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D: Aus Kopftuch-Urteil „andere Konsequenzen“ gefordert

Das im Berliner Neutralitätsgesetz verankerte pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen verstößt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts gegen die Verfassung. Das Gericht wies nach Angaben einer Sprecherin die Revision des Landes Berlin gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts zurück. Dieses hatte einer muslimischen Lehrerin im November 2018 rund 5.159 Euro Entschädigung zugesprochen, weil diese wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst eingestellt wurde. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Volker Kauder ist mit dieser Entscheidung überhaupt nicht einverstanden und fordert aus dem Urteil eine andere Konsequenz. Das sagte er unseren Kollegen vom Domradio.

DOMRADIO.DE: Von einer Lehrerin mit Kopftuch gehe keine Gefahr für den Schulfrieden aus, heißt es in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Findet das Urteil da Ihre Zustimmung?

Volker Kauder (Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2005 bis 2018 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion): Das Urteil findet nicht meine Zustimmung. Es geht gar nicht um die Frage, ob das Tragen eines religiösen Symbols zum Unfrieden führt oder nicht, sondern es gibt schlicht und ergreifend die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Der Staat ist weltanschaulich neutral. Deswegen haben sich alle, die im Auftrag des Staates tätig sind, neutral zu verhalten. Das, sagt das Bundesarbeitsgericht, sei nun nicht mehr so.

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DOMRADIO.DE: Das Gleiche gilt auch für die Rechtsreferendarin im Gericht. Wird dann damit das Neutralitätsgesetz nicht untergraben?

Kauder: Na ja, zunächst einmal ist es das Neutralitätsgebot der Verfassung, des Grundgesetzes. Aber es gibt Neutralitätsgesetze und ich war der Meinung, dass die rechtens sind. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht anders entschieden. Das Bundesverfassungsgericht hat zwei unterschiedliche Urteile gefällt. Vielleicht kommt dazu ja noch etwas.

Ich kann dazu nur sagen: Okay, wenn es die Auffassung der Richter ist, dass religiöse Symbole getragen werden dürfen, dann bin ich der Meinung, müssen das alle auch tun dürfen. Die Christen müssen dann auch ihre Zurückhaltung abbauen. Dann erwarte ich, dass bekennende Christen als Lehrer, als Richter, als Staatsanwälte das Symbol des Christentums, nämlich das Kreuz, auch offen tragen.

DOMRADIO.DE: Nun gibt es aber Frauenhilfsorganisationen wie Terre des Femmes, die sagen, das muslimische Kopftuch stehe für Frauendiskriminierung. Sind das denn Bedenken, die Sie teilen?

Kauder: Diese Bedenken kann ich durchaus verstehen, zumal es in der islamischen religiösen Tradition umstritten ist, ob es tatsächlich eine Verpflichtung ist, das Kopftuch zu tragen. Es gibt ja auch Auffassungen, dass die Frauen das Kopftuch als Zeichen der Emanzipation tragen. Aber es ist vor allem auch bei den muslimischen Verbänden in Deutschland als ein religiöses Symbol zu verstehen.

Deswegen kann ich nur sagen: Wenn jetzt entschieden wird, dass religiöse Symbole getragen werden dürfen, dann erwarte ich, dass wir Christen dies auch in der Öffentlichkeit tun und den Mut zum Bekenntnis haben, so wie es muslimische Frauen machen.

DOMRADIO.DE: Manchmal hat man ja das Gefühl, dass Christen beim Tragen religiöser Symbole schon verschämt und schüchtern sind. Woran könnte das liegen, dass es da so ein mangelndes Selbstbewusstsein gibt?

Kauder: Ich habe manchmal den Eindruck, dass Christen glauben, wir leben in einer säkularen Gesellschaft und dass man belächelt wird, wenn man sich zum christlichen Glauben bekennt. Es gibt natürlich Menschen, die sagen: "Wie kann man an ein Leben nach dem Tod glauben? Das ist doch verrückt."

Aber ich finde, dass wir selbstbewusster unseren Glauben vertreten müssen – völlig unabhängig davon, was andere sagen. Jesus Christus sagt in der Heiligen Schrift, ihr werdet, wenn ihr euch zu mir bekennt, verfolgt werden, ihr werdet Schwierigkeiten haben.

In unserer Demokratie gibt es zwar die eine oder andere Anfeindung, aber wir können unseren Glauben frei bekennen. Ich kann nur sagen: Ich habe in meiner ganzen politischen Tätigkeit auch bei Reden im Deutschen Bundestag noch nie ein Lächeln oder Lachen oder eine Abwertung erfahren. Also mehr Mut zum Bekenntnis.

Das Interview führte Michelle Olion.

(domradio)

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15. September 2020, 10:37