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Corona-Impfung in Beirut Corona-Impfung in Beirut 

Jesuiten für eine Aussetzung des Impfpatents

Der Jesuitenorden in Österreich und Deutschland hat an die Regierungschefs der beiden Länder appelliert, sich für die vorübergehende Aussetzung des Patents auf die Covid-19-Impfung einzusetzen.

In einer Online-Petition werden die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz dazu aufgerufen, beim Treffen der Welthandelsorganisation zu geistigen Eigentumsrechten (WTO-TRIPS) am 10. und 11. März einem entsprechenden Vorschlag von Indien und Südafrika zuzustimmen. Die Anwendung der von der WTO bereits vorgesehenen Möglichkeit, Patentrechte in „außergewöhnlichen Umständen“ auszusetzen, wäre eine „einfache Lösung“ zur möglichst schnellen weltweiten Beendigung der Corona-Pandemie.

Das Glück der Industriestaaten, dass bei ihnen der meiste Corona-Impfstoff produziert und geimpft werde, gehe auf Kosten der armen Länder, heißt es in dem gemeinsamen offenen Brief der Jesuitenmissionen beider Länder, den sie mit dem Missionsärztlichen Institut und der katholischen Fachstelle für internationale Gesundheit initiierten. In Afrika, Lateinamerika, Ländern des Mittleren Ostens und Südasien sei bisher trotz aller Beteuerungen kaum Impfstoff angekommen, und das trotz deutlich schlechterer Ausgangslage: Weithin fehlten medizinische Behandlungsmöglichkeiten, die Wirtschaft stehe still und es gebe keine sozialen Sicherungssysteme, so die Ordensgemeinschaft. Folgen seien Unterernährung, was Nährboden weiterer Krankheiten sei, sowie eine katastrophale Bildungssituation.

Die neue WTO-Chefin
Die neue WTO-Chefin

„Das Virus ist erst besiegt, wenn es weltweit besiegt ist“

Forderungen einer bevorzugten Impfstoff-Versorgung der ärmeren Länder gab es schon etliche, beispielsweise bereits im September 2020 von Papst Franziskus. Die neu ernannte WTO-Generalsekretärin Ngozi Okonjo-Iweala hat vor „Impfnationalismus“ gewarnt. Das Virus sei „erst besiegt, wenn es weltweit besiegt ist und sich keine neuen Mutationen bilden und verbreiten können“, erinnerte die Nigerianerin. Im Dezember, als die Patentfrage bereits auf der WTO-Agenda stand und dann auf keine Aufhebung entschieden wurde, hatten zivile Organisationen schon einmal eine Online-Petition mit 900.000 Unterschriften eingereicht.

Nötig ist eine Dreiviertelmehrheit

Die globale Produktionskapazität von Impfstoffen würde sich verbilligen und zugleich gewaltig steigern, würde das Patentrecht auf das Vakzin aufgehoben und der Umbau vorhandener Produktionslinien etwa in Indien technisch wie finanziell unterstützt, so die Ordensgemeinschaft bei ihrem erneuten Versuch. Der für diese Aufhebung nötige Antrag für das entscheidende WTO-Treffen werde mittlerweile von über der Hälfte der WTO-Mitgliedsstaaten unterstützt, ebenso von UN-Organisationen und zahlreichen NGOs. Nötig sei jedoch eine Dreiviertelmehrheit.

Wenig überraschend würden sich laut den Jesuiten genau jene reichen Staaten, die Impfstoff für die eigenen Bevölkerungen sichern wollen - allen voran USA, die EU, Großbritannien, Schweiz und Kanada - gegen die Ausweitung der weltweiten Produktion sperren. Ein Umdenken sei hier dringend nötig: „Wenn wir den Kampf gegen die Pandemie gewinnen wollen, darf es nicht um reich gegen arm gehen. Es geht um das globale Gemeinwohl aller“, so die Ordensgemeinschaft. Ihr Ziel: Die Regierungen Deutschlands, Österreichs und auch anderer EU-Staaten sollten „aus dem Club der Blockierer herausbrechen“.

(kap – sk)
 

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24. Februar 2021, 13:16