden kann“, sagte Richter Rene Uehlin. Ursprünglich standen zwei Fälle von Kirchenasyl zur Anklage. Ein Fall wurde vorläufig eingestellt. Grund dafür sei, dass unklar sei, ob eine Fristverlängerung zur Überstellung der Nigerianerin nach Italien den dortigen Behörden mitgeteilt wurde. Wäre dies nicht der Fall, könnte es sein, dass Deutschland bereits für das Asylverfahren der Frau zuständig war. Dann wäre das Kirchenasyl überflüssig gewesen.

„Die Menschenwürde ist allem staatlichen Handeln vorgeordnet“

Schwester Juliana Seelmann erklärte erneut vor Gericht, sie hätte im Fall der beiden Frauen keine andere Wahl gehabt, als diese ins Kirchenasyl zu nehmen. Beiden hätte bei Rückführung erneut die Zwangsprostitution gedroht. Sie habe so gehandelt, „weil ich nicht anders konnte, nach meinem Gewissen und Glauben“. Nach dem Richterspruch sagte Seelmann enttäuscht: „Das muss ich erst mal setzen lassen.“ Dankbar zeigte sich die Ordensfrau für die mehr als 15 Personen, die zur Unterstützung ins Würzburger Strafjustizzentrum gekommen waren, darunter auch Benediktinermönch Abraham Sauer aus Münsterschwarzach, der im April in einem ähnlichen Fall freigesprochen wurde.

Schwester Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, sagte nach dem Prozess, der „Gottesstaat“-Sager des Richters habe sie peinlich berührt. Es bleibe die Frage, in welchem Verhältnis das Rechtsstaatsprinzip zu den Grundrechten stehe, speziell zur Glaubens- und Gewissensfreiheit. „Wenn wir ja ein Grundgesetz haben, dass in der Präambel sehr wohl auch den Gottesbegriff führt: Die Menschenwürde ist allem staatlichen Handeln vorgeordnet.“

Rückschiebung nach Italien verhindert

Die 38-jährige Ordensfrau Juliana Seelmann hatte im Kloster der Oberzeller Franziskanerinnen zwei Nigerianerinnen für zwei beziehungsweise vier Monate aufgenommen, als diese nach Italien abgeschoben werden sollten. Zum Prozess kam es, weil Seelmann einen Strafbefehl über 1.200 Euro nicht akzeptiert hatte.

Den beiden 23- und 34-jährigen Flüchtlingsfrauen hätte in Italien erneut die Zwangsprostitution gedroht. Diese hätten sie bereits auf ihrer Flucht in dem europäischen Land erlebt und wiederum als sie nach einer ersten Flucht nach Deutschland freiwillig nach Italien zurückgingen. Zugleich betonte ihr Orden, dass man nur absolute Härtefälle ins Kirchenasyl aufnehme. Bei den beiden Nigerianerinnen hatte das Kirchenasyl der auch in Österreich aktive, von Ordensfrauen getragene Verein „Solwodi“ (Solidarity with women in distress) vermittelt, der sich um Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution kümmert.

Laut dem bayerischen Justizministerium wurden im vergangenen Jahr 27 solcher Verfahren wegen der Gewährung von Kirchenasyl im Freistaat eingeleitet.

(kna – mg)

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03. Juni 2021, 10:19