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Franziskus im April 2019 bei einer Begegnung mit Greta Thunberg Franziskus im April 2019 bei einer Begegnung mit Greta Thunberg 

Steht der Papst hinter „Fridays for Future“?

„Wir haben den Papst in unserer Glaubensgemeinschaft“, heißt es auf dem Twitterkanal von Fridays for Future. Aber ist Umweltschutz eine Glaubensgemeinschaft? Und inwiefern stimmen die Ziele der Bewegung mit denen von Papst Franziskus überein?

Das fragte das Kölner Domradio Markus Vogt, der an der Uni München Christliche Sozialethik lehrt.

DOMRADIO.DE: Gibt es inhaltliche Übereinstimmungen zwischen Fridays for Future und Papst Franziskus?

Vogt: Ich denke, das Grundanliegen beider ist es, die Schöpfung zu bewahren. Für weltweite Gerechtigkeit und besonders zur Unterstützung der Armen, die am meisten unter dem Klimawandel leiden. Es geht auch um Verantwortung für künftige Generationen und Verantwortung für die Schöpfung. Die Natur ist eine große Schnittmenge an gemeinsamen Anliegen.

Ironisch gemeintes Zitat

DOMRADIO.DE: Auf dem Twitterkanal von Fridays for Future heißt es: „Wir haben den Papst in unserer Glaubensgemeinschaft“. Ist Klimaschutz eine Religion?

Vogt: Zu diesem Zitat sollte man den Hintergrund kennen. Das ist eine ironische Antwort auf ein Interview von Manfred Grund, das er im Rahmen des ZDF-Formats Berlin direkt gegeben hat und in dem er Fridays for Future als Glaubensgemeinschaft bezeichnet hat. Er meint damit, dass sie Fakten und Wissenschaft nicht zugänglich seien, sondern eine ideologisch verblendete Gemeinschaft, die sich die Weltrettung zum Glaubensbekenntnis gemacht hat.

Aber zugleich wird in dieser ironischen Antwort auf die unzureichenden Bemühungen der CDU/CSU angespielt. Insofern ist das durchaus mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Im engeren Sinne bezeichnet Fridays for Future sich natürlich nicht als Glaubensgemeinschaft.

Galionsfigur Papst Franziskus

DOMRADIO.DE: Welches Zeichen ist es denn für die katholische Kirche, dass sich eine sehr aktive Bewegung ausgerechnet den Papst als Galionsfigur aussucht?

Vogt: In diesem gemeinsamen Anliegen der Verantwortung für die Schöpfung, der Verantwortung für ökologische Gerechtigkeit, gibt es viele Schnittmengen. Und der Papst hat mehrfach betont, dass wir endlich handeln müssen. Da ist er auch radikal und sagt: Die bestehende Form der Wirtschaft ist so nicht tragfähig. Wir brauchen hier eine radikale Umkehr, einen radikalen Wandel.

Es gibt da natürlich Gemeinsamkeiten - in Fridays for Future engangieren sich ja auch viele Christinnen und Christen. Von Weihbischof Lohmann, der bei der Deutschen Bischofskonferenz für Umweltfragen zuständig ist, gab es beim weltweiten Klimastreik am 25. September explizite Unterstützung für Fridays for Future.

„Sollten Bischöfe mal mit demonstrieren?“

DOMRADIO.DE: Wird es Zeit, dass die Bischöfe auch mal ganz konkret bei Fridays for Future mitlaufen?

Vogt: Da ist durchaus Unterstützung denkbar. Es gibt ja viele Demonstrationen, deren Anliegen von Leuten aus der Kirche und aus der Politik unterstützt wird. Nicht wenige aus den Kirchen unterstützen Fridays for Future schon, aber eben nicht erkennbar als Kirche. Dass da noch stärkere Unterstützung kommt, ist also durchaus denkbar. Aber der Ausgangspunkt unserer Frage war ja eine kritische Zuschreibung, und das scheint mir auch wichtig zu sein: Dass es da ein asymmetrisches Verhältnis zwischen Religion und Ökologie gibt.

„Man kann einserseits sagen: Die Religion muss - im Sinne der Schöpfungsverantwortung - stärker ökologisch werden. Aber die Ökologie soll nicht von sich aus religiös werden.“

Man kann einserseits sagen: Die Religion muss - im Sinne der Schöpfungsverantwortung - stärker ökologisch werden. Aber die Ökologie soll nicht von sich aus religiös werden. Die Ökologie und der Umweltschutz sind wesentlich auf Wissenschaft verwiesen; gerade Greta Thunberg betont das immer wieder. Es geht um jetzt schon feststellbare Fakten über den Klimawandel und um wissenschaftliche Analysen. Um das, was uns erwartet, wenn wir nichts tun. Und das scheint mir sehr wichtig zu sein, einerseits zu kooperieren, aber andererseits die Differenz zwischen Religion und Ökologie nicht aus dem Blick zu verlieren.

(domradio – sk)
 

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16. Oktober 2020, 09:31