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Synodaler Weg: Missbrauchsbetroffene haben das Wort

Am zweiten Tag ihrer Online-Konferenz haben die Teilnehmer des Synodalen Wegs über die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland diskutiert. Dazu gaben am Freitag die vier Foren Einblicke in die dort geführten Debatten. Das Thema Missbrauch kam mehrfach zur Sprache; erstmals sprachen auch Betroffene.

Macht theologisch begründet

Für das Forum „Macht und Gewaltenteilung“ stellten der Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck und die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Claudia Lücking Michel, ein Grundlagenpapier und drei konkrete Handlungsforderungen vor. Sie machten deutlich, dass eine neue Rechtsordnung der Kirche nicht in erster Linie soziologisch, sondern theologisch begründet werden müsse. Die Begriffe Macht und Gewaltenteilung hätten in der Kirche eine andere Bedeutung als im Staat.

Gleichwohl müssten auch in der Kirche Prinzipien wie Transparenz, Vertrauensschutz und Rechtsförmigkeit durchgesetzt werden. Zentrale theologische Ansatzpunkte für Veränderungen sind die Begriffe der Person und der Teilhabe. In zehn konkreten Handlungsempfehlungen sollen die Veränderungsideen konkretisiert werden. Drei davon liegen bereits im Entwurf vor, eine davon fordert im Gegensatz zum geltenden Kirchenrecht die Zulassung der Laienpredigt.

Im Kollegengespräch: Christine Seuß und Anne Preckel

Priester, Sexualmoral, Frauen

Der Münsteraner Bischof Felix Genn und Stephan Buttgereit, Generalsekretär des SKM-Fachverbandes für Menschen am Rande, präsentierten Überlegungen des Forums, das sich mit der Zukunft des in eine Krise geratenen priesterlichen Lebens auseinandersetzt. Dieses Forum will laut Genn auch eine Präambel für den endgültigen Text des gesamten Synodalen Wegs beisteuern, da Verletzungen durch Priester den Auslöser des Synodalen Wegs bildeten. Neben einer Veränderung der Zölibatsvorschrift steht bei diesem Forum die Frage im Zentrum, wie eine als gefährlich empfundene „Überhöhung“ des Priesterbildes überwunden werden kann.

„Die Gesellschaft interessiert sich nicht für kirchliche Normen zur Sexualität.“

Der Aachener Bischof Helmut Dieser und die familienpolitische Sprecherin des ZdK, Birgit Mock, berichteten über die Arbeit zum Thema Sexualmoral. Die Gruppe will bei der nächsten Vollversammlung ihren Text vorlegen. Die Arbeit des Forums gilt als besonders herausfordernd. Insbesondere der Umgang der Kirche mit Menschen, die in homosexuellen Beziehungen leben, schälte sich als ungelöster Streitpunkt heraus. Bei der Aussprache des Forums zur Sexualmoral äußerte sich Pater Hans Langendörfer, langjähriger Sekretär der Bischofskonferenz, dennoch optimistisch: „Ich bin guter Dinge, dass wir es schaffen, gute Positionen für die katholische Kirche in Deutschland zu finden. Aber ich sehe schwarz mit Blick auf die Außenwirkung: Die Gesellschaft interessiert sich nicht für kirchliche Normen zur Sexualität. Die haben kaum Bedeutung über den Raum der Kirche hinaus.“

Spürbar war die Spannung zwischen dem heute rechtlich Möglichen und den Wünschen vieler Teilnehmer beim Thema Rolle der Frauen, das der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode und die Münsteraner Theologin Dorothea Sattler leiten. Gerade in diesem Forum gibt es großen Veränderungsdruck, weil viele Teilnehmer beispielsweise eine Zulassung von Frauen zu allen Ämtern erwarten.

Missbrauchsbetroffene äußerten sich 

Mehrfach kam bei der Online-Konferenz das Thema Missbrauchsaufarbeitung zur Sprache. 

Einen neuen Akzent setzten bei den Beratungen Johanna Beck, Johannes Norpoth und Kai Christian Moritz gesetzt, die sexuellen Missbrauch in der Kirche erfuhren und das Sprecherteam des neu gegründeten Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz bilden. Der Synodale Weg, der mit der Erschütterung über Missbrauch begann, gab erstmals Betroffenen Raum, sich zu äußern. Für manche bedeutete dieser Moment einen Wendepunkt. „Mit Betroffenen zu reden ist deutlich besser, vorteilhafter und empathischer, als ständig über sie zu reden“, brachte es Johannes Norpoth auf den Punkt. Johanna Beck ergänzte mit Blick auf den Synodalen Weg: „Wir werden ihn von nun an kritisch begleiten, unsere Expertise mit einbringen, ihn mitgestalten und ihn 'auf Kurs' halten.“

„Es wäre weitergegangen wie vorher!“

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bekräftigte in einer Wortmeldung seinen Willen zur Aufklärung von Missbrauch im Erzbistum Köln. „Als einer der ersten, die einen Betroffenenbeirat eingerichtet und eine unabhängige Untersuchung mit Namensnennung in Auftrag gegeben haben, haben wir und habe ich Fehler gemacht“, räumte der Kardinal ein. „Ich weiß das und ich weiß auch, dass wir nicht gut kommuniziert haben.“

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer machte erneut deutlich, dass er es für falsch hält, die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs mit der Forderung nach einer Neuaufstellung der katholischen Kirche zu verbinden. Weder demokratische Strukturen noch synodale wie in der evangelischen Kirche hätten so viel zur Aufarbeitung vom Missbrauch beigetragen wie die „von alten weißen Männern“ geleitete katholische Kirche, so Vorderholzer am Freitag. Auch habe niemand bei der Aufarbeitung von Missbrauch „so ambitionierte Ziele formuliert“ und bereits beachtliche Ergebnisse erzielt. Voderholzers Wortmeldung stieß auf Widerspruch anderer Teilnehmer. Der Stuttgarter Stadtdekan Christian Hermes entgegnete, ohne den Druck des Kirchenvolkes und einer demokratischer Öffentlichkeit wäre es mit Blick auf Missbrauch „weitergegangen wie vorher“. Zudem könne es nicht helfen, mit dem Finger auf dritte zu zeigen.

Synodalversammlung im Herbst in Frankfurt

Die Arbeitsgruppen zu Macht, priesterlicher Lebensform, Sexualmoral und der Rolle der Frauen sollen Vorlagen für die Vollversammlungen des Synodalen Wegs erstellen. An der zweitägigen Online-Konferenz am 4. und 5. Februar, bei der keine Beschlüsse gefasst wurden, nahmen fast alle Synodalen sowie auswärtige Beobachter und Journalisten teil. Das höchste beschlussfassende Gremium des Synodalen Wegs will das nächste Mal im Herbst zusammentreten. Ob die Synodalversammlung in Präsenz zusammentreten kann, ist jedoch aufgrund der Corona-Pandemie noch unklar.

(kna/vatican news – pr)

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05. Februar 2021, 15:10