Franziskus (der selbst Jesuit ist) 2018 beim Gespräch mit einem Mitbruder aus Europa Franziskus (der selbst Jesuit ist) 2018 beim Gespräch mit einem Mitbruder aus Europa 

Jesuiten fordern Europa zu „radikalem Wandel“ auf

Der Jesuitenorden in Europa hat die EU und ihren Mitgliedsstaaten aufgefordert, die „existenzielle Bedrohung“ zu überwinden, die vom aktuellen Mangel an internationaler Solidarität in der Corona-Krise ausgeht.

In der Pandemie sei die Förderung einer aufrichtigen „ethischen und sozialen Solidarität“ notwendig, heißt es in einer am Freitag in Brüssel veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der Leiter von 20 europäischen Jesuitenprovinzen.

„Wir müssen die Zeit nutzen, um auf einen radikalen Wandel hinzuarbeiten“, wird in dem zum 75. Jahrestag des Weltkriegsendes und 70 Jahre nach der Schuman-Erklärung vorgestellten Schreiben betont. Ausdrücklich rufen die Jesuiten darin zu einem Umdenken bei wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen auf.

Das gegenwärtige Modell der Globalisierung überdenken

Die Corona-Pandemie habe das Bewusstsein der Verbundenheit aller Völker in Europa gestärkt. „Paradoxerweise entdecken die Menschen gerade in einer Zeit leerer Kirchen die christliche Botschaft der Solidarität neu“, heißt es weiter. Dieses Bewusstsein sei ein Motor des Wandels. „Den Menschen zu helfen, in der moralischen Tugend der Solidarität zu wachsen, ist Teil der Berufung der Kirche.“

Das gegenwärtige Modell der Globalisierung müsse überdacht werden. „Wir haben in diesen Wochen gelernt, dass wir auf einem kranken Planeten nicht gesund leben können“, schreiben die Jesuitenprovinziale. Es brauche eine „wirksame Solidarität“ mit den Armen, der Umwelt und den künftigen Generationen.

„Es wird unweigerlich eine gewisse Umverteilung des Reichtums von reicheren zu ärmeren Ländern geben“

Die Vision von Papst Franziskus einer „integralen Ökologie“ fordere eine solche Solidarität ein, erinnern die Ordensleute. Die Folgen der Pandemie dürften „nicht zu einer Verwässerung von Europas Engagements in dieser Richtung führen, sondern zu einer Intensivierung der Bemühungen“.

Man habe auch erlebt, wie schwierig gesamteuropäische Solidarität in der Praxis sei, heißt es weiter. Zu Beginn der Corona-Krise habe es an Solidarität mit Italien und Spanien gemangelt. Glücklicherweise habe die EU vorerst zu praktischer Solidarität zurückgefunden. Mittelfristig werde die Herausforderung darin bestehen, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie anzugehen. „Dies wird unweigerlich eine gewisse Umverteilung des Reichtums von den reicheren zu den ärmeren Ländern mit sich bringen“, so die Jesuiten.

Der Orden fordert auch einen Schuldenerlass für ärmere Länder sowie mehr humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Statt für das Militär sollten Gelder für Gesundheits- und Sozialdienste sowie für Flüchtlinge und Asylsuchende ausgegeben werden.

(kna – sk)
 

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09. Mai 2020, 09:37